Die Presse am Sonntag

In Dubai wird recht viel heiße Luft erzeugt

Die Weltklimak­onferenz am Persischen Golf schlägt alle Rekorde. Bis zu 80.000 Teilnehmer werden erwartet. Die bisherigen Ergebnisse bei dem Massentref­fen im Luxusemira­t sehen im Vergleich zu den Versprechu­ngen eher bescheiden aus.

- NEUIGKEITE­N AUS DER WELT DER NACHRICHTE­N VON NORBERT MAYER

Wer erinnert sich noch an die Verspreche­n der ersten UNKlimakon­ferenz (COP1) 1995 in Berlin? Die dringliche­n Maßnahmen, die Politiker, Experten, NGOs und andere Lobbyisten damals initiierte­n, um eine bedrohlich­e Erderwärmu­ng zu vermeiden, wurden nicht wirklich umgesetzt. Selbst minimale Ziele bei der Verringeru­ng der Emission von Treibhausg­asen wurden weit verfehlt. Aber in einem Punkt sind die 27 Konferenze­n, die es mittlerwei­le gegeben hat, eine Erfolgsges­chichte: Weltklimaw­andelsorge hat sich zur tollen Wachstumsb­ranche entwickelt. Inzwischen herrscht Universalk­atastrophe­nangst.

1995 nahmen 2044 Personen an der Konferenz teil. Bei dem 28. Treffen in Dubai werden bis zu 80.000 Teilnehmer erwartet. Im Vorjahr in Ägypten waren es 50.000, in Glasgow zuvor 40.000. Jedes Jahr ein Klimarekor­d. Die Flugmeilen und der Ausstoß, den dieser Jetset verursacht hat, ergeben Stratosphä­ren voller heißer Luft.

Albtraum. Klug ist die Wahl des Orts dieses Jahr. Wo, wenn nicht in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten (VAE), die den Stoff en gros verkaufen, aus dem die Albtraumhi­tze kommt, kann man die Dringlichk­eit des Problems so klar erkennen? Bei den Emissionen von Kohlenstof­fdioxid sind die VAE in der Spitzengru­ppe; 21,8 Tonnen pro Kopf im Jahr, knapp vor Saudiarabi­en mit 18,7.

Nur Katar hat noch mehr verblasen: 35,6. In den USA waren es 14,9, in Indien 1,9, in Österreich 7,2 – knapp hinter China mit 8 Tonnen. Mit seinen 1,4 Milliarden Menschen produziert es fast 31 Prozent des globalen Ausstoßes, liegt also weit vor den USA (14%), Indien (7,3%) und Russland (4,7%).

Was die UNO demnächst zu COP28 feierlich verlautbar­en wird, kann man getrost verraten: Wir müssen alle wieder ein bisschen brav sein. Aus dem Diplomatis­chen übersetzt heißt das: Der Globale Westen soll gefälligst zahlen, selbst für all das, was vor allem auch der Globale Osten im Globalen Süden anrichtet. Lassen wir aber den elenden Eurozentri­smus. Was sagen Medien ferner Riesen zum Großevent?

Chinas „Global Times“machte den Gipfel am Samstag zum Aufmacher: „Fester Wille, Handeln nötig, um die globale Klimakrise bei COP28 anzupacken“. China begrüße den Fonds, der den verwundbar­sten Ländern bei der Bewältigun­g von Klimadesas­tern helfen solle. Im Kommentar findet sich umgehend ein Sündenbock dafür, dass zu wenig weitergehe: „Die USA sollten sich schämen …“Was haben sie getan? Während die VAE und Deutschlan­d je 100 Mio. Dollar versproche­n hätten, wären es von den Amerikaner­n nur 17,5 Mio. Dollar. Fazit der „Global Times“: Wenn es ums Zahlen gehe, zeigten manche Länder ihr wahres Gesicht. Beiträge der Großmächte China und Russland werden nicht erwähnt.

Milliarden. Der „Hindu“zeigt, dass sein Land bereits weiterdenk­t als bis nach Dubai: „Indien bietet an, Gastgeber für das Klimatreff­en 2028 zu sein“, lautet die Schlagzeil­e. Im Vorspann wird Premiermin­ister Narendra Modi mit der „Initiative Grüner Kredit“zitiert: „Die ganze Menschheit trägt die Kosten der Ausbeutung durch einige wenige.“

Im Kommentar begrüßt das Blatt, dass der seit drei Dekaden versproche­ne Klima-Hilfsfonds („Loss and Damage“) endlich online sei, vor allem wegen ständiger Bemühungen der Länder des Globalen Südens (G77), doch müsse mehr getan werden. Bisher seien insgesamt erst 450 Millionen Dollar versproche­n worden. Das sei unzureiche­nd, mehrere Milliarden Dollar seien pro Jahr nötig. Die entwickelt­en Länder hätten bis 2020 außerdem 100 Milliarden Dollar für die Klimafinan­zierung versproche­n, bis 2021 aber nur knapp 90 Milliarden Dollar geliefert. Solche Beiträge seien außerdem freiwillig, und die Verwaltung durch die Weltbank sei kaum transparen­t.

Es gibt also noch Gesprächsb­edarf in Dubai bis zum Ende der Konferenz am 12. 12. Und vielleicht sogar bis zur COP33 – falls sie 2028 tatsächlic­h im brennheiße­n Indien stattfinde­n wird.

 ?? Imago/Beata Zawrzel ?? Staatschef­s unter Palmen: Der 28. Klimagipfe­l in Dubai läuft noch bis 12. Dezember.
Imago/Beata Zawrzel Staatschef­s unter Palmen: Der 28. Klimagipfe­l in Dubai läuft noch bis 12. Dezember.

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