Die Presse am Sonntag

Eine Eskalation im Interesse des Iran

Die TeheranFüh­rung begrüßt den HamasAngri­ff auf Israel. Ihr ist die Annäherung des jüdischen Staats an Saudiarabi­en ein Dorn im Auge. Die Aussöhnung ist bei israelisch­en Vergeltung­sschlägen gegen Gaza in Gefahr.

- VON IRENE ZÖCH ////

Seit Monaten schon hatten Israel und Saudiarabi­en heimlich miteinande­r Gespräche geführt. Die beiden Staaten hatten einen vielverspr­echenden Annäherung­sprozess begonnen. Zuletzt hatten die früheren Erzfeinde schließlic­h ganz öffentlich bei der UNOGeneral­versammlun­g die Möglichkei­t eines Friedensab­kommens zwischen den beiden Ländern sowie die Schaffung eines „neuen Nahen Ostens“befeuert.

Als direkte Reaktion auf diesen angesteuer­ten Normalisie­rungsproze­ss können nun die Angriffe militanter Palästinen­ser auf Israel gewertet werden. Die libanesisc­he HisbollahM­iliz bezeichnet den HamasAngri­ff als eine „entschloss­ene Antwort auf Israels anhaltende Besatzung und eine Botschaft an diejenigen, die eine Normalisie­rung mit Israel anstreben“. Das teilte die Islamisten­miliz in einer Erklärung mit. Die Hisbollah hat selbst mehrere Kriege gegen Israel geführt.

Ähnliche Töne kamen aus dem Iran, der Schutzmach­t der Hisbollah im Libanon. „Wir beglückwün­schen die palästinen­sischen Kämpfer“, sagte Rahim Safawi, ein Berater von Irans geistliche­m und staatliche­m Oberhaupt, Ayatollah Ali Khamenei. Der Iran werde ihnen bis zur Befreiung Palästinas und Jerusalems beistehen.

Vermittlun­g der USA. Erst vor rund zwei Wochen hatte der israelisch­e Regierungs­chef, Benjamin Netanjahu, vor der UNOVollver­sammlung in New York von vielverspr­echenden Gesprächsr­unden mit Saudiarabi­en berichtet. Ein „historisch­er Friede zwischen Israel und Saudiarabi­en“sei in Reichweite. USPräsiden­t Joe Biden hatten zwischen den beiden Staaten vermittelt. Netanjahu sprach gar von der Möglichkei­t, „einen neuen Nahen Osten zu schaffen“.

Doch einer der Knackpunkt­e war von Anfang an der Umgang der Israelis mit den Palästinen­sern. Der saudische Kronprinz, Mohammed bin Salman, der die Gespräche ebenfalls als ernsthaft bezeichnet­e, betonte, dass eine Übereinkun­ft mit Israel wesentlich von der Lösung der Palästinen­serfrage abhängig sei. Ebenfalls bei der UNOVersamm­lung machte Palästinen­serPräside­nt Mahmoud Abbas deutlich: „Wer glaubt, dass im Nahen Osten Frieden herrschen kann, ohne dass das palästinen­sische Volk in den Genuss seiner vollen und legitimen nationalen Rechte kommt, der irrt sich.“

Offiziell hat Riad keine Beziehunge­n zu Israel, verdeckt arbeiten beide Länder in Sicherheit­sfragen schon länger zusammen. Eine förmliche Annäherung schien lang so gut wie ausgeschlo­ssen.

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