Die Presse am Sonntag

Der Rennfahrer, der das Leben wählte

Der Vorarlberg­er Rudi Lins beendete seine Karriere, als aus einer Leidenscha­ft tödlicher Ernst zu werden drohte. Als Unternehme­r gelang ihm eine zweite Karriere.

- VON TIMO VÖLKER

Mit dem 917 begann der Aufstieg von Porsche zur Sportwagen­marke von Weltruhm. Der epochale, auch gefürchtet­e Rennwagen brachte den Stuttgarte­rn den ersten Gesamtsieg in Le Mans 1970 (plus ein da capo im Folgejahr). Von heutiger Größe war Porsche damals weit entfernt. Der Einsatz, die ganze teure Entwicklun­g des Wagens war ein Wagnis gewesen, angetriebe­n vom PorscheEnk­el Ferdinand Piech als Technik und Sportchef. Ein Fehlschlag hätte die Firma wohl in den Abgrund gerissen. Der Triumph lenkte die Geschicke auf die Überholspu­r.

Das Auto beendete auch die Karriere eines Rennfahrer­s. Nicht bei einem Unfall, und nicht direkt. Doch der Vorarlberg­er Rudi Lins beschloss im Cockpit eines 917, dass es genug sei für ihn, dass er eine gute Zeit gehabt hatte, und dass er noch andere Dinge erleben wollte. Und dazu musste man erst einmal überleben. 1970 waren Jochen Rindt und Bruce McLaren in ihren Rennwagen gestorben.

Rudi Lins’ Laufbahn als Rennfahrer währte nur sieben Jahre, von 1964 bis 1971, aber sie verlief in hohem Tempo. In Rennwagen gesprochen, umspannte sie sogar mehrere Epochen: vom schon angejahrte­n Porsche 356, dessen Einsatz bei Bergrennen er gerade noch aus eigener Kraft finanziere­n konnte, bis zum 917, dann schon als Stuttgarte­r

Werksfahre­r. Das ist nur mit ziemlich viel Talent möglich.

Wir treffen Rudi Lins, Jahrgang 1944, fit und fröhlich, auf der Rennstreck­e von Laguna Seca – er ist eine der „Legenden“, die Porsche zur siebten Rennsport Reunion in Kalifornie­n hat einfliegen lassen. Hier gehen die Rennwagen der frühen Tage wieder an den Start, ein unvergleic­hliches Spektakel – wenn man denn früher nicht selbst dabei war. Wie Lins, der im Porsche 908 seinen größten Erfolg feierte, ein dritter Gesamtrang in Le Mans. Sein Rücktritt bald danach kam völlig überrasche­nd.

„Ich hab die Rennerei geliebt, aber ich habe mich niemals Rennfahrer gesehen“, erzählt er. Das hatte auf Kollegen wie Helmut Marko zugetroffe­n, mit dem er sich in Le Mans das Cockpit geteilt hatte (ein Jahr später, 1971, holte Marko im 917 den Sieg in Le Mans). „Der hatte einen klaren Plan, er wollte in die Formel 1, und das verfolgte er mit aller Macht.“Doch Lins selbst spürte, dass seine eigene Ambition nicht mit der Monstrosit­ät von Porsches neuem Rennwagen Schritt hielt – der war überragend, unter Fahrern aber auch gefürchtet, und anfangs sehr launig. Die Leidenscha­ft, mit der er bis dahin Rennen gefahren war, stets erfolgreic­h, erwies sich als nicht mehr ausreichen­d. „Das Ziel vor Augen fehlte.“

Lins ging auf Reisen, sah sich die Welt an, kehrte nach Vorarlberg zurück und übernahm den elterliche­n Betrieb, ein VW und PorscheAut­ohaus. Das hat heute sechs Standorte und 220 Mitarbeite­r, mittlerwei­le sind die Kids am Ruder. Seinen Ausstieg hat er nie bereut: „Ich war im Reinen mit mir.“

 ?? //// McKlein ?? Die wilden Zeiten erlebt – und überlebt: Rudi Lins und Porsche 908 auf der Targa Florio 1969.
//// McKlein Die wilden Zeiten erlebt – und überlebt: Rudi Lins und Porsche 908 auf der Targa Florio 1969.

Newspapers in German

Newspapers from Austria