Als plötzlich die Häuser weggespült wurden
Flutkatastrophe
Ahmed Nasir stapft mit zwei Koffern, die er sich über die Schultern geworfen hat, durchs knietiefe Wasser seines Heimatdorfes Blessem. Das Dorf gehört zu Erftstadt im Bezirk Köln im deutschen Bundesland NordrheinWestfalen – einer Gegend, die von der Flutkatastrophe hart getroffen worden ist. Nach dem extremen Starkregen war die Erft über die Ufer getreten. „Ich hole meine Wertgegenstände noch schnell raus“, schildert Ahmed Nasir. Seine Familie sei schon längst in Sicherheit gebracht. „Aber die Sachen musste ich noch holen, unter anderem unsere Ausweise“, sagt er.
Sein Haus steht keine 150 Meter entfernt von der Abbruchkante. Durch massive Unterspülungen sind dort mehrere Gebäude eingestürzt; wo sie gestanden haben, gähnt nun ein riesiger Krater, in den unaufhörlich Wasser aus dem Dorf fließt.
Gerettet mit Hubschraubern. Mindestens 55 Menschen wurden aus den Fluten gerettet, von denen die Anwohner überrascht wurden. Einige von ihnen
Einwohner des überfluteten Ortes Erftstadt-Blessem kamen mit Hubschraubern in Sicherheit. So geht es auch einem Bundeswehrsoldaten, der an der Abbruchkante steht und in den Krater blickt. Das da vorn, erklärt er und zeigt auf ein Haus, das noch steht, aber direkt an der Kante, sei sein Elternhaus. „Meine Eltern konnten mit einem Hubschrauber gerettet werden“, sagt er.
Bundeswehr rückt aus. Wie viele Menschen bei der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands ums Leben kamen, war zunächst weiter unklar. Am Samstag sprachen die Behörden zunächst von mehr als 130 Toten. Allein im Kreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz verloren mehr als 90 Menschen ihr Leben. Die Polizei in Koblenz äußerte die Befürchtung, dass die Zahl der Todesopfer weiter steigen könnte.
In Nordrhein-Westfalen starben wegen der Fluten mindestens 43 Menschen, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums am Samstag. Im nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg brach ein Damm der Rur im Wassenberger Stadtteil Ophoven. Noch in der Nacht wurde Ophoven evakuiert.
Die Hilfskräfte stehen seit Tagen im Dauereinsatz. Die Bundeswehr ist mit Bergepanzern und anderen Fahrzeugen ausgerückt, um die Helfer zu unterstützen. Auch in Erftstadt ist die Bundeswehr mit massiven Kräften präsent. Am Freitag hieß es zunächst, dass 15 Menschen noch in Häusern im gefährdeten Bereich eingeschlossen seien. Die Sicherheitskräfte appellieren dringend an Bewohner, die bereits aus dem Katastrophengebiet gerettet worden sind, nicht in ihre Häuser zurückzukehren: Das sei lebensgefährlich.
Die hat den Westen Deutschlands schwer getroffen. Im Ort Erftstadt-Blessem wurden viele Gebäude vernichtet. Wo einst die Häuser standen, gähnt nun ein riesiger Krater. Einwohner kehren auf eigene Faust zurück, um die letzten Habseligkeiten zu retten. Eine Reportage.