Die grünen Oasen in der fossilen Wüste
Schon vor Beginn der Weltklimakonferenz COP28 ist die Kritik an den ölreichen Gastgebern aus dem Nahen Osten groß. Wie umwelt- und klimafreundlich sind Emirate wirklich?
Suhail Jashanmal Jhangiani sah die Mangroven brennen. Zunächst war da der Schock: Es brennen die Bäume, die halb im Wasser sind? Jhangiani versuchte etwas hilflos, zumindest einzelne Feuernester zu löschen. Er war nicht der einzige, der sich an diesem Tag im Jahr 2008 in den Mangrovenwäldern von Abu Dhabi aufhielt. Aber er war der einzige, der irgendwie zu handeln versuchte. „Es hat sich eine Apathie breitgemacht“, erzählt er heute. „Das hat mich erschüttert.“Das Erlebnis war ein Wendepunkt in Jhangianis Berufsleben.
Der Künstler und Unternehmer, dessen Familie sich vor Jahrzehnten aus Indien in den noch sehr jungen Emiraten niederließ, gründete zwei Jahre später die NGO Green Abu Dhabi. In ihrer ersten Aktion sammelten Freiwillige in den Mangrovenwäldern den ganzen Müll zusammen, der sich hier verfing. Es waren Tonnen. Heute sind die Mangroven Teil des (grünen) touristischen Programms von Abu Dhabi.
Zivilgesellschaftliche Aktionen wie die von Jhangiani gibt es zahlreiche in den Emiraten. Sie greifen Themen wie Umweltschutz und Recycling auf. Firmen
und Start-ups widmen sich der Wiederverwertung, die Firma Terrax etwa produziert aus Abfallstoffen Baumaterial oder auch Bühnen für Events: Die kleinteiligen „Plastikfliesen“werden aneinandergefügt, bis eine große Fläche entsteht. So viele Initiativen und Ideen es auch gibt, massentauglich ist der Umweltgedanke in den Vereinigten Arabischen Emiraten noch nicht. Bau, Tourismus und Haushalte produzieren Unmengen an Abfall, die zwar in den Verwertungsanlagen landen, aber längst nicht alles. Nächstes Jahr will Abu Dhabi die Einkaufstaschen aus Plastik verbieten.
Vor allem in den Haushalten bestehe noch viel Nachholbedarf, sagt Jhangiani.
„Viel hat mit den Gesetzen zu tun. Jedes Emirat hat eigene.“Das hemme etwa die gemeinsame Müllverwertung. Hinzu kommen die verschiedenen Communitys – in den Emiraten leben bekanntlich weit mehr Ausländer als Einheimische –, die unterschiedlich stark ausgeprägte Zugänge zum Thema Umwelt haben und deswegen auch unterschiedlich zu erreichen sind.
Neue Gasfelder. Die Frage nach dem Klimaschutz stellt sich im Kleinen, im Regionalen, aber eben auch im Großen. Wenn sich ab dem 30. November die internationalen Gäste für die UN-Klimakonferenz (COP) einfinden, werden sich die Emirate auch der Frage nach der Nachhaltigkeit im eigenen Land stellen müssen. Zumindest ein Diskussionsund Denkprozess wird angeregt werden, davon sind Beobachter wie Jhangiani überzeugt. Im Großen jedoch lässt sich die Diskrepanz nicht übersehen. Ausgerechnet Dubai ist Gastgeber, jenes Emirat, das seit Jahren mit Superlativen, Überfluss, Luxus und einer SkiHalle mitten in der Wüste für Schlagzeilen sorgt. Zwar wollen die Emirate ihre Emissionen bis zum Jahr 2030 reduzieren und bis 2050 klimaneutral werden, doch es bleibt fraglich, ob ihnen das gelingt. Denn Abu Dhabi will die Produktion fossiler Brennstoffe nicht drosseln, sondern ausbauen, zumal neue Gasfelder entdeckt wurden.
Die Emirate wollen bis 2050
klimaneutral werden, doch es bleibt fraglich, ob das gelingt.
Hier fahren die Emirate zweigleisig. Öl und Gas bleiben weiterhin die Stützpfeiler der Einnahmen, gleichzeitig wird in „grüne Energie“investiert. Bisher haben die Emirate mehr als 50 Milliarden US-Dollar in derartige Projekte im In- und Ausland investiert, heißt es, und weitere 50 Milliarden sollen in den nächsten sieben Jahren fließen. Erfolgreiche Projekte werfen auch beträchtliche Dividenden ab, darauf weisen Beobachter in Abu Dhabi gern hin, wenn sie nach grüner Energie gefragt werden. In jedem Fall wollen die Emirate mit der Klimakonferenz international reüssieren; bereits zur letzten Klimakonferenz schickten sie eine riesige Delegation. Der Premier, Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum, gab die Marschroute klar vor: Für die Emirate werde die COP „das wichtigste Event im Jahr 2023“, sagte er.