»Der Eishockey-Fan wird wiederkommen«
Jochen Pildner-Steinburg, Präsident der Eishockey-Liga, spricht vor der Finalserie zwischen KAC und Bozen über die Gefahr von Verlust und Entfremdung heimischer Fans. Der Steirer, 73, übt Kritik am Verband und lobt die Politik.
Heute Abend beginnt die Finalserie der ICE Hockey League zwischen KAC und Bozen. Hand aufs Herz: Haben Sie eine planmäßige Durchführung der Meisterschaft im Herbst für möglich gehalten? Die Liga musste nach zahlreichen Coronafällen Ende Oktober zwei Wochen komplett pausieren.
Jochen Pildner-Steinburg: Dass wir nach dieser Zwangspause so ungehindert bis ins Finale kommen, konnte ich mir damals ehrlich gesagt nicht vorstellen. Die Saison war und ist organisatorisch eine große Herausforderung, sportlich haben wir das Niveau gehalten. Nur die fehlenden Fans tun sehr weh.
Viele Sportverbände und -vereine haben in der Krise über ausbleibende oder verzögerte Hilfszahlungen der Politik geklagt, nicht so die Eishockey-Liga. Sind also alle Gelder stets zeitgerecht eingelangt?
Wir hatten von Anfang an gute Gespräche mit der Politik, es hat sehr friktionslos funktioniert. Die Gelder sind rechtzeitig geflossen, die Vereine wurden auf Basis der Zahlen der Vorsaison fair und gut bedient. Offen ist, wie es nächste Saison weitergeht, sollten die Vereine weiter Hilfe benötigen. Aber ich gehe davon aus, dass man uns nicht fallen lässt.
Trotz aller Entschädigungszahlungen fehlen die Fans in den Hallen. Was sagt Ihnen Ihr Gefühl, gibt es im Herbst ein Comeback? Wir hoffen, dass zumindest ein Teil wieder in die Hallen kommen darf. Gleichzeitig glaube ich aber nicht, dass wir sogleich wieder zur alten Normalität zurückkehren werden. Es wird Nachwehen geben.
Haben Sie Sorgen, dass sich Fans vom Eishockey abwenden könnten?
Der Eishockey-Fan ist ein fanatischer Fan. Er liebt diesen Sport – und er wird wiederkommen. Die Frage ist, in welchem Ausmaß. Wir haben in dieser Saison sehr viele Spiele via TV und Streaming angeboten. Es kann schon sein, dass sich der eine oder andere Fan an diese Situation gewöhnt, dass wir manch einen verlieren oder ihn nur schwer in die Halle zurückholen können.
Dabei ist Eishockey gewiss kein klassischer Fernseh-Sport.
Am Ende des Tages ist die Atmosphäre von Live-Eishockey doch einzigartig. Man muss diesen Sport vor Ort erleben,
Jochen Pildner-Steinburg wurde am
28. August 1947 in Graz geboren.
Der steirische Industrielle ist seit
Juli 2020 Präsident der Bet-at-Home ICE Hockey League, zudem fungiert er auch als Präsident der Graz 99ers.
Im Finale kommt es zum Duell zwischen KAC und Bozen, das erste Spiel der „Best of Seven“-Serie steigt heute (17.30 Uhr, live in Puls 24, Sky) in Südtirol.
Kommende Saison wird die Liga von elf auf 14 Vereine aufgestockt. Neu sind dann HK SˇZ Olimpija Ljubljana, HC Orli Znojmo und HC Pustertal. aufgrund der Schnelligkeit, der Details. Das ist durch nichts zu ersetzen.
Kommende Saison wächst die Liga durch die Aufnahme von Pustertal, Ljubljana und Znojmo auf 14 Vereine aus sechs Ländern an. Soll diese Internationalisierung auch in Zukunft vorangetrieben werden?
Der Zulauf ist erfreulich, die Liga findet Anklang. Mit 14 Vereinen ist jetzt aber ein Maximalwert erreicht, das müssen wir erst einmal handeln und organisieren. Im Grunde sind wir immer noch eine österreichische Liga, wir können nicht endlos viele ausländische Vereine aufnehmen.
Warum hat dann die Liga den Antrag von VEU Feldkirch abgelehnt?
Es war eine anonyme Abstimmung der Vereine. Warum sich einzelne Vereine so entschieden haben, kann ich Ihnen nicht sagen.
Aber bleibt nicht ein fader Beigeschmack, wenn drei ausländische Vereine aufgenommen werden, der österreichische Bewerber aber abgelehnt wird?
Es blieb auch ein fader Beigeschmack, als sich der Verband deshalb öffentlich kritisch geäußert hat. Es war und ist eine Angelegenheit der Liga, die Vereine sind Eigentümer dieser Liga, sie gestalten und entscheiden. Das muss man als Demokrat auch zur Kenntnis nehmen. Aus meiner Sicht hat Feldkirch
eine erstklassige Bewerbung abgegeben, es hat nichts gefehlt. Ja, es gab Mängel bei der Halle, die in die Jahre gekommen ist. Ob das der ausschlaggebende Punkt war, kann ich nicht beurteilen. Feldkirch hat die Entscheidung schwer getroffen, wir werden in der Zukunft nach Lösungen suchen.
Acht österreichischen stehen künftig sechs ausländische Teams gegenüber. Besteht die Gefahr einer gewissen Entfremdung des heimischen Fans? Ein Beispiel: Wien spielt zwecks Rivalität doch lieber gegen Klagenfurt als gegen Pustertal.
Diese Gefahr besteht, ja. Also brauchen wir als Organisatoren der Liga österreichische Vereine, die die Qualität für die höchste Spielklasse mitbringen. Es braucht ein Konzept für den heimischen Eishockey-Sport und die Entwicklung einer zweiten Liga, die qualitativ so gut ist, dass der Sprung in die erste Liga gelingen kann, der Unterschied nicht zu groß ist. Ich mache es dem Verband zum Vorwurf, dass man in der Vergangenheit im Unterbau nichts geleistet hat. Die jetzige Führung des ÖEHV ist noch nicht einmal ein Jahr im Amt, die Verfehlungen sind in der Vergangenheit passiert.
Wie groß ist denn der Unterschied zwischen höchster und zweithöchster Spielklasse? Wenn die ICE Hockey League am Mount Everest spielt, dann spielt die
Alps Hockey League am Grazer Schlossberg. Dieser Spagat ist für einen jungen Spieler nicht zu schaffen.
Die Legionärs-Debatte ist gefühlt so alt wie die Liga selbst. Ist sie Teil des Problems? Solang wir nicht genügend gute österreichische Spieler haben, um das LigaNiveau zu halten – und das Niveau ist wirklich gut – werden die Vereine auf Ausländer zurückgreifen müssen. Wichtig ist dabei aber, dass keine viertoder fünftklassigen, sondern wie jetzt gute Ausländer zum Zug kommen. Von guten Legionären können heimische Spieler lernen. Aber, und das sei positiv erwähnt: Einige Vereine, allen voran Wien und Klagenfurt, haben diese Saison viele junge Österreicher eingesetzt.
Finalist HC Bozen setzt auf mehr als ein Dutzend Spieler mit Doppelstaatsbürgerschaft (Italo-Kanadier, Italo-Amerikaner). Ein regelkonformer Wettbewerbsvorteil?
Diese Thematik beschäftigt mich schon lang. Die Bozener nehmen keinen Regelbruch vor, sie nutzen die Regeln aber bis zum Exzess aus, wenn sie 17, 18 solcher Spieler in ihren Reihen haben. Nächste Saison kommt Pustertal dazu. Es ist davon auszugehen, dass sie ähnlich vorgehen wollen. Es gibt einen Antrag auf Reduktion dieser Spieler mit Doppelstaatsbürgerschaft. Und es ist davon auszugehen, dass es eine solche Reduktion geben wird.