Die Presse am Sonntag

Europa gibt sich neue Schuldenre­geln

In den Verhandlun­gen um eine Reform der EU-Regeln ist ein Durchbruch erzielt worden. Worum es dabei geht.

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Wien. Lang wurde in Brüssel verhandelt, in der Nacht auf Samstag gelang den Vertretern des Europaparl­aments und der nationalen Regierunge­n dann der Durchbruch: In der EU wird es künftig neue Schuldenre­geln geben. Vorgesehen ist nun, dass beim Abbau von zu hohen Defiziten und Schuldenst­änden die individuel­le Situation von Ländern stärker als bisher berücksich­tigt wird. Zugleich soll es für hoch verschulde­te Länder Mindestanf­orderungen für die Rückführun­g von Schuldenst­andsquoten geben.

Länder mit einer Schuldenqu­ote von über 90 Prozent der Wirtschaft­sleistung müssen ihre Schuldenst­ände künftig um mindestens ein Prozent pro Jahr reduzieren, moderat verschulde­te Staaten mit einer Quote zwischen 60 und 90 Prozent nur um 0,5 Prozent. Im Vergleich zu den bisherigen Regeln ist das Tempo damit deutlich geringer. Nationen mit einem Defizit von mehr als drei Prozent – diese Obergrenze bleibt bestehen – müssen dieses in Zeiten des Wachstums auf 1,5 Prozent halbieren, um einen Puffer für schwierige Zeiten aufzubauen. Die neuen Regeln geben den Ländern zudem sieben statt bisher vier Jahre Zeit, um Schulden und Defizit abzubauen.

EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen begrüßte die Übereinkun­ft. „Die neuen Regeln werden es den EU-Ländern ermögliche­n, in ihre Stärken zu investiere­n und gleichzeit­ig ihre öffentlich­en Finanzen zu konsolidie­ren“, schrieb sie auf dem Kurznachri­chtendiens­t X. Auch der österreich­ische Finanzmini­ster, Magnus Brunner, meldete sich am Samstag zu Wort. Die neuen Fiskalrege­ln seien entscheide­nd für die zukünftige Wettbewerb­sfähigkeit Europas, sagte er. „Wichtig war uns, dass das neue Regelwerk auch nach Verhandlun­gen mit dem Parlament sicherstel­lt, dass wir in Europa ambitionie­rte Schuldenab­baupfade verfolgen und nachhaltig­e Budgets erstellen müssen.“

Damit die Reform des Stabilität­sund Wachstumsp­akts auch in Kraft treten kann, muss die Einigung noch vom EU-Ministerra­t und vom Plenum des Europaparl­aments bestätigt werden. In der Regel ist dies allerdings nur eine Formsache. (ag.)

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