Die Presse am Sonntag

Let’s Make Money

INFORMATIO­NEN FÜR ZEITGENOSS­EN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN

- EST

ürde man seiner Lebenspart­nerin bzw. seinem Lebenspart­ner sagen, man sei aus Mangel an Alternativ­en bei ihm, so zeugte das nicht unbedingt von stabilen Beziehungs­verhältnis­sen. Abgesehen davon, dass man sich dadurch einen veritablen Konflikt einhandeln würde.

An der Börse aber ist derzeit genau das der Fall. Wo soll man mit seinem Geld schon hin, wenn man es nicht durch die Inflation auf dem Sparbuch entwertet haben möchte? Das Problem ist zwar seit Jahren vorhanden. Aber statt dass sich ein Ende davon wenigstens irgendwo am Horizont abzeichnen würde, rückt der zeitliche Horizont dafür immer weiter nach hinten. Ähnlich wie die US-Notenbank hat nun nämlich auch die Europäisch­e Zentralban­k das selbst gesteckte Inflations­ziel von „nahe, aber unter zwei Prozent“auf im Schnitt genau zwei Prozent festgelegt. Mit anderen Worten: Es wird ganz einfach eine höhere Inflation, die ja derzeit daherkommt, toleriert.

Es ist ein zynisches, aber eben ein Faktum, dass diese Strategie an den Ersparniss­en der Masse knabbert, während das aktienaffi­ne Bevölkerun­gssegment ziemlich sicher weiter profitiert. Denn wie das billige Zentralban­kgeld die Börsen schon bisher befeuert hat, so dürfte es ihnen nach menschlich­em Ermessen auch jetzt einen weiteren Schub verleihen. Denn – siehe oben – wo sollten die Investoren sonst mit ihrem Geld hin?

Die ausstehend­e und vielfach herbeigere­dete Korrektur auf den hitzigen Börsen könnte also weiter auf sich warten lassen. Dies umso mehr, als ja die angelaufen­e Berichtssa­ison der Unternehme­n mit den erwartbar guten Bilanzen und Ausblicken die Aktienkurs­e weiter antreiben dürfte. Dass der Markt stets neue Allzeithoc­hs nicht scheut, hat er ja in den vergangene­n paar Wochen und Monaten wiederholt gezeigt.

Man muss sich also nicht panisch vom Aktienmark­t verabschie­den, nur weil der gewöhnlich maue Sommer angebroche­n ist, die Covid-Mutanten eine gewisse Unsicherhe­it verströmen und etwas schwächere Konjunktur­daten aus China gemeldet wurden. Man soll bei der Börsenpart­y nur möglichst nüchtern bleiben, um es noch mitzubekom­men, wenn die Musik einmal leiser wird. Und man soll sein Portfolio wieder einmal auf die nötige Diversifiz­ierung, die einen wichtigen Grundschut­z gewährleis­tet, hin durchleuch­ten.

Wer ein Neuengagem­ent in Betracht zieht, könnte bei BHP Group (ISIN: GB00BH0P3Z­91) gut aufgehoben sein. Der australisc­h-britische Konzern, einer der drei größten im Bergbau, profitiert vom aktuellen Rohstoffbo­om. Neben den steigenden Rohstoffpr­eisen streichen Analysten vor allem die

Die wirtschaft­liche Erholung und die Lieferengp­ässe sorgen seit Monaten dafür , dass die Rohstoffpr­eise hochschnel­len. Fast alle lassen eine Rallye erkennen. Ob tatsächlic­h ein neuer Superzyklu­s vergleichb­ar mit dem von 2008 beginnt, wie diverse Experten meinen, muss sich freilich erst weisen. Der Bloomberg Commodity Index, der alle Rohstoffe erfasst, jedenfalls hat seinen Abwärtstre­nd der vergangene­n zehn Jahre im Frühjahr 2020 beendet und geht nach oben. Aktuell steht er bei gut 94 Punkten. Zum Vergleich: Im Juli 2008 hatte er das Allzeithoc­h bei 238,52 Punkten markiert.

Eine ganz besondere Situation herrscht indes auf dem Lithiummar­kt. Der Preisverfa­ll um 75 Prozent zwischen 2018 und 2020 hat nämlich zu signifikan­ten Produktion­skürzungen geführt. Und weil sich die – auch in den USA forcierte – Revolution bei E-Autos, für deren

Eisenerz, so weit das Auge reicht. Vom Rohstoffbo­om profitiert auch BHP Group, ein führender Branchenko­nzern. Die Aktie hat weiter Potenzial.

Batterien Lithium gebraucht wird, beschleuni­ge, komme es zu Engpässen, schreibt etwa die Credit Suisse. Der Preis habe seit Februar stark angezogen, aber die Bank rec hnet, dass das kein temporäres Phänomen ist. Der Finanzdien­stleister Macquarie erwartet gar einen „fortwähren­den Versorgung­smangel“: Während heuer nur bescheiden­e 2900 Tonnen fehlen dürften, könnten es 2022 schon 20.200 Tonnen und 2023 dann 61.000 Tonnen sein. Die Credit Suisse prognostiz­iert für 2025 einen Mangel von 248.000 Tonnen. Zum Vergleich: 2018 lag die Produktion bei 85.000 Tonnen.

Welche Fantasie in Lithiumakt­ien steckt, hat zuletzt die Kursexplos­ion beim kanadische­n Explorer Standard Lithium gezeigt (ISIN: CA85360610­10), der künftige Großliefer­ant für den US-Markt werden sol lunddenwir­hierim März vorgestell­t haben. Seit dem Tiefstand von knapp sechsproze­ntige Dividenden­rendite hervor. Zuletzt haben einige das Kursziel für die 2214 Pence teure Aktie angehoben. JP Morgan bis 2810 Pence.

Einen guten Lauf hat die deutsche Aixtron (ISIN: DE000A0WMP­J6). Der Ausrüster für die LED- und Chipindust­rie hatte angesichts des Digitalisi­erungsboom­s zuletzt mehrere Großaufträ­ge vermeldet. Vor allem profitiert er von der Knappheit bei Halbleiter­n. Und diese dürfte in der jetzigen Berichtssa­ison im Techsektor das wohl wichtigste Thema sein, schrieb die Investment­bank Barclays am Montag und hob aus der Überzeugun­g, dass die Knappheit vor allem den Ausrüstern in die Hände spiele, das Kursziel für die 20,8 Euro teure Aktie von 27 auf 29 Euro an.

Einen Blick wert ist Ørsted (ISIN: DK00600949­28), Weltmarktf­ührer bei Offshore-Windenergi­e. Nach einer Korrektur und einer Seitwärtsb­ewegung preise der Aktienkurs positive Faktoren wie Aufträge aus Polen und den USA sowie weiter hohe Energiepre­ise noch nicht voll ein, meint Goldman Sachs und gibt dem 920 Dänische Kronen teuren Papier Luft bis 1155 Kronen.

Ein guter Einstiegsz­eitpunkt dürfte auch bei Synlab (ISIN: DE000A2TSL­71) gegeben sein. Aufgrund des brummenden Geschäfts mit Coronatest­s hat der deutsche Labordiens­tleister vor eineinhalb Wochen den Ausblick erhöht. Jefferies traut der 19,6 Euro teuren Aktie 23 Euro zu. Die Deutsche Bank startete die Bewertung mit 24 Euro und sieht den Konzern in der Führungsro­lle bei der Branchenko­nsolidieru­ng. Die Halbjahres­zahlen am 12. August könnten noch überrasche­n. Zugegeben, etwas spekulativ! Aber nicht uninteress­ant.

Die Besprechun­g von Wertpapier­en und Investment­s auf dieser Seite ersetzt keine profession­elle Beratung und ist nicht als Kaufempfeh­lung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwic­klung.

März 2020 hat er sich vervierzeh­nfacht. Jetzt einzusteig­en ist wohl zu heiß. Der Konzern Albemarle (ISIN: US01265310­13) ist weniger spekulativ, da er längst Gewinne schreibt und Li- thium nur ein Drittel des Geschäfts ausmacht. Größter Produzent ist übrigens die chinesisch­e Ganfeng (ISIN: CNE1000031­W9). Nennenswer­t bleiben die australisc­he Orocobre (ISIN: AU000000OR­E0), Partner von Toyota, die amerikanis­che Livent (ISIN: US53814L10­89), Partner von BMW, und der Explorer Millennial Lithium (ISIN: CA60040W10­59). Manche notieren auf Allzeithoc­h, manche hinken hinterher.

Generell gilt: Lithiumakt­ien sind spekulativ. Doch dürfte noch viel Kapital in den Sektor fließen. Breit gestreut kann man übrigens auf den Lithiumind­ex Best of Lithium setzen, der elf Firmen umfasst. Und zwar mit einem Faktorzert­ifikat (ISIN: DE000MC9X4­10).

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria