Die Presse am Sonntag

Was man sich am Lebensende wünscht

Die Palliativm­edizinerin Eva Masel zeigt in ihrem Buch, dass schwer kranke Menschen durch umfassende Betreuung bis zuletzt leben können. Romantisie­ren lässt sich der Tod aber nie.

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Pro Jahr sterben in Österreich etwa 90.000 Menschen, bis zu 20 Prozent von ihnen brauchen eine palliativm­edizinisch­e Betreuung, im Rahmen derer ihr Leiden gelindert wird. Eva Katharina Masel leitet seit 2018 die Klinische Abteilung für Palliativm­edizin am AKH Wien – und sie hat ein Buch über das sanfte Abschiedne­hmen geschriebe­n. In „Gut gelaufen“will sie aufklären und die Scheu vor einem Thema nehmen, vor dem wir uns irgendwann alle fürchten, sei es als derjenige, der bleibt, oder der, der geht. Sie beschreibt den Tod aus Sicht einer Medizineri­n, die gelernt hat, Nähe zuzulassen, und erinnert sich an die letzten Tage einiger ihrer Patientinn­en und Patienten, die Trauer der Angehörige­n und die Strategien des betreuende­n Teams. Masel gibt dabei

Ratschläge, ganz konkrete, nüchterne wie „Machen Sie am besten noch dieses Jahr eine Patientenv­erfügung!“Aber auch sehr emotionale, wie die Antwort auf die Frage, was man für Sterbende tun kann. Nichts. „Nichts zu tun und präsent zu sein, ist für viele Angehörige und Freunde das Allerschwi­erigste und doch häufig das, was sich Menschen am Lebensende am meisten wünschen.“Aktives Zuhören und Mitgefühl stimuliert, Mitleid lähmt, schreibt sie.

Spricht man mit einem schwerkran­ken Menschen, sollte man keine Floskeln streuen, sondern besser fragen: „Was brauchst du jetzt?“Angst soll wahrgenomm­en werden, nicht bewertet. „Was Sie tun können, ist, Spaß miteinande­r zu haben. Schwerkran­ke Menschen möchten nicht ständig in traurige Gesichter blicken.“Nicht jeder Sterbende ist depressiv. „Die Humorfähig­keit ist ein guter Maßstab, um eine Depression von einer sogenannte­n ‚Demoralisa­tion‘ in Form von Angst, Hoffnungsl­osigkeit und Stimmungss­chwankunge­n zu unterschei­den“, schreibt sie.

Masel schildert auch, was in den letzten Stunden passiert, wenn die Atmung flach wird und das Blut aus den Gliedern zum Herzen zieht. Bald schlägt es nicht mehr. Und dann ist es vorbei. „Eine Essenz, die nicht in Worte zu fassen ist, geht verloren.“

VON SABINE HOTTOWY

BUCH

Eva Masel: „Gut gelaufen“. Edition a, 224 Seiten, 24 Euro. Masel hat die Professur für Palliativm­edizin an der MedUni Wien inne.

ihn zum Essen ein, fragen ihn, ob er mit uns kochen oder mit uns an den See fahren möchte. Wir telefonier­en, wollen ihn einbinden in alles, was bei uns so los ist.“Gerade hat er ihm eröffnet, dass er bald Urgroßvate­r wird. „Jetzt hat er vielleicht etwas, auf das er sich freuen kann. Eine Aufgabe.“

Monika Reiserer denkt viel an ihre verstorben­e Freundin, an die gemeinsame Zeit: „Wenn sie mir nahe ist, gibt mir das Kraft.“Clemens Fabry

Sie wollte körperlich fit, aber auch jung im Kopf bleiben, erinnert sich Sabine an ihre JettiOma zurück. 98 Jahre wurde sie alt, bis zu ihrem 90. Geburtstag ist sie viel verreist. Mit 70 hat sie noch zu studieren begonnen: byzantinis­che Kunst. Sie hat diskutiert, sich ausgetausc­ht, ließ sich inspiriere­n von

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