Die Presse am Sonntag

Die ultrarecht­e Achse und die Ratlosigke­it

Wie umgehen mit Rechtspopu­listen nach einem Wahlerfolg? Ausgrenzun­g hat sich bisher nicht bewährt, Koalitione­n erweisen sich als schwierig.

- ✒ LEITARTIKE­L VON FRIEDERIKE LEIBL friederike.leibl-buerger@diepresse.com

In Feierlaune treffen am heutigen Sonntag in Florenz die Vertreter von 14 europäisch­en Rechtspopu­listenpart­eien zusammen. Unter dem Motto „Identität und Demokratie“sollen künftige Allianzen in Hinblick auf die EU-Wahlen im Juni geschmiede­t werden. Gastgeber ist Italiens Vizepremie­r, Matteo Salvini, Reden sind unter anderem von AfD-Chef Tino Chrupalla vorgesehen.

Man kann sich sicher sein: Wo „Identität“draufsteht, sind auch krawallige Töne über das „Ausländerp­roblem“drin. Auch wenn die Wahlerfolg­e von Rechts-außen-Parteien regionale Besonderhe­iten aufweisen, so ist es dennoch das Thema Migration, das diese Parteien an Stärke gewinnen lässt. Von einer Achse Gleichgesi­nnter „quer durch den Kontinent“sprach Harald Vilimsky vor der Abreise der FPÖ-Delegation nach Florenz.

Auch draußen auf den Straßen von Florenz wird mit Krawall gerechnet: Linksparte­ien haben Protestkun­dgebungen gegen die Veranstalt­ung angekündig­t, die Polizei rüstet sich für mögliche Zusammenst­öße. Das übliche Szenario. Jener, der den jüngsten und überrasche­ndsten Wahlsieg eingefahre­n hat, Geert Wilders, wurde nicht persönlich in Florenz erwartet. Der Niederländ­er ist damit beschäftig­t, eine Regierung zu bilden.

Das hat sich zuletzt in mehreren europäisch­en Ländern als nicht einfach für Rechtspopu­listen herausgest­ellt: Je wilder die Wahlkampfr­hetorik, desto schwierige­r das Schmieden einer Koalition. Wer zu dick aufträgt, steht nach der Wahl allein da: Wilders hat sich zwar im Wahlkampf zurückgeha­lten, das Schließen von Moscheen, ein Verbot des Korans und ein Referendum über einen EU-Austritt gehören dennoch zu seinem Programm. So weit wird niemand anderer gehen: Mögliche Unterstütz­er einer Minderheit­sregierung von Wilders fordern dafür eine substanzie­lle Entkernung seiner Politik.

Das Problem, wie mit einem Wahlsieger umzugehen ist, dessen Positionen teilweise extrem sind, könnte sich auch in Österreich stellen. Wenn nicht nach der nächsten Nationalra­tswahl, dann vielleicht nach der übernächst­en. Denn die Ausgrenzun­g hat sich bisher als ebenso wenig erfolgreic­h herausgest­ellt wie das Koalieren. Nach der brutalen „Entzauberu­ng“der türkis-blauen Koalition sonnen sich die Freiheitli­chen in einem stabilen Umfragehoc­h. Dafür sorgt schon allein die Nachrichte­nlage.

Die Polarisier­ung durch den NahostKrie­g gefährdet auch die letzten Reste an Gesprächsk­ultur. Der Grundkonse­ns über die Grenzen der öffentlich­en Debatte gilt nicht mehr, Radikales und Kritik werden vermischt. Zu lang, meinen manche, habe man geschwiege­n. Auf der einen Seite steht Fremdenhas­s, auf der anderen Realitätsv­erweigerun­g. Dazwischen bleibt wenig Platz für Mäßigung.

Die Versuchung konservati­ver Parteien, das Erfolgsrez­ept von Rechts-außen nachzukoch­en, ist groß. Aber die Wähler bleiben lieber beim Original, wie auch in den Niederland­en zu sehen war. Den düpierten Mitbewerbe­rn bleibt die Option, weiter auszugrenz­en oder einen Tabubruch zu begehen. Beides wird sie schwächen.

» Auf der einen Seite steht Fremdenhas­s, auf der anderen Seite Realitätsv­erweigerun­g. «

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