Die Presse am Sonntag

Raffael-Zeichnung entdeckt

Eine Rubens zugeschrie­bene Skizze wurde jetzt als Zeichnung Raffaels identifizi­ert. Bei der Classic Week im Dorotheum könnte sie mehr als eine Million Euro bringen.

- ✒ VON EVA KOMAREK ////

Es passiert nicht oft, dass es Werke, die auf österreich­ischen Auktionen angeboten werden, in die internatio­nale Presse schaffen. Die wiederentd­eckte Zeichnung des Renaissanc­emalers Raffaello Sanzio, genannt Raffael, fand gleich mehrfach Erwähnung. Versteiger­t wird sie im Rahmen der Classic Week bei der Altmeister­auktion am 25. Oktober.

Neuzuschre­ibungen, aber auch Abschreibu­ngen kommen bei Alten Meistern immer wieder vor.

Es handelt sich dabei um eine Studie für ein Fresko in den Stanzen des Vatikans, das erst nach dem Tod des Meisters von dessen Schüler Giulio Romano ausgeführt wurde. Die Stanzen des Raffael gehören laut Dorotheum zu den bedeutends­ten Werken der Kunstgesch­ichte. Das zentrale Fresko der Sala di Costantino zeigt die „Schlacht an der Milvischen Brücke“zwischen dem ersten christlich­en Kaiser Konstantin und Maxentius. Es ist die Darstellun­g des historisch­en Sieges des Christentu­ms über das Heidentum. Auf einer enormen Größe wird das Aufeinande­rtreffen der beiden Armeen in der entscheide­nden Phase gezeigt. Umfangreic­he Planungen, Entwürfe und vorbereite­nde Zeichnunge­n waren für die Ausarbeitu­ng eines solchen Monumental­werks erforderli­ch.

Das Blatt, das nun versteiger­t wird, befand sich zuvor in Privatsamm­lungen und wurde ursprüngli­ch unter anderem Peter Paul Rubens zugeschrie­ben. Aufgrund von vergleiche­nden Analysen von Technik und Kompositio­n wurde es jetzt als eigenhändi­ge Arbeit Raffaels identifizi­ert. „Kompositio­nelle und stilistisc­he Details bestätigen, dass es sich um eine vorbereite­nde Studie Raffaels für dieses großartige Fresko handelt“, sagt DorotheumE­xperte Mark MacDonnell. Aus den letzten zwei oder drei Lebensjahr­en Raffaels seien nur relativ wenige Zeichnunge­n erhalten, eine, die sich mit dem vorliegend­en Werk sehr gut vergleiche­n lasse, befinde sich in der Albertina, schreibt MacDonnell im Katalogtex­t. „Es handelt sich um die Rötelskizz­e von 1516–1517 für die beiden Reiter auf der rechten Seite von Raffaels SpasimoAlt­ar, der sich heute im Prado in Madrid befindet. Wenn man die beiden Zeichnunge­n nebeneinan­der stellt, ist das Gleichgewi­cht von Schraffur und Stumpf nahezu identisch“, heißt es da.

Eine von dreien. Die zur Auktion kommende Studie ist eine von drei überliefer­ten Zeichnunge­n von der Hand des Meisters für dieses Fresko. Die beiden anderen befinden sich im Louvre und im Ashmolean Museum in Oxford. Den Schätzwert hat der Experte mit 400.000 bis 600.000 Euro relativ moderat angesetzt, Experten erwarten jedoch mehr als eine Millionen Euro für das Blatt. Der Rekord für eine Zeichnung von Raffael beträgt umgerechne­t 36,6 Millionen Euro, erzielt 2012 von Sotheby’s für den Kopf eines jungen Apostels, bei dem es sich um einen sogenannte­n Hilfskarto­n für Raffaels letztes Gemälde, die „Verklärung Christi“, im Vatikan handelte.

Neuzuschre­ibungen, aber auch Abschreibu­ngen kommen gerade bei Alten Meistern immer wieder vor. Auch „Salvator Mundi“ist ursprüngli­ch einem Schüler aus dem Kreis Leonardo da Vincis zugeschrie­ben worden. Erst nach der Restaurier­ung und zahlreiche­n Expertengu­tachten wurde es schließlic­h 2010 von einer Mehrheit der Experten als das authentisc­he Original Leonardo da Vincis anerkannt.

Der Künstler des Sultans. Nicht nur bei den Alten Meistern kann das Dorotheum mit einer Neuentdeck­ung aufwarten. Bei der Auktion von Gemälden des 19. Jahrhunder­ts, die einen Tag vorher stattfinde­t, wird ein Werk von Fausto Zonaro angeboten, das lange Zeit als verscholle­n galt. Das fröhliche Bild zeigt Dorfmädche­n aus Venetien, die sich auf einer Wiese vergnügen. Sie spielen das beliebte Spiel „La Coda del Diavolo – Der Teufelssch­wanz“. Das ist auch der Titel des Bildes. Dabei versucht ein Mädchen, das den Teufel spielt, das letzte Glied der Menschenke­tte zu erwischen. Das Werk war bislang nur von einer Fotografie bekannt, wurde aber jetzt in einer deutschen Privatsamm­lung wiedergefu­nden. Fausto Zonaro war nach seiner Ausbildung in Paris und Venedig von 1892 bis 1911 Hofmaler von Sultan Abdülhamid II. Es entstand eine Freundscha­ft zu dessen ältestem Sohn ށehzade Mehmed Burhaneddi­n, der

Zonaros Werke sammelte, darunter auch „La Coda del Diavolo“. Nach dem Ausbruch der Revolution musste die gesamte Familie des Sultans Istanbul verlassen. Sehr wahrschein­lich sei, dass Prinz Burhaneddi­n das Bild mit nach Europa nahm. Danach verlor sich die Spur. Das Gegenstück „Dopo il Gioco – Nach dem Spiel“wurde übrigens 2010 für 200.000 Euro im Dorotheum zugeschlag­en. Die Schätzung für „La Coda del Diavolo“beträgt 100.000 bis 160.000 Euro.

Kaiserlich­e Provenienz. Stimmungsi­mpressioni­smus gehört bei den Gemälden des 19. Jahrhunder­ts zu den Dauerbrenn­ern. Vor allem die Malerinnen Tina Blau, Olga WisingerFl­orian und Leontine von Littrow sind stark nachgefrag­t. Von Tina Blau kommt ein Motiv aus dem Wiener Prater zur Versteiger­ung, das mit einer besonderen Provenienz aufwarten kann. „Frühling, Aus dem Wiener Prater“wurde 1900 auf der Pariser Weltausste­llung gezeigt und ein Jahr später im Künstlerha­us ausgestell­t. Am 19. April 1901 erwarb es schließlic­h Kaiser Franz Joseph I., der ihre Bilder schätzte. Bereits 1899 wurde eines ihrer Hauptwerke, das großformat­ige Gemälde „Frühling im Prater“, für die Kaiserlich­e Gemäldegal­erie angekauft und befindet sich heute noch in der Galerie Belvedere. Die Schätzung liegt bei 80.000 bis 120.000 Euro.

Versteiger­t wird auch ein Werk von Tina Blau, das einst Kaiser Franz Joseph I. besaß.

Das am höchsten bewertete Werk der Auktion ist eine insgesamt fast sechs Meter breite vierteilig­e PanoramaAn­sicht der Julischen Alpen des Landschaft­smalers Markus Pernhart, das auf 160.000 bis 220.000 Euro geschätzt wird. Pernhart hinterließ ein umfangreic­hes malerische­s Oeuvre über die Kärntner Kultur und Alpenlands­chaft. Dabei habe er großen Wert auf die geografisc­he Exaktheit in seinen Werken gelegt, heißt es im Katalogtex­t. Um dem Betrachter das Gefühl zu vermitteln, selbst am Gipfel zu stehen, habe er ab den späten 1850erJahr­en sogenannte Rundumblic­ke – vierteilig­e, großformat­ige Bildserien – entwickelt. Eine davon sind die Julischen Alpen.

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//// Dorotheum Das wiederentd­eckte Werk ist eine Studie für das Fresko „Schlacht an der Milvischen Brücke“im Vatikan.

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