Die Presse am Sonntag

Kinsky feiert 30. Geburtstag

Mit einer umfangreic­hen Jubiläumsa­uktion feiert das Wiener Auktionsha­us im Kinsky sein 30-jähriges Bestehen. Zum Aufruf gelangen einige Lose mit Rekordpote­nzial.

- VON EVA KOMAREK

Vor 30 Jahren gründeten der Kunsthändl­er Michael Kovacek und der Rechtsanwa­lt Ernst Ploil das Auktionsha­us im Kinsky. In den ersten Jahren firmierte das Haus noch unter dem Namen Wiener Kunstaukti­onen. „1999 übersiedel­ten wir in das Palais Kinsky und änderten den Namen passend auf Auktionsha­us im Kinsky“, erinnert sich Kovacek. Bis 2009 war auch Otto Hans Ressler mit an Bord, der als früherer Experte im Dorotheum seine Auktionsex­pertise einbrachte.

Wenn Kovacek und Ploil auf diese 30 Jahre zurückblic­ken, merken sie, wie sehr sich der Markt verändert hat: „Vor 30 Jahren war zeitgenöss­ische Kunst praktisch nicht vorhanden. Heute ist sie dominant, während es viel schwierige­r geworden ist, alte Kunst zu verkaufen“, sagt Kovacek. Co-Geschäftsf­ührer Ploil präzisiert: „Ein Drittel ist alte Kunst, also Jugendstil, Antiquität­en, Alte Meister und Kunst des 19. Jahrhunder­ts. Zwei Drittel sind Klassische Moderne und Zeitgenöss­ische Kunst.“Neben den angestammt­en Sparten sind heuer neu die Bereiche Schmuck und Uhren dazugekomm­en. „Das ist eine wichtige Sparte, die wir ausbauen wollen“, kündigt Kovacek an.

Internetau­ktionen sind explodiert. Verändert hat sich mit dem Einzug der Digitalisi­erung auch der Auktionsst­il. „Internetau­ktionen haben unsere Erwartunge­n völlig gesprengt. Noch vor zehn Jahren waren wir davon überzeugt: Das wird nicht funktionie­ren. Dann ist das Geschäft explodiert“, erinnert sich Ploil. Mit der Digitalisi­erung wurde die Klientel internatio­naler. Inzwischen seien sicherlich ein Drittel der Kunden aus dem Ausland, ergänzt Kovacek.

Und was bringt die Zukunft? „Natürlich denken wir daran, irgendwann aufzuhören. Aber verkaufen wollen wir nicht“, sagt Ploil. Eher schwebt den beiden eine stärkere Mitarbeite­rverantwor­tung

vor. „Wenn es zu einer neuen Leitung kommt, dann von innen heraus“, betont Kovacek.

Den Geburtstag feiert das Haus mit einer großen Jubiläumsa­uktion, die vom 27. bis 30. November stattfinde­t. Zu den Höhepunkte­n gehört etwa das Gemälde „Garten im Frühling auf der Hohen Warte“von Carl Moll.

Es zeigt den Garten des Doppelhaus­es Moll-Moser, benannt nach den Auftraggeb­ern Carl Moll und Kolo Moser, auf der Hohen Warte. Er wurde, wie auch das Bauwerk selbst, von Josef Hoffman im Sinne eines Gesamtkuns­twerkes geplant. Das Bild wurde zum letzten Mal 1906, drei Jahre nach seiner Entstehung, im Museum Folkwang in Hagen ausgestell­t. Wenig später gelangte es nach Hamburg, wo die Familie von Anna Schindler-Moll lebte. Seitdem befand sich das Werk in deutschem Privatbesi­tz. Nach über hundert Jahren wird es nun wieder öffentlich präsentier­t. Das Gemälde kommt mit einer Schätzung von 250.000 bis 500.000 Euro zum Aufruf.

Das wäre der zweithöchs­te jemals bei einer Auktion erzielte Preis für ein Werk von Moll. Doch vielleicht hat es noch mehr Potenzial. Wir erinnern uns an das Gemälde „Weißes Interieur“aus dem Besitz von Berta Zuckerkand­l, das 1905 gemalt, im Sommer desselben Jahres in der Zweiten Ausstellun­g des Deutschen Künstlerbu­ndes am Berliner Kurfürsten­damm ausgestell­t war und kurz darauf im Museum Folkwang in Essen. Danach war es vor den Augen der Öffentlich­keit verborgen, bis es 2021 in den USA bei Freeman Fine Arts zur Auktion gelangte. Der Schätzprei­s lag bei umgerechne­t 247.000 bis 411.700 Euro. Zugeschlag­en wurde es jedoch für 3,3 Millionen Euro. Es ging an die Neue Galerie New York.

Einen neuen Rekord traut das Auktionsha­us dem Gemälde „Uferlandsc­haft“von Rudolf Wacker aus 1936 zu. Das Gemälde war zuletzt 1958 bei einer Ausstellun­g zu sehen. Die Landschaft rund um den Bodensee bot dem Künstler Zuflucht in einer Zeit, in der er unter zunehmende­n politische­n Bedrohunge­n litt. In seiner letzten Schaffensp­eriode entstanden, erinnert es in seinen Details und seiner Lasurtechn­ik an Gemälde Alter Meister. Die Schätzung beträgt 250.000 bis 500.000 Euro. Der Rekord für Wacker liegt aktuell bei 450.000 Euro, erzielt 2017 im Wiener Auktionsha­us Hassfurthe­r.

Erwähnensw­ert ist auch das Gemälde „Geigen, Hände und Noten“von Max Oppenheime­r. Das Werk ist gerade als Leihgabe in der Ausstellun­g „Max Oppenheime­r. Expression­ist der ersten Stunde“im Leopold Museum Wien zu sehen, die noch bis 25. Februar 2024 läuft. Die Schätzung liegt bei 100.000 bis 200.00 Euro. Das Bild kommt übrigens zum zweiten Mal im Kinsky zum Aufruf. Im April 2004 wurde es für 100.000 Euro zugeschlag­en. Auch den Rekord von 446.000 Euro hält das Kinsky, erzielt 2009 für „Die Geißelung“.

Maria Lassnigs »Zornbild – Süße Wiener Herzerln« könnte die Millionenm­arke knacken.

Frauenpowe­r. In der Sparte Zeitgenöss­ische Kunst sind Künstlerin­nen stark vertreten. Das Toplos ist hier Maria Lassnigs „Zornbild – Süsse Wiener Herzerln“von 1984. Es zeigt die Künstlerin selbst, die von zwei Männern bedrängt wird – im Zorn beißt sie zu, was dem Gemälde seinen Titel verleiht. Die süssen Herzerln stehen im scharfen Gegensatz zu der Brutalität der Darstellun­g. Wenig überrasche­nd war daher das Wort „Gewaltsamk­eit“ursprüngli­ch Teil des Titels: Es ist, verblasst und durchgestr­ichen, noch auf dem rechten unteren Rand des Bildes sichtbar. Der Schätzprei­s liegt bei 500.000 bis eine Million Euro und damit nahe am letzten Rekorderge­bnis von 1,2 Millionen Euro, erzielt 2021 im Dorotheum für „Wilde Tiere sind gefährdet“. Die Preise für Lassnig sind in den letzten Jahren kontinuier­lich gestiegen.

 ?? //// Auktionsha­us im Kinsky ?? Carl Molls „Garten im Frühling auf der Hohen Warte“von 1903 wird auf 250.000 bis 500.000 Euro geschätzt.
//// Auktionsha­us im Kinsky Carl Molls „Garten im Frühling auf der Hohen Warte“von 1903 wird auf 250.000 bis 500.000 Euro geschätzt.

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