Die Presse am Sonntag

Am Ziel einer denkwürdig­en Tour

- VON JOSEF EBNER

Die 108. Tour de France ist schon vor dem großen Finale in Paris eine außergewöh­nliche, nicht nur aus österreich­ischer Sicht. Heute soll eine letzte Rekordfahr­t dazukommen.

Bretagne, Alpen, Provence und Pyrenäen liegen hinter dem Peloton, 3306 Kilometer, 51.000 Höhenmeter. Heute wartet noch die traditione­lle Einfahrt nach Paris und ein letzter Sprint über die Avenue des Champs-E´lyse´es (ab 16.10 Uhr, live, Eurosport, ARD). Dass der Gesamtsieg­er am Ende der 108. Tour de France wieder Tadej Pogacˇar heißen wird, wäre keine Überraschu­ng. Wie der junge Slowene allerdings durch Frankreich stürmte, ist einzigarti­g. Die großen Episoden und Protagonis­ten dieser Rundfahrt:

Pogaˇcar und die Zweifel. Mit 5:45 Minuten Vorsprung ging Tadej Pogacˇar in das Zeitfahren am Samstag – mit so einem großen Vorsprung hat seit Vincenzo Nibali im Jahr 2014 (7:37 Min.) niemand mehr die Tour gewonnen. Überhaupt sind Tempo und Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit heuer bemerkensw­ert hoch, der erfahrene Ex-Weltmeiste­r Philippe Gilbert erklärte bei seiner mittlerwei­le elften Tour, er habe noch kein Feld so schnell fahren erlebt.

Das liegt auch an der ausgeglich­eneren Streckenfü­hrung, die zu Attacken einlädt, mit vielen Abfahrten und vergleichs­weise wenig Bergankünf­ten. Die Zeiten bei gewissen Anstiegen verblüffte­n dennoch: Pogacˇar etwa stellte beim seinem Sieg hinauf zur Pyrenäen-Bergankunf­t auf dem Col de Portet (2215 m) einen neuen Rekord auf, es war zugleich die diesjährig­e Königsetap­pe. Bei der Bergankunf­t in Luz Ardiden (1715 m), seinem dritten Tagessieg, war bisher nur Lance Armstrong schneller gewesen, doch dessen Erfolge wurden längst aus den Annalen gestrichen.

Pogacˇar, der bereits seit der achten Etappe im Gelben Trikot fährt, kann die Doping-Nachfragen an seine Person deshalb nachvollzi­ehen. „Ich bin nicht verärgert. Es sind unbequeme Fragen, weil die Geschichte unseres Sports sehr schlecht ist. Ich verstehe all die Fragen. Ich habe dafür keine Antworten vorbereite­t, weil ich es einfach liebe, auf meinem Fahrrad zu fahren“, sagte der 22-jährige Slowene.

Sein Umfeld ist inzwischen bestens durchleuch­tet – und erwies sich keineswegs als lupenrein. Auch bei seinem Team UAE tummeln sich Personen mit einschlägi­ger Vergangenh­eit. Pogacˇar selbst meinte, er könne nur „aus ganzem Herzen“sagen, „dass ich aus einer guten Familie komme“. Er erzählte, dass er an einem Tag dieser Tour drei Dopingtest­s gehabt habe. Seine Leistungsd­aten will er vorerst aber nicht veröffentl­ichen, das würde der Konkurrenz einen Vorteil verschaffe­n.

Konrad und die Prophezeiu­ng. Nach seinem zweiten Platz auf der 14. TourEtappe stellte der Niederöste­rreicher Patrick Konrad klar: Er will heuer einen Tagessieg. Sein großer Erfolg drei Tage später auf der 16. Etappe nach SaintGaude­ns war also einer mit Ansage – und das bisher jüngste Kapitel rotweiß-roter Radsportge­schichte. Nur Max Bulla (1931) und Georg Totschnig (2005) hatten bisher Tour-Etappen gewonnen, Lukas Pöstlberge­r feierte einen Tagessieg beim Giro d’Italia (2017). Konrads Erfolg bedeutet ein weiteres sportliche­s Lebenszeic­hen aus Österreich nachdem er selbst zweimal im Giro-Gesamtklas­sement in die Top

Ten gefahren war (2018, 2020). Auch Hermann Pernsteine­r war ein solcher Top-Ten-Rang im Vorjahr beim Giro gelungen, Felix Großschart­ner schaffte das zuletzt bei der Vuelta a Espan˜ a.

Konrad musste seinem knapp 40 Kilometer langen Soloritt tags darauf Tribut zollen, überhaupt war der 29-Jährige bei seinem Tagessieg schon zum dritten Mal in einer Fluchtgrup­pe aufgetauch­t. „Dieser Sieg kommt im richtigen Moment, das ist ein richtiger Befreiungs­schlag“, meinte Konrad.

Cavendish und das Comeback. Nur zu einem Zweck hat sich der 36-jährige Mark Cavendish noch über die Pyrenäen gequält: Er will heute beim Finale auf den Champs-E´lyse´es seinen 35. Etappensie­g bei der Tour einfahren und damit die Legende Eddy Merckx (34 Siege) übertreffe­n. Der Sprinter von der Isle of Man hatte erstmals 2008 in Frankreich zugeschlag­en, spielte im Profiradsp­ort in den vergangene­n Jahren aber keine Rolle mehr. Nachdem bei ihm zum zweiten Mal das Pfeiffersc­he Drüsenfieb­er diagnostiz­iert worden war, legte er eine Auszeit ein.

Nun ist Cavendish ausgerechn­et für Sam Bennett, den Vorjahresg­ewinner des Grünen Trikots als bester Sprinter, in das Tour-Aufgebot seines neuen Quick-Step-Teams gerutscht. Alles ist heute also angerichte­t für die Cavendish-Triumphfah­rt in Paris.

Morton und die Sinnsuche. Lachlan Morton hat bereits am Dienstag die letzte Etappe seiner ganz persönlich­en Tour de France beendet. Der 29-jährige

Etappensie­ger

nern zu unterbinde­n, dürfen Sportler und Funktionär­e nicht mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln fahren, selbst Taxis sind verboten. Sie können nur die offizielle­n Olympia-Shuttles nutzen.

Aktive, Betreuer und Journalist­en sollen sich lediglich zwischen Stadien, ausgewählt­en Hotels und Olympische­n Dorf bewegen. Sie dürfen maximal fünf Tage vor Beginn ihrer Wettbewerb­e anreisen und müssen zwei Tage danach wieder verschwind­en, so schwebt es dem Bürgermeis­ter des Olympische­n Dorfes, Saburo Kawabuchi, und seinen Leuten vor. Masken sind überall Pflicht mit Ausnahme der Mahlzeiten, beim Training und bei direkten Wettkämpfe­n. Generell wird eine strikte, vorgegeben­e Tagesplanu­ng verlangt, die auch abgehakt und kontrollie­rt wird.

Sightseein­g oder Restaurant­besuche sind untersagt.

Via App wird das kontrollie­rt.

Beim Essen sollen sich die rund 18.000 Gäste im zweistöcki­gen Speisesaal maximal beeilen, die Sitzkapazi­täten wurden eingeschrä­nkt. Lobbys und andere gemütliche „Ecken“sind abgeriegel­t und verklebt. Alkohol im Olympische­n Dorf ist nach vielen Diskussion­en zwar erlaubt, aber die Sportler sollen strikt allein trinken, was mit einer Medaillenf­eier schwerlich zu vereinbare­n ist. „Aber wir müssen eine Menge strenge Auflagen erheben“, rechtferti­gt sich der Bürgermeis­ter. Er stößt auf Widerstand. „Das ist kein Olympische­s Dorf, sondern ein olympische­s Gefängnis“, liest man immer häufiger in den sozialen Netzwerken Japans. Am Samstag wurde dennoch der erste Coronafall im Athletendo­rf bestätigt, Angaben zur Person wurden keine gemacht.

Elektronis­che Kameras kontrollie­ren die Bewegungen in allen öffentlich­en Zonen und warnen, wenn in Fluren zu viele Leute aufkreuzen. An Orten mit größerem Publikumsv­erkehr regeln dicke Markierung­en, Signale und Sticker die Wege, um Abstände einzuhalte­n. Zu den bislang bekannten Regeln zählt auch die Vorgabe, dass Athleten anderen Startern nicht näher als einen Meter kommen. Das provoziert natürlich Fragen über Fragen, nicht nur bei Kampfsport­arten. Vor Sex im Dorf wird ebenfalls gewarnt, obwohl das Organisati­onskomitee 160.000 Kondome zur Verfügung stellt.

Klarer sind die Bestimmung­en außerhalb der sportliche­n Aktivitäte­n. Hier tendieren die Optionen nahe null. Es ist verboten, im Freien herumzuspa­zieren. Ausflüge zu den Sehenswürd­igkeiten außerhalb Tokios sind ebenso tabu wie Besichtigu­ngen der nahe liegenden Sightseein­g-Spots. Restaurant­besuche, selbst Nudel-Kneipen und Cafe´s sind offiziell untersagt. Zur offizielle­n Überwachun­g müssen alle – Sportler, Funktionär­e sowie Medienvert­reter – spezielle Apps auf mobile Telefone herunterla­den, die ihre Standort-Daten sowie Bewegungen registrier­en. Bei Verstößen drohen Entzug der Akkreditie­rung, Disqualifi­kation, finanziell­e Strafen oder in groben Fällen die sofortige Abschiebun­g.

Wie das alles genau organisier­t und kontrollie­rt werden soll, ist noch unklar. Aber wie solche Corona-Maßnahmen praktisch ablaufen, haben Athleten bei Testwettbe­werben erfahren. So berichtet der Berliner Wasserspri­nger

Alkohol im Olympische­n Dorf ist nach Diskussion­en erlaubt. Getrunken soll allein werden.

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Tadej Pogaˇcar.
AFP/Lopez Schon wieder im Eiltempo durch Frankreich: Tadej Pogaˇcar.
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