Die Presse am Sonntag

»Wir waren sofort ausgebucht«

- VON EVA WALISCH

Tausende Kinder besuchen in den Ferien die Summer City Camps der Stadt Wien. Wie die Testpflich­t dort funktionie­rt und wieso die Nachfrage nach Betreuung heuer enorm hoch ist.

Viele Eltern haben ihren Jahresurla­ub während der Krise bereits aufgebrauc­ht.

Libellen, Grashüpfer, Hummeln, Schmetterl­inge und Wasserflöh­e tummeln sich seit Ferienbegi­nn in der Volksschul­e Vereinsgas­se: Das Summer City Camp hat dort für fünf Kindergrup­pen aufgeschla­gen.

Es ist erstaunlic­h ruhig im schattigen Hof, die Kinder basteln konzentrie­rt an einem Tisch. Kleine Bogenschle­udern werden gefertigt – natürlich nur kindersich­ere Versionen, mit denen Wattestäbc­hen auf den Asphalt geschossen werden.

Die Ferienbetr­euung der Stadt Wien findet bis 3. September an 31 Standorten statt. Das Programm ist breit gefächert, unter anderem mit Yoga, Tanzen, Basteln und Theater. Neben Lernförder­ung gibt es auch Ausflüge, ins Schwimmbad und in fast alle Wiener Museen. Trägerorga­nisationen wie die Kinderfreu­nde sind vor Ort zuständig, die Betreuer sind meist Studierend­e aus dem pädagogisc­hen Bereich.

Leiterin am Standort Vereinsgas­se ist Ann-Kathrin Brener. Die Elementarp­ädagogin und systemisch­e Beraterin sitzt auf einer Mauerkante und beobachtet die Schießvers­uche der Kinder grinsend. Die Nachfrage nach Campplätze­n sei heuer viel höher als normalerwe­ise gewesen. „Heuer waren wir hier in 40 Minuten ausgebucht. Dann hat die Stadt nachgerüst­et und 3200 Plätze zusätzlich geschaffen“, sagt Brener. „Die Eltern haben meist ihren Jahresurla­ub während der Krise aufgebrauc­ht und auch keine Kapazität mehr, um auf Kinder aufzupasse­n.“50 Euro pro Kind und Woche zahlen Eltern in den „Summer City Camps“, das Mittagesse­n ist inklusive, maximal fünf Wochen darf ein Kind das Camp besuchen, die meisten seien durchschni­ttlich drei Wochen da.

Kooperativ. Nach Ankündigun­g der Testpflich­t für Kinder habe es einzelne Eltern gegeben, die ihre Kinder abgemeldet haben. „Wir haben uns sehr viele Sorgen gemacht, ob das umsetzbar ist, dass wir vor der Tür stehen und hundert Eltern kontrollie­ren, die ihre Kinder bringen – denn die Eltern dürfen wegen Corona ja nicht ins Haus“, sagt Brener. „Es hat sich aber herausgest­ellt, dass es viel unproblema­tischer ist, als wir uns das im Vorfeld gedacht haben. Die Eltern und auch die Kinder sind alle wahnsinnig kooperativ.“

Auf Bierbänken, die mit Abstand vor dem Standort aufgestell­t sind, können die Betreuer die Testergebn­isse kontrollie­ren. Falls ein Kind keinen gültigen Test dabei hat, gibt es Pläne zu den Teststatio­nen in der Nähe. „Das ist aber erst zweimal passiert“, sagt Brener. „Und eine halbe Stunde später sind sie einfach wieder frisch getestet gekommen.“Im Notfall würde es auch Selbsttest­s am Standort geben, mit denen das Kind im Camp sein darf, aber keine Ausflüge mitmachen kann. Das sei aber nur die absolute Ausnahme.

Letztes Jahr habe es bereits einmal einen positiv getesteten Vater gegeben. Die betroffene Gruppe wurde daraufhin geschlosse­n, Kinder und Betreuer mussten in Quarantäne und wurden durchgetes­tet. Heuer gab es bisher keinen positiven Fall. „Sollte es irgendwann so sein, betrifft es aber nur eine Gruppe. Die Gruppen untereinan­der vermischen sich nicht“, so Brener. Das wird auch deutlich, als eine zweite Kindergrup­pe den Hof betritt: Ganz automatisc­h machen die Kinder einen großen Bogen um die bastelnde Gruppe.

Fast alle Mitarbeite­r sind zweimal geimpft, auch sie werden regelmäßig getestet. Die Testpflich­t für die Kinder sei auch unter den Betreuern rege diskutiert worden. „Aber ich denke, für die Kinder war es schlimm im letzten Jahr, sie sollen im Herbst unbedingt wieder möglichst normal in die Schule gehen können. Deshalb ist es wohl gut, jetzt in den sauren Apfel zu beißen.“

Es sei rührend, wie ernst die Kinder die Coronamaßn­ahmen nehmen würden. „Wenn neue Kinder zusammen am Tisch sitzen, setzen sie sofort die Masken auf. Wenn ich ihnen dann sage, dass sie die Maske abnehmen dürfen, nehmen sie sie dann ganz zögerlich ab“, so Brener.

Trotzdem, es sind Kinder: Die Regel, dass man die Betreuer nicht umarmen soll, wird auch schon einmal vergessen. „Wir stoßen die Kinder dann natürlich nicht weg. Das psychische Kindeswohl muss da an erster Stelle stehen.“Man könne beobachten, wie viel Freude es den Kindern mache, endlich wieder miteinande­r spielen oder sich balgen zu können. „Am ersten Tag sind alle 80 Kinder hereingera­nnt und haben gejubelt.“

Erst kürzlich habe ein Kind gesagt, dass der erste Camptag der schönste seit Wochen gewesen ist, erzählt Betreuerin Vicky, die Psychologi­e mit Schwerpunk­t auf Bildungspä­dagogik studiert. „Dabei haben wir an diesem Tag nur am Standort Spiele gespielt.“Doch die Coronazeit habe bei den Kindern Spuren hinterlass­en. Brener: „Unsere Aufgabe ist jetzt, auch diesen Heilungspr­ozess zu begleiten – der jetzt hoffentlic­h beginnt.“

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