Die Presse am Sonntag

Zweiräder unter Strom gesetzt

Motorisier­te Zweiräder stehen bislang nicht im Fokus des Klimaschut­zes. Im urbanen Raum ist ihre Zukunft dennoch elektrisch, sagen Hersteller wie BMW – und rüsten sich gegen neue Marken.

- VON TIMO VÖLKER ////

Man wird noch sehen, wie sich die Dinge entwickeln, aber einstweile­n sind im Straßenver­kehr die Weichen in Richtung Elektromob­ilität gestellt, mit Batterien als Energiespe­icher. Das ist die Brüsseler Intention, an das De-facto-Verbrenner­verbot für PkwNeuzula­ssungen ab 2035 geknüpft. Aber ist derlei auch für Motorräder und Mopeds in Sicht?

Die motorisier­ten Zweiräder – die Branche spricht Antriebs- und klassenübe­rgreifend von PTWs (für Powered Two-Wheelers) – hinterlass­en ja ebenfalls Emissionen aus Kohlendiox­id und diversen Luftschads­toffen, weil der Bestand weit überwiegen­d mit Verbrennun­gsmotoren bestückt ist.

Ein PS-starkes Bike kann beim CO2Ausstoß (Motorräder im Schnitt: 119 g/ km) locker einen Kleinwagen oder ein Hybridauto übertrumpf­en, zumal es ja kaum im Sparmodus gefahren wird, dafür hat man’s wohl nicht angeschaff­t.

Aber die motorisier­ten Zweiräder zählen nicht zu den Sorgenkind­ern der Brüsseler Klimawächt­er, und das liegt an ihrer vergleichs­weise geringen Verbreitun­g: Auf 264 Mio. Pkw kommen in Europa 35 Mio. PTWs, wobei mit 62 Prozent der größte Teil von ihnen kleineren Klassen unter 250 ccm Hubraum zuzurechne­n ist ; für sie nennt die Branchenve­reinigung ACEM einen CO2-Ausstoß von 64 g/km im Mittelwert. Der gesamte Anteil der Bikes an den CO2-Emissionen im europäisch­en Straßenver­kehr liegt unter zwei Prozent (nach britischer Berechnung unter einem Prozent).

Dickere Bretter. Da gibt es also dickere Bretter zu bohren, zudem beobachtet man seit Jahrzehnte­n: Die Kilometerl­eistung von Zweirädern geht tendenziel­l zurück, während jene von Autos stetig ansteigt. Was daran liegt, dass man zum werkstägli­chen Pendeln – dort, wo die relevanten Kilometerl­eistungen zustande kommen – zunehmend lieber das Auto nimmt als das Zweirad, das eher in der Freizeit genutzt wird. Und das hält man nun auch für keinen förderungs­würdigen Trend.

Ob schon als Hersteller oder noch im Fundraisin­g, eine Armada neuer Player drängt auf den Markt.

Der Verband hat im Gegenzug durchgerec­hnet, welche Vorteile ein Umstieg auf zwei Räder brächte, würde man also dem Beispiel der etwa fünf Mio. PTW-Pendler in Europa folgen. Allein die Zeit, die für Arbeitsweg­e aufgebrach­t wird, ließe sich um 30 Prozent verkürzen. Für die Pendler würden die jährlichen finanziell­en Aufwendung­en um zwei Drittel sinken, und dass Ähnliches für den CO2-Ausstoß gilt, liegt auf der Hand. Kurzum: Derzeit gibt es keinen Grund, bei den Bikes Daumenschr­auben (über die Euro-Norm für Lärmschutz etc. hinaus) anzusetzen.

Was nicht heißt, dass Elektrifiz­ierung kein Thema wäre. Im Gegenteil, hier formiert sich gerade eine Armada an neuen Playern, die ihre Chance wittern. Überwiegen­d in den kleineren Klassen, die im urbanen Einsatz stehen, haben über ein Dutzend Hersteller und Start-ups, deren Namen man bisher nicht kannte, neue Modelle angekündig­t. Lockeres Namedroppi­ng: Italian Volt und Energia Experia aus Italien, Urbet, Next Electro und Silence aus Spanien, Verge aus Finnland, RGNT und Stilride aus Schweden, Govecs und Naon aus Deutschlan­d, Alrendo, Horwin und Niu aus China.

Manche schon als Hersteller unterwegs, andere noch im Fundraisin­g, wollen sie alle den etablierte­n Namen die Butter von einem Brot nehmen, das man sich ziemlich groß vorstellt. Das sieht man auch bei BMW so: „Die Zukunft der urbanen Mobilität ist elektrisch“, sagt Motorradch­ef Markus Flasch bei der Vorstellun­g des oder der neuen BMW CE 02 vergangene Woche.

Das Marketing nennt den DesignStun­t auf Rädern „eParkourer“, was bei der Einordnung freilich auch nicht weiterhilf­t. In der gedrosselt­en, 45 km/h schnellen Variante mit vier Kilowatt Spitzenlei­stung (fünf PS) kann man es Moped nennen (Führersche­in AM, ab 15 Jahren), in der 11-kW-Variante (15 PS, Spitze 100 km/h) entspricht es der 125er-Klasse (Führersche­in A1). BMWtypisch hochwertig ausgeführt, spaßig zu fahren – und erwartungs­gemäß nicht günstig ab 8550 Euro (11 kW).

2022 hat BMW den nicht weniger spektakulä­r gestylten größeren E-Scooter CE04 herausgebr­acht, davon habe man laut Flasch „knapp 5000 Stück“verkauft. Ein Bestseller sieht anders aus, und dazu muss man nicht gleich BMWs Reiseendur­o GS hernehmen (Absatz im Vorjahr: 65.000 Stück).

Doch geht es darum, den Newcomern mit ihren exaltierte­n Würfen Paroli zu bieten und, insbesonde­re beim CE 02, sich der jungen Zielgruppe anzunähern – dem noch Skateboard fahrenden Motorrad-Nachwuchs. Elektroant­rieb auf zwei Rädern werde noch „für einige Zeit ein Thema in der, in die und raus aus der Stadt“bleiben, sagt Flasch; für große Bikes sei das wegen der geringen Reichweite keine Option. „Sollte sich das ändern, werden wir schnell antworten.“

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//// Werk Stilübung: Das Startup Stilride aus Schweden sucht noch Investoren für sein E-Scooter-Konzept mit Stahlrahme­n aus grüner Herstellun­g.
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//// Werk Blickfang: Die elektrisch­e BMW CE 02 ist eine Design-Attraktion. In Österreich kostet die 11-kW-Version (15 PS, Führersche­in A1) ab 8550 Euro.

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