Dunkle Wolken über Brasilien
Eine dramatische Pandemiewelle, Verzögerungen im Impfprogramm, müder Konsum, hohe Inflation, schwache Währung sowie das Risiko Bolsonaro mahnen Investoren zur Vorsicht. Brasilien ist derzeit ein sehr schwacher »Emerging Market«.
Im Jahr 2020 pumpte Brasilien mehr Geld in seine Wirtschaft als alle anderen Schwellenländer der Welt. Doch nun fliehen viele internationale Investoren aus dem Land. Nachdem die Regierung Bolsonaro Ende des Vorjahres alle Zügel in der Pandemiebekämpfung schleifen ließ, konnte das Virus mutieren und sich im gesamten Land ausbreiten. Da Präsident Jair Bolsonaro zudem sein Vorkaufsrecht auf 70 Millionen Dosen des Impfstoffs von Pfizer ausgeschlagen und öffentlich gegen die Immunisierung Stimmung gemacht hat, hat ausgerechnet das Land mit dem größten öffentlichen Gesundheitssystem der Welt heute massive Schwierigkeiten, die Bevölkerung zu schützen.
Seitdem Anfang März die Spitäler und Gesundheitszentren im gesamten Land dem massiven Ansturm nicht mehr Herr geworden sind, verdunkeln sich die Perspektiven für das 215-Millionen-Land. Alle 40 Sekunden stirbt inzwischen ein Brasilianer an den Folgen einer Covid-Infektion. 66.868 Menschen verloren ihr Leben allein im März, das waren mehr als doppelt so viele wie im bisherigen Rekordmonat Juli 2020.
Dieses Desaster wird sich im April und Mai fortsetzen. Eine in der Vorwoche publizierte Studie brasilianischer Forscher an der Washington State University prognostiziert mindestens 500.000 Tote bis zur Jahresmitte, bei weiteren Komplikationen könnten auch bis zu 600.000 Opfer zu beklagen sein. Ende März gab der neue Gesundheitsminister Marcelo Queiroz neuerliche Verzögerungen des Impfprogramms bekannt. Im April werden dem Land nur 25,5 Millionen Dosen zur Verfügung stehen, anstatt wie vorher angekündigt 47,3 Millionen. Grund dafür seien Fertigungsverzögerungen bei den zwei nationalen Herstellern der Vakzine von AstraZeneca und Sinovac sowie Zulassungsprobleme mit
Impfungen aus Russland und Indien. Finanzinstitute veröffentlichten inzwischen Szenarien des künftigen Impfgeschehens.
In ihrem Baseline Scenario kalkuliert etwa Cre´dit Suisse, dass die gesamte Bevölkerung im Oktober immunisiert sein müsste, wenn die in der zweiten Jahreshälfte angekündigten Großimporte aus den USA eintreffen sollten und die Verteilung in dem Land einigermaßen klappt. Im schlechtesten Fall könnte die Herdenimmunität im Dezember erreicht sein. Aber derartige Berechnungen haben einen großen Haken: Inzwischen kursieren bereits sieben gefährliche Varianten in Brasilien. Erst in dieser Woche wurde eine neue, potenziell hoch infektiöse Mutation im Bundesstaat Minas Gerais beschrieben. Und niemand kann berechnen, wie effektiv die Impfstoffe auf diese reagieren.
Dass Analysten von Großbanken inzwischen den Impffortschritt voraussagen, verdeutlicht ein Dilemma: Niemand weiß, wann oder ob überhaupt ein Wiederaufbau in 2021 beginnt. Die
Aufgrund von Verzögerungen könnte es erst im Dezember eine Herdenimmunität geben.
as Coronavirus treibt das politische Berlin derzeit um. Statt eines neuerlichen Lockdowns kommt es nun zu einer gesetzlichen Nachschärfung, um einheitliche Regeln für Regionen mit hohen Infektionszahlen durchzusetzen. Selbst wenn in Sachen Pandemie also noch immer kein richtiger Optimismus angebracht ist, dürfte sich das Bild zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht aufhellen. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert der größten europäischen Volkswirtschaft für 2021 ein Wachstum von 3,6 Prozent – und damit mehr als zuletzt.
Auch die deutschen Finanzvorstände denken zunehmend positiver. In einer im März durchgeführten Umfrage bewertete immerhin die Hälfte der befragten Manager ihre Geschäftsaussichten besser als noch im Herbst. Vor allem jene aus der Exportwirtschaft. Zwei Drittel rechneten außerdem damit, bis Jahresende wieder das Umsatzniveau von vor der Krise zu erreichen. Die Produktionserwartungen der Industrie waren im März jedenfalls so hoch wie seit 1991 nicht.
Diese Zuversicht und die Hoffnung auf eine Rückkehr in die alte Normalität sind es auch, die den deutschen Leitindex zuletzt auf immer neue Rekordstände getrieben haben. Von der Geldpolitik freilich ganz zu schweigen. Wer hätte das vor über einem Jahr gedacht? Im Jänner 2020 oszillierte der DAX um ein Niveau von rund 13.000 Punkte n, während des Cor ona-Crashs waren es nicht einmal 9000. Dieser Tage reden wir schon wieder von über 15.000 Zählern – und immer neuen Höchstständen.
Die Rückbesinnung des Finanzmarktes auf konjunktursensitive Werte, wie sie im DAX zu finden sind, hat sich für Anleger (so sie investiert gewesen sind) also ausgezahlt. Von einer „breit angelegten Übertreibung“sei aber weiterhin nichts zu erkennen, argumentiert die Commerzbank. Bei nur vier DAXKonzernen (Adidas, Deutsche Post, Infineon, Siemens) befinde sich das KursBuchwert-Verhältnis derzeit auf einem Höchststand oder in der Nähe des Hochs der vergangenen 15 Jahre.
Freilich sind einige Aktien heuer schon ziemlich weit gelaufen. Wie etwa die Papiere des Autokonzerns VW, der nun seine eigenen Batteriezellfabriken in Europa errichten will. Bei der Kernmarke VW sollen bis 2030 mindestens 70 Prozent der Verkäufe auf E-Autos basieren. Doch bei einem Kursplus von rund 60 Prozent in nicht einmal vier Monaten scheint das große Potenzial für das Papier vorerst fraglich. (Was allerdings nicht heißt, dass die Aktie nicht noch weiter steigen kann.)
Ein deutliches Kursplus trauen die Analysten dem Pharma- und Chemiegiganten Bayer zu, dessen Papier um 20 Prozent höher gesehen wird. Infolge von Rechtsstreitigkeiten im Zuge der Monsanto-Übernahme kam das Unternehmen unter die Räder. Von ihrem einstigen Rekordhoch ist die Aktie weit entfernt. Bei Kepler Cheuvreux argu
Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet auf kurze bis mittlere Sicht mit einem anhaltenden Boom an den US-Börsen. Trotz bereits sehr hoher Kurse sorgten ein starkes Wirtschaftswachstum und eine lockere Geldpolitik für weiteren Auftrieb, erläuterte der Fonds in seinem jüngst veröffentlichten Finanzstabilitätsbericht. Sorgen bereitet dem IWF allerdings, dass Investoren übermäßige Risken eingingen. Allein der breit gefasste S&P-Index hat seit vergangenem September um rund ein Fünftel zugelegt.
Relativ zu den Fundamentaldaten sei das Niveau an den Börsen überzogen, wenn die Unsicherheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung in Betracht gezogen werde, sagte IWF-Finanzexperte Tobias Adrian. Insbesondere die Bewertungen im Technologiesektor seien übertrieben. „Wir befinden uns in einer
Die Übernahme von Monsanto könnte sich für Bayer bald auszahlen. weiteren Tech-Revolution, in etwa wie 1999, und es könnte irgendwann zu einer Anpassung kommen“, warnte er. Kurzfristig und vielleicht auch mittelfristig blieben die Finanzierungsbedingungen aber konjunkturstützend, und der Boom an den Märkten halte an.
Nach Einschätzung des IWF wird die Erholung der Volkswirtschaften von den Folgen der Pandemie unterschiedlich verlaufen. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Finanzierungsbedingungen in den Schwellenländern verschärften. Dies gelte vor allem dann, wenn es zu einer Abkehr von der lockeren Geldpolitik in den Industrieländern komme. Die gefährliche Verflechtung von Banken und Staaten habe insbesondere in den Schwellenländern zugenommen. Dort hätten heimische Banken einen Großteil der neuen Schulden der Regierungen aufgekauft. mentiert man jedoch, dass die Leverkusener als einer der weltweit führenden Agrarchemiekonzerne über 2021 hinaus Rückenwind hätten. Und auch die Deutsche Bank sieht Potenzial, da die Erwartungen hinsichtlich Wachstum und Profitabilität überboten worden sind. Beim Konzern selbst geht man davon aus, dass alle Synergien aus der MonsantoÜbernahme bis Dezember und damit ein Jahr früher als geplant erreicht werden. Die Erfolge durch den Deal würden sich in den nächsten Jahren „deutlich zeigen“, so Vorstand Werner Baumann.
Auch die Deutsche Telekom ist derzeit so etwas wie ein Favorit unter den Analysten. Bloomberg-Daten zufolge empfehlen 25 Experten das Papier zum Verkauf, vier sagen „Halten“. Eine gelungene Umsetzung der gesetzten Ziele und eine starke Marktposition in Deutschland machten die Aktie attraktiv, schreiben die Experten von Jefferies. Hinzu komme die zunehmende Integration der US-Aktivitäten (T-Mobile US und Sprint). Europas größter Telekomanbieter ist zwar mit 120 Milliarden Euro verschuldet, doch will man dieses Problem in Angriff nehmen. Ebenso wie die Dividende, die man „weiterentwickeln“will.
Einen deutlich höheren Aktienkurs halten ziemlich viele Analysten auch bei Fresenius SE und Co. für angebracht. Bei der Tochter des Gesundheitskonzerns, Kabi, ist es kürzlich zum Chefwechsel gekommen, der als Chance betrachtet wird. Vor allem in Bezug auf einen Umbau des durchaus komplexen Konzerns.
Aufwärtsgehen könnte es auch bei Delivery Hero, dem im bisherigen Jahresverlauf schwächsten DAX-Wert (Kurssieger 2020). Ein Milliardenzukauf in Südkorea wird positiv bewertet. Ende April könnte es zudem spannend werden, denn da werden die Zahlen für das erste Quartal vorgelegt.
Eduard Steiner ist auf Urlaub.
LET’S MAKE MONEY erscheint wieder am 2.5.2021
Nach Einschätzung des IWF waren Banken vor Beginn der Coronakrise mit hohen Kapital- und Liquiditätspuffern ausgestattet. Daher hätten sie die Pandemie bisher recht gut gemeistert. Aber in welchem Ausmaß sie während der Erholungsphase in der Lage seien, Kredite an die Wirtschaft auszureichen, sei eine offene Frage. Das Auslaufen der Unterstützungsmaßnahmen könnte laut IWF erheblichen Einfluss auf einige Banken haben.
Der Fonds geht davon aus, dass die Unsicherheit hinsichtlich künftiger Kreditverluste und schwacher Gewinnaussichten die Institute davon abhalten werde, ihre Kapitalpuffer in signifikantem Umfang zu nutzen, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen. Für Firmen mit wenigen Finanzierungsoptionen, die vor allem auf Bankkredite angewiesen seien, könne das ein Problem werden.