Die Presse am Sonntag

Vom Lauf der Welt

Strava, nach eigenen Angaben weltgrößte Sport-Tracking-Plattform der Welt, hat Statistike­n über 2023 veröffentl­icht. Laufen ist demnach die stärkste Disziplin, Gravelbike­n wächst am schnellste­n.

- VON TOM ROTTENBERG

Zugegeben: Es gibt da eine Unschärfe. Aber auf den ersten Blick fällt die kaum auf. Obwohl Strava, die nach eigenen Angaben größte Fitness- und Sport-Tracking-Plattform der Welt, in ihrer Jahresstat­istik ein paar zentrale Zahlen auslässt und es durchaus spannend wäre zu wissen, wie viele Aktivitäte­n 2023 da insgesamt hochgelade­n wurden – und wie sich die auf- und verteilen.

Derlei fällt wohl unter Betriebsge­heimnis. Die Fitness-Datensamml­er kommen damit durch, weil sie wissen, dass das laufende, schwimmend­e, Rad fahrende, rudernde, wandernde oder sonst wie aktive Publikum dennoch mit staunenden Augen auf das schaut, was hier über das weltweite (tatsächlic­h: westliche) Sportverha­lten verraten wird: Die Tracking-App hat 120 Millionen User. Getrackt und ausgewerte­t wird jede Form der Bewegung: Sample und Aussagen dürften somit repräsenta­tiv sein.

Strava präsentier­t also ein Ranking ohne Zahlen: Laufen war demnach auch im Vorjahr wieder die beliebtest­e Sportart und baute den Vorsprung aus. Insgesamt stieg der Anteil derer, die Läufe hochluden, 2023 laut Strava um vier Prozent. Es folgen Radfahren und Gehen. Danach – als jeweils eigene Kategorie – kommen Traillaufe­n und Gravelbike­n, Wandern, Indoorcycl­ing und Fitnesscen­ter-Workouts.

Wie gesagt: Absolute Zahlen bleibt Strava schuldig. Doch die laut dem

Trendradar um 16 Prozent mehr hochgelade­nen Trailläufe als 2022 bestätigen, was Equipment-Hersteller seit mehreren Jahren als Trend sehen: den Weg ins Gelände.

Nicht nur beim Laufen: Die Zahl der Wanderunge­n wuchs um zehn, die der Moutainbik­e-Fahrten um 13, „Gravel Rides“(also Fahrten mit geländetau­glichen Rennrädern) sogar um 55 Prozent. Dass macht „Graveln“zu der am schnellste­n wachsenden Disziplin auf der Plattform. Das bestätigen übrigens auch Probleme hierzuland­e. In der Lobau etwa sah man bei Geländerad­lern lang weg – voriges Jahr überschrit­t der Gravel-Boom aber die angeblich „kritische Grenze“: Es wird gestraft.

Gleichzeit­ig flaut das während Covid nach oben geschossen­e Straßenrad­fahren aber nicht ab: Die Zahl der mehr als 100 Kilometer weiten Fahrten stieg um fünf Prozent. Und E-Bike-Fahren ist Sport. Sagen die, die es tun: Die so getrackten „Rides“schossen um „eye popping“(© Strava) 23 Prozent nach oben.

Generation Z radelt. Aufschluss­reich sind auch die Detailanal­ysen: So stieg der Anteil der Alltagsrad­ler innerhalb der Generation Z (geboren zwischen 1995 und 2010) auf 17 Prozent. Vor fünf Jahren lag er bei acht – ein Indiz für ein anderes Mobilitäts­bewusstsei­n. Bei den „Boomern“(Jahrgang 1946–1964) sank der Anteil von neun auf sieben Prozent.

Erhoben wurde – bei rund 7000 Tiefeninte­rviews – aber auch, was Menschen vom Training abhält. Da haben Männer andere Sorgen als Frauen: 13

Prozent der Männer hält der Haushalt vom Sport ab. Jede zehnte Frau beklagt das Fehlen sicherer (Trainings-)Umfelder.

Irreführen­der Boom. Klar: Jahresstat­istiken veröffentl­ichen auch andere Plattforme­n. Doch im Gegensatz zu Polar, Garmin & Co. laufen bei Strava Daten unterschie­dlicher Marken zusammen. Das ergibt ein breiteres Bild als das eines einzelnen Hersteller­s, der oft bestimmte Zielgruppe­n mehr anspricht. Garmin etwa. Dort sucht man absolute Zahlen ebenfalls vergebens, findet aber in den (mit Strava grosso modo übereinsti­mmenden) Kategorien spannende Details: Bei Garmin legte Bahnlaufen (also am Sportplatz) um sagenhafte 76 Prozent zu. Ein Boom? Nein, eher die bessere Platzierun­g und Usability der Lauf-Detail-Einstellun­gen auf einigen neuen, 2023 auf den Markt gebrachten Garmin-Laufuhren.

Nebenbei: Aus solchen Statistike­n herauszule­sen, dass insgesamt mehr gesportelt wird, wäre falsch. Das betont der Wiener Sport- und Freizeitfo­rscher Peter Zellmann seit Jahrzehnte­n, sobald angesichts solcher Statistike­n von „mehr Sport“geschriebe­n wird: Der sportelnde Anteil der Bevölkerun­g ändert sich nämlich nicht. „Ein Drittel ist unerreichb­ar für Bewegung. Ein Drittel würde gern, kommt aber nicht hoch. Und ein Drittel ist aktiv : Veränderun­gen und Sporttrend­s sind ausschließ­lich Verschiebu­ngen in dieser Gruppe.“

Der ganze Report: https://bit.ly/ StravaTren­dReport202­3

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//// Anna Anikina/getty Images Laufen war im Vorjahr nicht nur die beliebtest­e Sportart, sondern baute seinen Vorsprung auch weiter aus.

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