Kunstwerte
WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN
2023 brachte die überfällige Korrektur. Prognosen für 2024 sind schwierig. Doch die gute Nachricht ist: Mit dem Ende der Spekulation kommt die Zeit der Sammler.
Vorhersagen für den Kunstmarkt für 2024 zu machen ist schwierig. Ich bin geneigt, es als Kaffeesudlesen zu bezeichnen. Schaut man sich die rein wirtschaftlichen Fakten an, dann sind ob der globalen Krisen, hohen Zinsen und eingetrübten Weltwirtschaft auch die Voraussetzungen für den Kunstmarkt nicht gerade rosig. Doch die Branche hat immer wieder bewiesen, dass sie nicht unbedingt im Gleichschritt mit der Weltwirtschaft läuft.
So hat sich der Kunstmarkt überraschend lang gegen den konjunkturellen Trend gestemmt und erst im Lauf des Jahres 2023 in eine Korrektur eingeschwenkt. Auch an der Spitze des Markts werden nun kleinere Brötchen gebacken. So musste Christie’s 2023 einen Umsatzeinbruch von mehr als 20 Prozent bekannt geben. 6,2 Milliarden Dollar setzte das Unternehmen nach eigenen Angaben 2023 um, 2022 waren es 8,4 Milliarden. Doch das aktuelle Ergebnis liegt über dem von 2019. Christie’s argumentiert, dass 2022 die Versteigerung der außergewöhnlichen Sammlung von Paul Allen das Bild verzerre. Dennoch, auch ohne Paul Allen bleibt ein Minus von sieben Prozent. Konkurrent Sotheby’s berichtete von einem stabilen Umsatz bei etwa acht Milliarden Dollar. Auch bei den internationalen Messen stagnierte das Wachstum. Das bekamen zuletzt die Galerien in Miami im Dezember zu spüren.
In Österreich zog das Dorotheum eine positiv Bilanz und berichtete vom zweitbesten Ergebnis der Geschichte. Das beste Jahr verbuchte das Wiener Auktionshaus 2022. Interessant ist, dass das Haus im Segment Gemälde des 19. Jahrhunderts den Topzuschlag erzielt hat, und zwar für Osman Hamdi Beys Gemälde „Ein Blick in den Spiegel“, das auf 1,3 Millionen Euro gestiegen ist.
Sammlermarkt. Was lässt sich aus den Entwicklungen des abgelaufenen Jahres nun für 2024 vorhersagen? Die wichtigste Erkenntnis ist wohl, dass die Spekulation aus dem Markt raus ist. Das ist für echte Sammler eine gute Nachricht, denn die Konkurrenz wird kleiner. Auch die Preiserwartungen der Verkäufer werden moderater. Allerdings hat das auch eine Kehrseite, denn mit der Aussicht auf niedrigere Preise ist der Wille, sich von Topstücken zu trennen, geringer. Es ist also damit zu rechnen, dass die gute Ware spärlicher wird.
Was die Kunst betrifft, greifen Sammler in unsicheren Zeiten wieder vermehrt auf Etabliertes. Der Hype der ultrazeitgenössischen Kunst ist vorerst vorüber. Dafür gewinnen bisher vom Markt unterbewertete oder in Vergessenheit geratene Künstler wieder an Attraktivität. Einen Aufschwung erlebte 2023 auch der Altmeistermarkt. Das könnte sich fortsetzen. Arbeiten auf Papier, allen voran Zeichnungen, werden ebenso stärker nachgefragt.