»Klimawandel ist nicht das Ende der Welt«
Wenn es um die Erderwärmung geht, reagiert die Welt hysterisch – und lässt alle anderen Probleme links liegen, sagt der dänische Statistiker Bjørn Lomborg. Die Milliarden für die grüne Wende könnten den Menschen anderswo mehr helfen.
Eines der bekanntesten Zitate der Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg lautet: „Ich will, dass ihr in Panik geratet!“Ist das ein guter Rat?
Bjørn Lomborg: Nein. Aber das werfe ich ihr nicht vor. Ich verstehe, warum sie das sagt. In ihrem Alter sind alle verängstigt, weil sie in den Medien nur noch sehen, wie die Welt wegen des Klimawandels auseinanderfällt. Sie hat auch recht, wenn sie sagt, dass Politiker jahrelang alles versprochen und sehr wenig gehalten haben. Würde ich glauben, dass das Ende naht und wir unsere Emissionen drastisch verringern müssen, wäre auch ich in Panik. Aber das stimmt nicht.
Ist der Klimawandel etwa kein Problem? Der Klimawandel und die Erwärmung der Erde sind ein echtes Problem, aber nicht das Ende der Welt. Ganz egal, welche Parameter man heranzieht, im Großen und Ganzen wird das Leben auf der Erde besser, nicht schlechter. Die Erderwärmung verlangsamt diesen Fortschritt zu mehr Wohlstand und Gesundheit nur ein wenig. Das ist schon eine ganz andere Botschaft.
All die Wissenschaftler, die immense Kosten und viele Todesopfer – etwa durch steigende Meeresspiegel – vorhersagen, liegen also falsch?
Der Meeresspiegel ist ein gutes Beispiel. Die meisten in der Debatte sind Naturwissenschaftler. Ihre Logik lautet: Die Temperatur steigt, das Eis an den Polen schmilzt, der Meeresspiegel steigt, und das flache Land wird überflutet. Das klingt wahr, aber so funktioniert die menschliche Gesellschaft nicht. Nehmen wir Holland als Beispiel: Wäre das wahr, hätte Holland schon vor langer Zeit untergehen müssen, aber es ist immer noch da. Warum? Weil es sich angepasst und Deiche gebaut hat. Wir müssen auch das sehen, nicht nur Gretas Sicht der Dinge. Natürlich müssen wir reagieren, aber dann ist das Problem überschaubar.
Das heurige Jahr der Extremwetter-Ereignisse stützt die These der Entwarnung ja nicht gerade. Jede Flut und jede Hitzewelle galt als potenzieller Vorbote der Klimakrise. Und Sie sagen trotzdem, die Menschen schenken dem Thema einfach nur zu viel Aufmerksamkeit?
Absolut. Wir überreagieren. Klar, wir haben heuer viele Fluten und Hitzewellen gesehen. Und die Hitzewellen werden durch die Erderwärmung auch schlimmer werden. In den USA und in Kanada sterben schon heute jedes Jahr 2500 Menschen daran. Gleichzeitig sterben aber 100.000 Menschen auf der Welt jedes Jahr an Kälte. Von ihnen hören wir nie. Wir hören auch nicht, dass die Kältewellen durch die Erderwärmung weniger werden. Wir können nicht nur Panik machen und das Gute übersehen.
Die Erderwärmung ist also etwas Gutes? Nein. Die Erwärmung bringt mehr Negatives als Positives. Aber die Gefahr wird stark übertrieben. Viele Studien, die hochrechnen, wie viele Menschenleben und Dollars der Anstieg des Meeresspiegels kosten wird, gehen davon aus, dass die Menschheit nicht darauf reagiert. Wenn man aber die Infrastruktur entsprechend umbaut, sind die Folgeschäden kaum noch merkbar. Das ist natürlich nicht kostenlos, auch die Anpassung an die Erderwärmung müssen wir bezahlen. Aber Holland musste in Summe etwa nur zehn Milliarden Euro ausgeben, um das ganze Land zu schützen. Das ist nicht nichts, aber es ist nah dran.
Über die Frage, was der Klimawandel kosten wird, gibt es sehr differierende Meinungen. Sie stützen sich auf William Nordhaus, der sie eher moderat einschätzt. Andere wie der Ex-Weltbank-Chefökonom Nicholas Stern kommen zu ganz anderen Zahlen. Nicholas Stern war damals schon ein