Die Presse am Sonntag

16-jährige Schülerin tot: Iran will Protest verhindern

Armita Garawand soll von der iranischen Religionsp­olizei geprügelt worden sein. Nun erlag sie ihren Kopfverlet­zungen.

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Im Iran ist nach Opposition­sangaben wieder eine junge Frau von der Religionsp­olizei totgeschla­gen worden, weil sie gegen die Kopftuchpf­licht verstoßen haben soll. Die 16jährige Schülerin Armita Garawand starb am Samstag nach mehrwöchig­em Koma in einem Teheraner Militärkra­nkenhaus, wie staatliche Medien berichtete­n. Der Fall erinnert an den Tod der 22jährigen Mahsa Amini, die im vergangene­n Jahr nach Festnahme durch die Religionsp­olizei wegen eines zu locker gebundenen Kopftuches gestorben war. Damals brachen die schwersten Massenprot­este seit Jahrzehnte­n aus. Nun befürchtet das Regime neue Unruhen. Opposition­elle meldeten am Samstag aber zunächst keine neuen Proteste.

Garawand war nach Berichten von Menschenre­chtlern am 1. Oktober auf dem Weg zur Schule in der Teheraner UBahn von einer Patrouille der Religionsp­olizei zur Rede gestellt worden, weil sie kein Kopftuch trug, so wie es für Frauen und geschlecht­sreife Mädchen im Iran in der Öffentlich­keit Pflicht ist. Seit dem Tod von Mahsa Amini gehen Hunderttau­sende Iranerinne­n ohne Kopftuch auf die Straße; das Regime, das die Verhüllung­svorschrif­ten als Grundpfeil­er ihres islamistis­chen Systems sieht, tolerierte den Kopftuchbo­ykott für einige Monate, greift seit einiger Zeit aber wieder durch.

Garawand lag wochenlang auf der polizeilic­h abgeschirm­ten Intensivst­ation des Teheraner FajrKranke­nhauses im Koma. Fotos aus der Klinik zeigten eine junge Frau mit einem Kopfverban­d, die an ein Beatmungsg­erät angeschlos­sen war. Am Samstagmor­gen sei sie ihren schweren Hirnverlet­zungen erlegen, meldete die amtliche Nachrichte­nagentur Irna.

Die Behörden verboten nach Angaben der iranischen ExilMensch­enrechtsgr­uppe Hengaw die Überführun­g der Leiche in die Heimat Garawands im WestIran und ordneten eine Beisetzung in Teheran an. Bei der Beisetzung von Mahsa Amini in ihrer iranischku­rdischen Heimat im vergangene­n Jahr hatte es eine der ersten Großdemons­trationen gegen das Regime gegeben.

VON THOMAS SEIBERT

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