Nashörner und andere nützliche Tiere
In Paris versteigern im Oktober Christie‘s und Sotheby‘s Arbeiten des Künstlerpaars Claude und FrançoisXavier Lalanne. Ihre Möbel in Tier oder Blätterform, die sich zwischen Kunst und Design bewegen, sind bei Sammlern sehr begehrt.
Die Namen Claude und FrançoisXavier Lalanne sind in der Kunstwelt untrennbar miteinander verbunden. Das kreative Duo war mehr als fünf Jahrzehnte künstlerisch tätig. Ihre kreative Partnerschaft begann in den 1950erJahren in Paris, als sie ihre Arbeiten noch als „Les Lalanne“signierten, bevor sie später ihre Vornamen hinzufügten. Gemeinsam schufen sie Skulpturen und Objekte, die sich deutlich von der damals vorherrschenden abstrakten Kunstbewegung abhoben. Ihre Werke zeichnen sich durch eine Mischung aus surrealer Poesie und einer fast hieratischen Strenge aus und schöpfen ihre Inspiration aus der Natur, wobei FrançoisXavier eine besondere Vorliebe für die Tierwelt und Claude für die Flora zeigte.
Praktische Skulpturen. Ihre Kunstwerke bewegen sich oft an der Grenze zwischen Kunst und Inneneinrichtung und erfüllen nicht selten einen praktischen Zweck. Ein gutes Beispiel ist der „Rhinocrétaire“, ein NashornSchreibtisch, der heute auf dem Kunstmarkt zu den teuersten Objekten von FrançoisXavier Lalanne gehört. Im Vorjahr erzielte ein „Rhinocrétaire“bei Sotheby‘s in Paris einen Zuschlag von 4,6 Millionen Euro, inklusive Taxen waren es sogar 5,5 Millionen. Auch die eleganten GinkgoblattMöbel von Claude sind bekannt und werden in verschiedenen Varianten angeboten. 2021 versteigerte Sotheby‘s in Paris die mit Ginkgoblättern verzierte Bank „Banquette Les Berces Adossées“aus dem Jahr 2015 um 1,5 Millionen Euro inklusive Aufgeld. Prominente Persönlichkeiten wie Yves Saint Laurent, Pierre Bergé, Gunter Sachs und Karl Lagerfeld schätzten die Lalannes und kauften ihre Werke.
Prominente Sammler waren Yves Saint Laurent, Gunter Sachs und Karl Lagerfeld.
FrançoisXavier Lalanne verstarb bereits 2008 im Alter von 81 Jahren, gefolgt von Claude im April 2019 im Alter von 93 Jahren. Beide verbrachten ihr Leben mehr als fünf Jahrzehnte in einem Haus in Fontainebleau. Es war geprägt von ihren eigenen Skulpturen und
Möbeln, aber auch von Werken enger Freunde wie Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely, Max Ernst und Jasper Johns. Die persönliche Sammlung der Lalannes wurde 2019 bei Sotheby‘s in Paris versteigert. Die Auktion erzielte mit 91 Millionen Euro das Vierfache ihres Schätzpreises – ein Rekord zu dieser Zeit für eine Sotheby‘sAuktion in Frankreich.
Am 4. Oktober wird Sotheby‘s Paris nun weitere zwanzig Skulpturen von Claude und FrançoisXavier Lalanne anbieten. Es handelt sich um die letzten verbliebenen Stücke aus ihrer Privatsammlung. Das Angebot umfasst einige der bekanntesten Designs der Künstler sowie weniger bekannte Werke. Das skurrilste Objekt der Auktion ist „Boîte de Sardines“, eine Sardinenbüchse aus dem Jahr 1971, die von dem HighSocietyModel Jane Holzer in Auftrag gegeben wurde. Sie kuratierte eine Möbelausstellung in New York in der Leo Castelli Gallery, vielen als Galerie von Andy Warhol und Cy Twombly ein Begriff. Später wurde das Stück vom legendären Händler und Sammler Alexander Iolas erworben und schließlich von den Lalannes 2005 wieder zurückgekauft. Jetzt kommt die Sardinenbüchse mit einem Schätzwert von 180.000 bis 280.000 Euro unter den Hammer. Das Toplos der Auktion ist der Esel „Âne planté“ebenfalls von FrançoisXavier Lalanne, der auf 700.000 bis eine Million Euro geschätzt wird. Mit 600.000 bis 800.000 Euro ist das teuerste Los von Claude Lalanne „Pomme de Londres“. Im Vorjahr wurde übrigens bei Sotheby‘s New York „Pomme de Londres“aus dem Jahr 2005 für 2,2 Millionen Euro zugeschlagen. Es kommt aber auch eines ihrer beliebten GinkgoMöbel unter den Hammer. Der Stuhl „Ginkgo II“wird auf 100.000 bis 150.000 Euro geschätzt.
Erstes bedeutendes Werk. Nur kurz darauf kommt am 20. Oktober, parallel zur „Paris+ par Art Basel“, bei Christie‘s Paris „Rhinocrétaire I“aus dem Jahr 1964 zum Aufruf. Es handelt sich dabei um die erste bedeutende Skulptur von FrançoisXavier Lalanne. Sie soll vier bis sechs Millionen Euro bringen. Das Nashorn kann geöffnet werden und enthält neben einem Schreibtisch auch eine Bar, einen Safe und Lampen. „Rhinocrétaire I“sei das wegweisende Werk des Künstlers. „1964 ausgeführt, unmittelbar nachdem sich FrançoisXavier Lalanne von der Malerei abwandte, ist es seine erste bedeutende Skulptur“, sagt Sonja Ganne, Vorsitzende des Christie‘s Design Departments, zur „Presse am Sonntag“.
Außerdem weise es eine außergewöhnliche Ausstellungsgeschichte auf. „Ursprünglich wurde es 1964 im Rahmen von Zoophites vorgestellt, der ersten gemeinsamen Ausstellung von Claude und FrançoisXavier Lalanne, die von Jeanine de GoldschmidtRestany in der Galerie J. in Paris organisiert wurde. Danach wurde es bis zu der den Lalannes gewidmeten Retrospektive 2010 im Musée des Arts Décoratifs in Paris nicht mehr öffentlich ausgestellt“, sagt die Expertin. Zudem habe es eine tadellose Provenienz:„Rhinocrétaire I wurde 1964 von Jeanine de GoldschmidtRestanys Mutter gekauft und blieb seitdem in der Familie. Es ist also marktfrisch.“
Der Rekord für FrançoisXavier
Lalanne liegt bei 8,3 Millionen Euro für »Léopard I«.
Der bisherige Auktionsrekord für FrançoisXavier Lalanne liegt bei 8,3 Millionen Euro inklusive Taxen, erzielt im November 2021 bei Sotheby‘s Paris für eine patinierte Bronzeskulptur eines Leoparden:„Léopard I“.
„Der LalanneMarkt ist in den letzten 20 Jahren stetig gewachsen, mit einem ersten Preissprung Ende der Nullerjahre anlässlich der Auktion Yves Saint Laurent & Pierre Bergé bei Christie‘s Paris, als Werke von Claude und FrançoisXavier Lalanne mehr als eine Million Euro erzielten“, sagt Ganne. Nach dieser Versteigerung sei der Markt kontinuierlich weitergewachsen, nicht zuletzt, weil immer mehr bedeutende Werke der Lalannes zur Auktion kamen. „Der Tod von Claude Lalanne im Jahr 2019 markierte einen neuerlichen Preissprung auf dem Markt mit den anschließenden Verkäufen der Sammlung von FrançoisXavier und Claudes Töchtern sowohl bei Christie‘s als auch bei Sotheby‘s“, erklärt die Designexpertin.
Von den zehn besten Auktionsergebnissen, die für Claude Lalanne erzielt wurden, seien neun nach 2019 erzielt worden. Sotheby‘s schrieb mit vier Millionen Euro inklusive Aufschlag für „Pomme d‘Hiver“erst im Vorjahr bei einer Auktion in New York einen neuen Rekord für Claude Lalanne.