Die Presse am Sonntag

Die Frau und das Mädchen

- SOM

Valeria Parrella schildert eine Bekanntsch­aft hinter Gittern – und fragt, was wirkliche Hilfe in einer Extremsitu­ation ist.

Valeria Parrella erzählt vom langsamen Weichen der Trauer, von wieder erwachter Hoffnung und darüber, was Menschen zusammenhä­lt. Im Mittelpunk­t des Romans „Verspreche­n kann ich nichts“steht eine 50-jährige Frau in Neapel. Elisabetta ist Lehrerin in einem Jugendgefä­ngnis vor der Stadt. Jedes Mal, wenn sie in die abgeschlos­sene Welt eintritt, kann sie sich ein wenig von der Trauer um ihren verstorben­en Mann, Antonio, ablenken. Mit seinem Tod hat sie nicht nur ihren nächsten Menschen verloren; auch der Wunsch des Paares, ein Kind zu adoptieren, ist mit Antonios Ableben in unerreichb­are Ferne gerückt. Im Jugendgefä­ngnis lernt die Lehrerin Almarina kennen, ein Mädchen aus Rumänien, das vor seinem Vater geflohen und wegen Diebstahls hier gelandet ist. Elisabetta ist fasziniert von dem wissbegier­igen Teenager, der ihr Hoffnung gibt. Einmal kommt Almarina für ein Wochenende mit in Elisabetta­s Haus. Das Mädchen ist angetan von der heilen Welt, den bunten Verpackung­en im Bad – von Waschpulve­r, Shampoos und Seifenspen­der. „Etwas zu besitzen, das verbraucht und ersetzt wird, ist für sie, so geht mir ein paar Stunden später auf, schierer Reichtum.“Als das Mädchen unerwartet entlassen wird, stellt sich für Elisabetta die Frage, ob und wie sie der jungen Frau helfen kann.

Parrella umkreist ihre Protagonis­tinnen. Ihre Worte deuten vieles nur an, lassen manches im Dunkeln. Genau deswegen hallt dieser kleine Roman noch lang nach dem Lesen nach.

Valeria Parrella: „Verspreche­n kann ich nichts“, üb. v. Verena von Koskull, Hanser, 144 S., 19,60 Euro

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