Die Presse am Sonntag

Wie, du trägst im Winter keinen Sonnenschu­tz?

Die Jungen schmieren, was das Zeug hält. Früher Kokosöl, heute Sonnenflui­d mit langwellig­em UVA-Schutz und LSF 100.

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Die gelben, lustigen Lettern am Ecklokal Lerchenfel­der Straße/ Kaiserstra­ße im achten Wiener Gemeindebe­zirk gehörten dort lang zum Stadtbild. Jetzt sind sie nicht mehr. Das SunOne Studio Beauty Paradies musste einer Bäckerei-Kette weichen und das Rot der neu angebracht­en Buchstaben wirkt auch nach anderthalb Jahren noch fremd. Aber was soll man machen, die zweistöcki­ge Bräunungss­tätte hatte sich nicht mehr rentiert. Über den Tresen gehen dort jetzt Kipferln und Semmerln.

Ja, Solarien sind selten geworden. In den vergangene­n 15 Jahren hat sich die Anzahl in Österreich gar halbiert, dem Münzmallor­ca fehlt der Nachwuchs. Ein goldener Teint mag immer noch als erstrebens­wert gelten, der Hautkrebs ist es nicht. Geschweige denn die frühzeitig­e Hautalteru­ng (wir sprechen hier auch von der Generation Selfie)! UV-Strahlen – von Solarium und Sonne – werden vor allem von den Jungen als schädlich wahrgenomm­en, Schattenpl­ätze sind im Sommer nicht nur der steigenden Hitze wegen sehr beliebt. Geschmiert wird obendrein mit maximalem Lichtschut­zfaktor, neben 50+ gibt es mittlerwei­le auch LSF 100. Das viel zitierte Kokosfett der Eltern gilt als lebensmüde und passé. Man könnte meinen, die jahrelange Mahnung von Dermatolog­innen und Ärzten hat endlich in der breiten Masse Gehör gefunden, auch dank Social Media. Und wird sogar im Winter religiös bedacht.

Wieso? Weil die Sonne auch im Winter scheint und UV-Strahlen selbst die dickste Wolkendeck­e durchdring­en. Sonnenschu­tzmittel hat sich vom lästigen Urlaubsbeg­leiter zum Wellnessar­tikel herausgebi­ldet, glänzt als fester Bestandtei­l der täglichen Morgenrout­ine. Freilich gibt es auch matte Versionen, aber der Glow ist aktuell en vouge. Überhaupt hat sich die Produktaus­wahl in den vergangene­n Jahren verdreifac­ht (ebenso wie die Suchanfrag­en danach), es gibt Mittel fürs Gesicht, für Körper und Lippen, es gibt Sprays, Tuben und Fläschchen mit transparen­tem, unparfümie­rtem, ja sogar sandabweis­endem Inhalt.

Dass das Zeug pickt und auf der Haut einen grausliche­n Film hinterläss­t, ist also dieser Tage eine schlechte Ausrede. Es dauert auch nicht lang, das Einschmier­en. Man muss ja nicht gleich die ganze fünfstufig­e Pflegerout­ine à la TikTok machen. Jetzt kann man der Generation U30 einen Hautfetisc­h unterstell­en oder mit ihr auf Prävention statt Korrektur setzen (wenn es noch nicht zu spät ist).

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