Digital Detox ist für viele eine bedrohliche Vorstellung
Seit es Smartphones gibt, gibt es das Bedürfnis nach einer Pause davon. Wirklich abschalten will aber kaum jemand. Digital-Detox-Expertin Monika hat dennoch ein paar Tipps, wie man die Bildschirmzeit reduziert und die Überforderung zumindest reduziert.
Eigentlich wäre es ganz einfach. Man drückt einen Knopf und Ruhe ist. Nur, dass das kaum jemand schafft. Was, wenn doch eine wichtige Nachricht eintrudelt, wenn ich schnell etwas nachschauen muss oder wenn gar jemand anruft. Es fällt uns gar nicht so leicht, das Smartphone zu ignorieren.
„Die Frage nach einem bewussten Umgang mit Medien gab es schon vor dem Smartphone, früher ging es ums Fernsehen oder auch das Radio. Aber mit dem Smartphone ist die Art der Mediennutzung explodiert“, sagt Monika Schmiderer. Sie ist Autorin mehrerer Fachbücher zum Thema Digital Detox und Achtsamkeit. Früher hat sie auch Digital-Detox-Kurse abgehalten, heute macht sie das nicht mehr. Schlicht, weil die Nachfrage danach nicht mehr da ist.
Wobei, ganz so stimmt das nicht: Unternehmen buchen sie nach wie vor, um Kurse oder Vorträge zu halten, weil sie um die negativen Auswirkungen wie Fehleranfälligkeit wissen.
Dass Privatpersonen wegen Digital Detox zu ihr kommen würden, sei aber nicht (mehr) der Fall. Wenn, dann werde diese Frage in allgemeinen Achtsamkeitsseminaren behandelt. „Die Hürde ist riesengroß. Die Vorstellung, einen Tag lang offline zu sein, ist für viele bedrohlich und unvorstellbar.“Den meisten Menschen sei einfach nicht bewusst, dass sie an einem zu viel an Bildschirmzeit leiden. „Dann werden der Chef, die Kinder oder die Menschen im Alltag dafür verantwortlich gemacht, dass man gestresst ist, aber nicht die Mediennutzung. Wir schreiben das Leid, das uns die Mediennutzung zufügt, nicht der Mediennutzung zu.“
Eine digitale Abstinenz sei für viele Menschen gar nicht erstrebenswert. Statt von Digital Detox sei deshalb eher von digitaler Balance oder digitaler Resilienz die Rede. Um seine Mediennutzung zu ändern, braucht es aber zuerst eine bewusste und ehrliche Selbstbeobachtung: Also, wann greife ich zum Handy und warum – etwa aus Langeweile oder Einsamkeit – und was könnte man stattdessen machen. Vielen fällt das nicht leicht, wir neigen auch dazu, unseren eigenen Medienkonsum zu verharmlosen.
Zwei-Stunden-Regel. Wer die Bildschirmzeit reduzieren will, kann etwa die Zwei-Stunden-Regel berücksichtigen: In der ersten Stunde nach dem Aufstehen und der letzten vor dem Schlafengehen ist das Handy tabu. „Für viele Menschen ist das völlig unerreichbar, das war vor sechs oder sieben Jahren noch anders.“Schmidinger rät auch dazu, „einen Gang höher zu schalten“, also zu telefonieren, statt Nachrichten zu schreiben, oder sich zu treffen statt zu telefonieren. Auch nicht benötigte Push-Nachrichten zu deaktivieren, hilft. Es macht einen Unterschied, ob man das Smartphone aus eigenem Antrieb in die Hand nimmt oder weil es mich dazu auffordert. Und: Das Handy außer Sichtweite geben.
Zur digitalen Resilienz gehört der gesunde Umgang damit, etwa auf sozialen Medien nur jenen Menschen zu folgen, die mir guttun und mich nicht deprimieren. All das hilft, die Überforderung, die ein zu viel an Mediennutzung bringen kann, einzudämmen. „Es lohnt sich, einen Schritt in Richtung digitale Balance zu gehen. Jede kleine Änderung ist ein großer Gewinn.“