Die Presse am Sonntag

Hollywood-Auflauf im Höllenloch

Mit »Phantom Liberty« ist eine Erweiterun­g zum Videospiel »Cyberpunk 2077« erschienen. Sie punktet mit Atmosphäre und Geschichte, hat vereinzelt aber auch spielerisc­he Schwächen.

- VON DANIEL BISCHOF

Dogtown ist ein grausliche­s Stadtviert­el. Die Straßen sind vermüllt, die Gebäude verfallen. Drogen und Gewalt bestimmen den Alltag, ein Warlord und Straßengan­gs geben den Ton an.

In dieses Höllenloch verschlägt es den Spieler in „Phantom Liberty“– der Erweiterun­g des futuristis­chen ActionRoll­enspiels „Cyberpunk 2077“. Aus Dogtown muss Hauptchara­kter V nämlich niemand geringeren als Rosalind Myers, die Präsidenti­n der „Neuen Vereinigte­n Staaten von Amerika“, retten. Ihr Flugzeug wurde über dem Stadtviert­el abgeschoss­en, nach der Bruchlandu­ng kämpft sie ums Überleben. Wer Myers Flugzeug ins Visier nahm und warum, muss V herausfind­en. Dafür wühlt er sich durch ein Dickicht von Intrigen, kriminelle­n Verbindung­en und fragwürdig­en Charaktere­n.

V bleibt jedoch keine andere Wahl: Er wurde in „Cyberpunk 2077“mit einen Virus infiziert, das sich langsam, aber stetig ausbreitet. Der Tod scheint ihm gewiss. Eine mysteriöse Anruferin verspricht ihm in „Phantom Liberty“jedoch eine Heilung, wenn er Myers aus Dogtown rettet.

Geheimagen­t und Actionstar­s. Zunächst einmal muss V dafür in das schwer bewachte Viertel schleichen. Ist das geschafft, spielt „Phantom Liberty“in den ersten Spielstund­en gleich seine Stärken aus: Bombastisc­h wird der Absturz von Myers Flugzeug und die Rettungsak­tion inszeniert.

Hilfe dabei erhält er unter anderem vom Geheimagen­ten Solomon Reed – ein loyaler Staatsdien­er, dessen Verhältnis zu Myers aber durchaus angespannt ist. Reed wird von Hollywoods­tar Idris Elba „gespielt“: Elba leiht ihm seine Stimme und sein Aussehen. Ebenfalls mit dabei ist wieder Actionstar Keanu Reeves, der bereits im Hauptspiel „Cyberpunk 2077“eine wichtige Figur verkörpert­e. Die Starauftri­tte geben der rasanten und wendungsre­ichen Geschichte eine zusätzlich­e Würze. Sie täuschen aber nicht darüber hinweg, dass so wie das Hauptspiel auch die Erweiterun­g „Phantom Liberty“manche spielerisc­he Schwäche hat.

Ungeschick­te Gegner. Die Fahrzeuge steuern sich stellenwei­se noch immer ungelenk, Schwachpun­kt sind aber vor allem die Kämpfe. Zwar werden unzählige Feinde gegen den Spieler geworfen, oft verhalten die sich aber ungeschick­t. Sie verharren viel zu oft in denselben Positionen, statt V etwa zu flankieren. Taktieren ist meist nicht notwendig, wodurch „Phantom Liberty“manchmal ein wenig zur Schießbude verkommt. Und zwar lassen sich in der Spielwelt Abertausen­de Gegenständ­e aufsammeln und kombiniere­n: Großen Spaß werden damit aber nur Bastler mit viel Zeit haben. Ansonsten bringt die Flut an Gegenständ­en eher überquelle­nde und unübersich­tliche Inventare mit sich.

Doch lohnt sich ein Abstecher in das auch grafisch eindrucksv­olle Dogtown trotz der spielerisc­hen Schwächen. Die rund 15 bis 20 Stunden dauernde Hauptgesch­ichte lockt mit zahlreiche­n Wendungen, V kann sie mit seinen Entscheidu­ngen maßgeblich beeinfluss­en. Daneben kann der Spieler Nebenmissi­onen erledigen und einfach durch Dogtown schlendern. Dort wird er von Gangs oder Passanten bedrängt, kann in neonbeleuc­hteten Märkten einkaufen gehen oder verrückten Predigern auf Blechdäche­rn zuhören. Grauslich bleibt es ja, dieses gottverlas­sene Dogtown. Aber verdammt atmosphäri­sch ist es auch.

 ?? //// CD Projekt ?? 29,99 Euro kostet die Erweiterun­g „Phantom Liberty“(verfügbar für PC, Xbox Series X/S und Playstatio­n 5). Zum Spielen wird auch die Hauptversi­on „Cyberpunk 2077“benötigt.
//// CD Projekt 29,99 Euro kostet die Erweiterun­g „Phantom Liberty“(verfügbar für PC, Xbox Series X/S und Playstatio­n 5). Zum Spielen wird auch die Hauptversi­on „Cyberpunk 2077“benötigt.

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