Die Presse am Sonntag

»Der Eishockey-Fan wird wiederkomm­en«

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Jochen Pildner-Steinburg, Präsident der Eishockey-Liga, spricht vor der Finalserie zwischen KAC und Bozen über die Gefahr von Verlust und Entfremdun­g heimischer Fans. Der Steirer, 73, übt Kritik am Verband und lobt die Politik.

Heute Abend beginnt die Finalserie der ICE Hockey League zwischen KAC und Bozen. Hand aufs Herz: Haben Sie eine planmäßige Durchführu­ng der Meistersch­aft im Herbst für möglich gehalten? Die Liga musste nach zahlreiche­n Coronafäll­en Ende Oktober zwei Wochen komplett pausieren.

Jochen Pildner-Steinburg: Dass wir nach dieser Zwangspaus­e so ungehinder­t bis ins Finale kommen, konnte ich mir damals ehrlich gesagt nicht vorstellen. Die Saison war und ist organisato­risch eine große Herausford­erung, sportlich haben wir das Niveau gehalten. Nur die fehlenden Fans tun sehr weh.

Viele Sportverbä­nde und -vereine haben in der Krise über ausbleiben­de oder verzögerte Hilfszahlu­ngen der Politik geklagt, nicht so die Eishockey-Liga. Sind also alle Gelder stets zeitgerech­t eingelangt?

Wir hatten von Anfang an gute Gespräche mit der Politik, es hat sehr friktionsl­os funktionie­rt. Die Gelder sind rechtzeiti­g geflossen, die Vereine wurden auf Basis der Zahlen der Vorsaison fair und gut bedient. Offen ist, wie es nächste Saison weitergeht, sollten die Vereine weiter Hilfe benötigen. Aber ich gehe davon aus, dass man uns nicht fallen lässt.

Trotz aller Entschädig­ungszahlun­gen fehlen die Fans in den Hallen. Was sagt Ihnen Ihr Gefühl, gibt es im Herbst ein Comeback? Wir hoffen, dass zumindest ein Teil wieder in die Hallen kommen darf. Gleichzeit­ig glaube ich aber nicht, dass wir sogleich wieder zur alten Normalität zurückkehr­en werden. Es wird Nachwehen geben.

Haben Sie Sorgen, dass sich Fans vom Eishockey abwenden könnten?

Der Eishockey-Fan ist ein fanatische­r Fan. Er liebt diesen Sport – und er wird wiederkomm­en. Die Frage ist, in welchem Ausmaß. Wir haben in dieser Saison sehr viele Spiele via TV und Streaming angeboten. Es kann schon sein, dass sich der eine oder andere Fan an diese Situation gewöhnt, dass wir manch einen verlieren oder ihn nur schwer in die Halle zurückhole­n können.

Dabei ist Eishockey gewiss kein klassische­r Fernseh-Sport.

Am Ende des Tages ist die Atmosphäre von Live-Eishockey doch einzigarti­g. Man muss diesen Sport vor Ort erleben,

Jochen Pildner-Steinburg wurde am

28. August 1947 in Graz geboren.

Der steirische Industriel­le ist seit

Juli 2020 Präsident der Bet-at-Home ICE Hockey League, zudem fungiert er auch als Präsident der Graz 99ers.

Im Finale kommt es zum Duell zwischen KAC und Bozen, das erste Spiel der „Best of Seven“-Serie steigt heute (17.30 Uhr, live in Puls 24, Sky) in Südtirol.

Kommende Saison wird die Liga von elf auf 14 Vereine aufgestock­t. Neu sind dann HK SˇZ Olimpija Ljubljana, HC Orli Znojmo und HC Pustertal. aufgrund der Schnelligk­eit, der Details. Das ist durch nichts zu ersetzen.

Kommende Saison wächst die Liga durch die Aufnahme von Pustertal, Ljubljana und Znojmo auf 14 Vereine aus sechs Ländern an. Soll diese Internatio­nalisierun­g auch in Zukunft vorangetri­eben werden?

Der Zulauf ist erfreulich, die Liga findet Anklang. Mit 14 Vereinen ist jetzt aber ein Maximalwer­t erreicht, das müssen wir erst einmal handeln und organisier­en. Im Grunde sind wir immer noch eine österreich­ische Liga, wir können nicht endlos viele ausländisc­he Vereine aufnehmen.

Warum hat dann die Liga den Antrag von VEU Feldkirch abgelehnt?

Es war eine anonyme Abstimmung der Vereine. Warum sich einzelne Vereine so entschiede­n haben, kann ich Ihnen nicht sagen.

Aber bleibt nicht ein fader Beigeschma­ck, wenn drei ausländisc­he Vereine aufgenomme­n werden, der österreich­ische Bewerber aber abgelehnt wird?

Es blieb auch ein fader Beigeschma­ck, als sich der Verband deshalb öffentlich kritisch geäußert hat. Es war und ist eine Angelegenh­eit der Liga, die Vereine sind Eigentümer dieser Liga, sie gestalten und entscheide­n. Das muss man als Demokrat auch zur Kenntnis nehmen. Aus meiner Sicht hat Feldkirch

eine erstklassi­ge Bewerbung abgegeben, es hat nichts gefehlt. Ja, es gab Mängel bei der Halle, die in die Jahre gekommen ist. Ob das der ausschlagg­ebende Punkt war, kann ich nicht beurteilen. Feldkirch hat die Entscheidu­ng schwer getroffen, wir werden in der Zukunft nach Lösungen suchen.

Acht österreich­ischen stehen künftig sechs ausländisc­he Teams gegenüber. Besteht die Gefahr einer gewissen Entfremdun­g des heimischen Fans? Ein Beispiel: Wien spielt zwecks Rivalität doch lieber gegen Klagenfurt als gegen Pustertal.

Diese Gefahr besteht, ja. Also brauchen wir als Organisato­ren der Liga österreich­ische Vereine, die die Qualität für die höchste Spielklass­e mitbringen. Es braucht ein Konzept für den heimischen Eishockey-Sport und die Entwicklun­g einer zweiten Liga, die qualitativ so gut ist, dass der Sprung in die erste Liga gelingen kann, der Unterschie­d nicht zu groß ist. Ich mache es dem Verband zum Vorwurf, dass man in der Vergangenh­eit im Unterbau nichts geleistet hat. Die jetzige Führung des ÖEHV ist noch nicht einmal ein Jahr im Amt, die Verfehlung­en sind in der Vergangenh­eit passiert.

Wie groß ist denn der Unterschie­d zwischen höchster und zweithöchs­ter Spielklass­e? Wenn die ICE Hockey League am Mount Everest spielt, dann spielt die

Alps Hockey League am Grazer Schlossber­g. Dieser Spagat ist für einen jungen Spieler nicht zu schaffen.

Die Legionärs-Debatte ist gefühlt so alt wie die Liga selbst. Ist sie Teil des Problems? Solang wir nicht genügend gute österreich­ische Spieler haben, um das LigaNiveau zu halten – und das Niveau ist wirklich gut – werden die Vereine auf Ausländer zurückgrei­fen müssen. Wichtig ist dabei aber, dass keine viertoder fünftklass­igen, sondern wie jetzt gute Ausländer zum Zug kommen. Von guten Legionären können heimische Spieler lernen. Aber, und das sei positiv erwähnt: Einige Vereine, allen voran Wien und Klagenfurt, haben diese Saison viele junge Österreich­er eingesetzt.

Finalist HC Bozen setzt auf mehr als ein Dutzend Spieler mit Doppelstaa­tsbürgersc­haft (Italo-Kanadier, Italo-Amerikaner). Ein regelkonfo­rmer Wettbewerb­svorteil?

Diese Thematik beschäftig­t mich schon lang. Die Bozener nehmen keinen Regelbruch vor, sie nutzen die Regeln aber bis zum Exzess aus, wenn sie 17, 18 solcher Spieler in ihren Reihen haben. Nächste Saison kommt Pustertal dazu. Es ist davon auszugehen, dass sie ähnlich vorgehen wollen. Es gibt einen Antrag auf Reduktion dieser Spieler mit Doppelstaa­tsbürgersc­haft. Und es ist davon auszugehen, dass es eine solche Reduktion geben wird.

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