Die ultrarechte Achse und die Ratlosigkeit
Wie umgehen mit Rechtspopulisten nach einem Wahlerfolg? Ausgrenzung hat sich bisher nicht bewährt, Koalitionen erweisen sich als schwierig.
In Feierlaune treffen am heutigen Sonntag in Florenz die Vertreter von 14 europäischen Rechtspopulistenparteien zusammen. Unter dem Motto „Identität und Demokratie“sollen künftige Allianzen in Hinblick auf die EU-Wahlen im Juni geschmiedet werden. Gastgeber ist Italiens Vizepremier, Matteo Salvini, Reden sind unter anderem von AfD-Chef Tino Chrupalla vorgesehen.
Man kann sich sicher sein: Wo „Identität“draufsteht, sind auch krawallige Töne über das „Ausländerproblem“drin. Auch wenn die Wahlerfolge von Rechts-außen-Parteien regionale Besonderheiten aufweisen, so ist es dennoch das Thema Migration, das diese Parteien an Stärke gewinnen lässt. Von einer Achse Gleichgesinnter „quer durch den Kontinent“sprach Harald Vilimsky vor der Abreise der FPÖ-Delegation nach Florenz.
Auch draußen auf den Straßen von Florenz wird mit Krawall gerechnet: Linksparteien haben Protestkundgebungen gegen die Veranstaltung angekündigt, die Polizei rüstet sich für mögliche Zusammenstöße. Das übliche Szenario. Jener, der den jüngsten und überraschendsten Wahlsieg eingefahren hat, Geert Wilders, wurde nicht persönlich in Florenz erwartet. Der Niederländer ist damit beschäftigt, eine Regierung zu bilden.
Das hat sich zuletzt in mehreren europäischen Ländern als nicht einfach für Rechtspopulisten herausgestellt: Je wilder die Wahlkampfrhetorik, desto schwieriger das Schmieden einer Koalition. Wer zu dick aufträgt, steht nach der Wahl allein da: Wilders hat sich zwar im Wahlkampf zurückgehalten, das Schließen von Moscheen, ein Verbot des Korans und ein Referendum über einen EU-Austritt gehören dennoch zu seinem Programm. So weit wird niemand anderer gehen: Mögliche Unterstützer einer Minderheitsregierung von Wilders fordern dafür eine substanzielle Entkernung seiner Politik.
Das Problem, wie mit einem Wahlsieger umzugehen ist, dessen Positionen teilweise extrem sind, könnte sich auch in Österreich stellen. Wenn nicht nach der nächsten Nationalratswahl, dann vielleicht nach der übernächsten. Denn die Ausgrenzung hat sich bisher als ebenso wenig erfolgreich herausgestellt wie das Koalieren. Nach der brutalen „Entzauberung“der türkis-blauen Koalition sonnen sich die Freiheitlichen in einem stabilen Umfragehoch. Dafür sorgt schon allein die Nachrichtenlage.
Die Polarisierung durch den NahostKrieg gefährdet auch die letzten Reste an Gesprächskultur. Der Grundkonsens über die Grenzen der öffentlichen Debatte gilt nicht mehr, Radikales und Kritik werden vermischt. Zu lang, meinen manche, habe man geschwiegen. Auf der einen Seite steht Fremdenhass, auf der anderen Realitätsverweigerung. Dazwischen bleibt wenig Platz für Mäßigung.
Die Versuchung konservativer Parteien, das Erfolgsrezept von Rechts-außen nachzukochen, ist groß. Aber die Wähler bleiben lieber beim Original, wie auch in den Niederlanden zu sehen war. Den düpierten Mitbewerbern bleibt die Option, weiter auszugrenzen oder einen Tabubruch zu begehen. Beides wird sie schwächen.
» Auf der einen Seite steht Fremdenhass, auf der anderen Seite Realitätsverweigerung. «
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