Die gute Rosenfee
Selbst unter den widrigsten Bedingungen gedeihen die kleinsten unter den Rosen so gut wie immer, so beispielsweise die gute alte Fairy, die einfach unverwüstlich ist.
Die günstigsten Bedingungen, um ein Loch in die Erde zu graben, findet man stets ein paar Tage nach einem ordentlichen Regenguss vor. Gut durchfeuchtet, doch nicht gatschig ist der Boden dann weich und willig, und man sollte meinen, mit ein paar Spatenstichen sei das Werk getan und man könne jedwede Pflanze in ihr neues Bett verfrachten, unter Zugabe einer Handvoll Hornspäne beispielsweise, und mit allen guten Wünschen. Nicht so hier. Auch nach jahrzehntelangem Bemühen und Kompostieren, nach Erdverbesserungsmaßnahmen und dergleichen mehr ist die Erde noch nicht allerorten so, wie man sie gern hätte, und ohne Krampen geht in diesen störrischen, nachgerade gefürchteten Zonen gar nichts.
Sollten Sie über einen Garten mit weicher, krümeliger Erde verfügen, preisen Sie ihn und beglückwünschen Sie sich. Sie wissen vielleicht gar nicht, wie gut es Ihnen geht. Sie gärtnern im Paradies. Hier hingegen offenbart jede Erdbewegung abseits bereits gut bestellter Beete den Steinbruch, den dieses Grundstück tatsächlich darstellt. Nach einer Stunde des Krampenschwingens und Felsbewegens steht man gut erhitzt neben einem Berg von Steinen einerseits und vor einem Löchlein andererseits und überlegt, ob man diesen unwirtlichen Platz der armen einzusetzenden Pflanze tatsächlich zumuten kann, ob sie es nicht hätte besser treffen können in einem anderen, erfolgversprechenderen Biotop.
Diese lange Einleitung war erforderlich, um jene Pflanzen zu preisen, die selbst unter den genannten eher widrigen Bedingungen unverdrossen gedeihen. Es handelt sich wieder einmal um Rosen, und zwar um die allerliebsten Zwerge unter ihnen. Jetzt im Herbst blühen sie immer noch, und es grenzt an ein Wunder. Viele von ihnen kann ich nicht mit Namen benennen, weil sie im Vorübergehen von Supermärkten und Tankstellen mitgenommen wurden. Sie blühen gelb, weiß, rot, lila, rosa, und sie zeichnen sich nicht nur durch ihre Unverwüstlichkeit in widrigen Gefilden aus, sondern auch durch ihre extreme Langlebigkeit als Schnittblumen in der Vase.
Für manche von uns ist das ein wichtiger Faktor, und zumindest eine namentlich bekannte Rosensorte kann ich jedem ans Herz legen, der wenig Arbeit mit und viel Freude an ihr haben will: Es handelt sich um die uralte, robuste und so gut wie unverwüstliche „Fairy“. Die kleine Rose stammt aus dem Jahr 1932 und aus britischer
Züchtung. Sie duftet zwar nicht, doch sie blüht unermüdlich vor sich hin, selbst wenn man sich überhaupt nicht um sie kümmert. Ihre rüschigen Blüten sind winzig, doch zahlreich, sie starten mit einem nicht zu kitschigen Rosarot, das im Laufe der Zeit verblasst und an sehr sonnigen Stellen fast weiß wird.
Mehrere dieser Rosenfeen befinden sich hier an besonders schlechten Standorten, in schattigen Zonen etwa, und an besagten steinig-trockenen Katastrophenorten. Dennoch wurde kaum je eine von ihnen von einer der gefürchteten Rosenkrankheiten befallen. Sternrußtau kam bisher nie vor, einzig die sehr schattig gebettete Fee leidet im Frühjahr gelegentlich unter einem leichten Anfall von Mehltau, der jedoch unbehandelt alsbald verschwindet. Kurzum, die Fairys sind Verbündete in schwierigen Gartenstellen.
Doch auch die anderen Zwerge haben es in sich. Es ist einen Versuch wert, eine dieser Tankstellen- und Supermarktpetitessen mitzunehmen und ihr über die Jahre beim Wachsen zuzuschauen. Aus einer handspannenkleinen Rose entwickelt sich fast immer ein dichtes, anmutiges und doch mitunter meterhohes Geschöpf, das nicht selten die edle und weitaus schwieriger zu behandelnde Nachbarin in den Schatten stellt.
Mittlerweile gibt es diverse Weiterentwicklungen der guten alten Fairy, doch die Genealogie zu recherchieren ist schwierig. Es handelt sich jedenfalls um eine Polyantharose, und die zeichnen sich durch büschelige, doldenartige Blüten sonderzahl aus. Darauf verweist bereits der Name, denn polyanthes bedeutet vielblütig.
Entstanden ist diese Gruppe durch Mehrfachkreuzungen mit ostasiatischen Rosenarten, alles bereits geschehen im 19. Jahrhundert. Später kreuzte man noch weitere Rosensorten und Arten dazu, auf dass alles noch unübersichtlicher werde. Fest steht, dass es fairyartige Röslein auch in Weiß und Rot gibt, wobei sich die weiße durch einen unglaublichen Duft auszeichnet. Wer einen Balkon oder eine Terrasse behübschen will, kann diese Kleinen auch ausgezeichnet in Töpfen kultivieren. Eine der hiesigen Feen stand jedenfalls viele Jahre im Kübel auf einer knallheißen Terrasse, wurde ausgesetzt und gedeiht nach wie vor prächtig. fünf, sechs Grad aus. Wieder andere wollen besser überhaupt nicht in die Kälte, und zuletzt gibt es solche, denen reichen die paar sehr kühlen Wochen vor der Übersiedelung aus dem Sommerquartier in die sichere Wärme, um den wichtigen, die Blüte fördernden Kälteschock zu durchleben.
Der langen Rede kurzer Sinn: Es ist kompliziert. Und deshalb ist es angeraten, die botanischen Bezeichnungen seiner Kakteensammlung zu kennen, denn nur dann kann man die Angelegenheit im Detail nachrecherchieren. Das geht auch online, wenn man mit der etwas altertümlichen, doch an Informationsgehalt unüberbotenen Website des deutschen Traditionsunternehmens Uhlig Kakteen (www.uhlig-kakteen.de) vertraut ist. Dort finden Sie die Kakteen auch in diese Überwinterungsgruppen eingeteilt. Sehr praktisch.