Die Liebe zum Auto in Zeiten der
Japans Automarken zählen zu den Pionieren der EMobilität, stehen aber ebenso für den abwägenden Zugang. Auf der Tokioter Automesse zeigen sie, dass sie nicht zu spät zur Party kommen.
VON TIMO VÖLKER
Braucht die Welt noch lustige Autos im Sinn von: Fahrspaß vermittelnd? – Ein fast schon frivoler Begriff in der aufgeladenen Diskussion um die Zukunft der Mobilität. Oder auch ein völlig unzulässiger, wenn man jene fragt, die sich auf Straßen kleben, auf denen sie am liebsten gar keine Autos mehr sehen wollen.
Weltweit gesehen drehen sich die Räder freilich ungebremst mit einer globalen Produktion von mehr als 85 Mio. Stück im Vorjahr (plus sechs Prozent). Und während es Märkte gibt, die zurückfallen, wie Europa (und aktuell überdurchschnittlich Österreich), tun sich andere mit beachtlichen und offenbar nachhaltigen Zuwachsraten hervor, zuvorderst Indien und Indonesien.
Gedrosselt ist das Tempo in Japan. Die Nation hat ihre langjährige Stellung als weltweit drittgrößter Automarkt im Vorjahr an Indien abgegeben. Sowohl die stark an den Export gekoppelte Produktion als auch die Zulassungszahlen im Land befinden sich im Rückgang, der Inlandsmarkt schon seit Mitte der 1990er.
Kein Torjäger. Eine Ursache ist die Altersstruktur der Gesellschaft: Ein Drittel der 124Mio.Population ist 65 Jahre oder älter; spürbar fehlen die jungen Autokäufer. Interessant auch das steile Gefälle beim Autobesitz: Während in der ländlichen Präfektur Fukui auf 100 Haushalte im Schnitt 170 Autos kommen, sind es in Tokio 42.
Ein anderes Thema haben die Hersteller mit der EMobilität ; ein Spielfeld, auf dem sie nicht gerade zu den Torjägern zählen. Toyota, Japans Nummer eins und auch weltweit größter Autohersteller, setzte im Vorjahr 9,6 Mio. Autos ab – davon gerade 25.000 rein elektrische. Bei Tesla, mittlerweile bedrängt von BYD aus China, waren es über 1,2 Millionen.
Aber es wäre nicht die Autonation Japan, hätte sie der Welt nicht ein paar konstruktive Vorschläge zu unterbreiten – mit sehr unterschiedlichen Strategien der Hersteller. Welche das sind, sahen wir uns auf der Tokyo Mobility Show an; die mit Chinas Emporkommen nicht mehr ganz so bedeutende japanische Automesse tagt zum ersten Mal seit vier Jahren wieder (geöffnet bis fünfter November).
Zurück zum Fahrspaß: Mazda hat die „Liebe zum Auto“als Leitmotiv gewählt, und welches andere Format könnte das komprimierter verkörpern als ein Roadster? Der zweisitzige MX5 steht konzeptbedingt kaum im Mittelpunkt des automobilen Geschehens, aber seit der ersten Generation von 1989 hat Mazda immerhin 1,2 Mio. Exemplare verkauft, von denen jedes einzelne eine Rolle als Markenbotschafter spielt. Ein Auto weniger für Benutzer als für Fans – von Fans, wie Mazda betont. Das in Tokio gezeigte Facelift schärft den sportlichen Charakter des MX5 nach, so gibt es einen TrackModus und Ausstattungen, die mit Zweitonlackierung und Nappaleder auch auf höhere Preise zielen.
In Japan begann der Siegeszug der Hybridtechnologie. BEVs hingegen sind bislang kaum gefragt. „Liebe zum Auto“: MazdaCEO Masahiro Moro zeigt mit dem Iconic SP die Studie eines EAutos, dem ein Wankelmotor die Reichweite verlängert. Im Notfall versorgt er auch den Haushalt mit Strom. Reuters/Issei Kato
Ein ganz neues technisches Konzept zeigt die Studie Iconic SP, ein Coupé in der Formensprache des MX5, nur eine Nummer größer, mit Scherentüren, Klappscheinwerfern und 370PSElektromotor an der Hinterachse.
Weil die Batterie gewichtsparend nur knapp 18 kWh Kapazität hat, springt ein Verbrenner als Range Extender ein – als MazdaTrademark natürlich ein Wankelmotor, der sich mit EFuels oder auch mit Wasserstoff betreiben lässt und dazu eine VehicletoGridFunktion gewährt. Im Fall eines Blackout – nach Fukushima und anderen Ereignissen kein bloßes Schreckgespenst – soll das vollgetankte Fahrzeug die Stromversorgung eines durchschnittlichen Haushalts „mit dem Notwendigsten“bis zu eine Woche lang sicherstellen. Diese „voll skalierbare“EArchitektur werde auf mehrere neue Baureihen ausgerollt.
Frech überholt. Auf Japans Straßen dominiert Hybridantrieb, wie ihn Toyota vor mehr als 25 Jahren mit dem Prius zur Marktreife gebracht hat, von Kleinwagen bis zu kleineren Bussen und Nutzfahrzeugen. Reine Elektroautos spielen bislang kaum eine Rolle. Sogar Indien verzeichnet prozentuell höhere BEVZulassungen als Japan. Japan senkt seine Emissionen mit Hybriden und traditionell mit überwiegend besonders kleinen und sparsamen Autos. Den großen SUVBoom hat das Land komplett ausgelassen.
Die Begeisterung für den batterieelektrischen Antrieb war gerade beim Marktführer Toyota bislang verhalten. Inzwischen mehren sich die Hinweise, dass der vorsichtige, abwägende Zugang der japanischen Hersteller der Marktrealität eher entspricht als der überschwängliche.
So groß werde das BEVEngagement, zeigt uns ToyotaPräsident Koji Sato (li.), hinter ihm ein ECrossover für 2026. Nissans Makoto Uchida (re.) zeigt, wie der PSHaudrauf GTR in ElektroSpielart aussehen könnte; im Hintergrund ein Vorgeschmack auf den nächsten Juke. APA/AFP