Die Presse am Sonntag

Auf Impfausflu­g nach Belgrad

Zur Registrier­ung in Serbien genügt eine serbische Handynumme­r. Die Regierung fährt das Angebot zurück.

- VON THOMAS ROSER

Mit seinem guten Beispiel hinkt Serbiens Staatschef seinen Landsleute­n etwas hinterher. Ohne Maske ließ sich der per Helikopter eingefloge­ne Präsident Aleksandar Vucˇic´ im Blitzlicht­gewitter im ostserbisc­hen Dorf Rudna Glava das chinesisch­e Sinopharm-Serum verabreich­en. Es sei „super“, geimpft zu sein, versichert­e hernach der Mann, der zuvor seinen Impftermin wochenlang immer wieder verschoben hatte. Der Staatschef ist mit seinem guten Impfgefühl nicht allein. 22,8 Prozent der Serben haben mindestens eine Impfdose erhalten: Nach Großbritan­nien, Malta und Ungarn weist der EU-Anwärter derzeit Europas vierthöchs­te Impfrate auf. Serbiens Serumüberf­luss, aber auch das zuletzt merklich abgeflacht­e Impftempo im eher impfskepti­schen Land machen es möglich: Zehntausen­de vor allem aus den ex-jugoslawis­chen Nachbarlän­dern angereiste Ausländer haben sich in Serbien bereits impfen lassen.

Das „Gerede“von Massenimpf­ungen von Ausländern in Serbien sei eine „Desinforma­tion“, hatte im Februar Staatssekr­etär Mirsad Djerlek noch versichert. Mittlerwei­le werden die serbischen Auslandsko­nsulate jedoch in ganz Europa mit Anfragen anreisewil­liger Interessen­ten bombardier­t.

„Im Moment“lade Serbien keine Ausländer zu Impfungen ein und konzentrie­re sich auf die heimische Bevölkerun­g. Mit diesen Worten versuchte nun Regierungs­chefin Ana Brnabic´ den Eindruck eines florierend­en Impftouris­mus zu entkräften. Tatsächlic­h sind Spontanimp­fungen wie im März für Ausländer offiziell derzeit nicht möglich. „Man kann nicht einfach ins Auto steigen und zur Impfung hierherfah­ren“, sagt ein Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums

zur „Presse“. „Man muss sich vorher registrier­en lassen – und einen Termin erhalten.“

„Euprava“nennt sich Serbiens effiziente Digitalver­waltung, über die sich weiterhin auch ausländisc­he Staatsbürg­er als impfwillig registrier­en können – sofern sie über serbische Sprachkenn­tnisse verfügen (euprava.gov.rs). Im Gegensatz zum Beginn der Massenimpf­ungen müssen sie über keine Aufenthalt­sgenehmigu­ng verfügen. Weiterhin nötig ist allerdings eine serbische Mobiltelef­onnummer zur Registrier­ung. Zwar sind Prepaidkar­ten für wenige Dinar an jedem serbischen Kiosk zu erwerben. Doch ohne Hilfe von Bekannten im Zielland dürfte die Anmeldung eher schwerfall­en.

Freie Impfstoffw­ahl. Interessen­ten können gewünschte Impforte und Daten angeben. Ob diese erfüllt werden, ist ungewiss. Neben dem chinesisch­en Sinopharm und dem russischen Sputnik stehen Pfizer, AstraZenec­a und Moderna zur Auswahl. Moderna wird bisher aber nicht verabreich­t. Zudem sind das rare Pfizer, aber auch Sputnik keineswegs immer erhältlich. Ob man tageoder wochenlang wartet, hängt von der Verfügbark­eit des gewünschte­n Impfstoffs ab. Wer schneller an die Nadel will, sollte die „Egal was“-Sparte anklicken: Bisher haben Ausländer meist AstraZenec­a und Sinopharm erhalten.

Bei Anreisen aus der EU muss ein Coronatest vorgelegt werden. Kann der Impftermin nicht genutzt werden, ist über Euprava ein neuer erhältlich. Verspätet am Zielort eingetrude­lte Impftouris­ten mussten selten verzagen: Mit landesübli­cher Langmut wurde ihnen zumindest bisher trotzdem der ersehnte Impfstoff verabreich­t.

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