Die Presse am Sonntag

Damen rufen Könige: Wiens erstes Tarockturn­ier für Frauen

Ist politisch, finden Elisabeth Pechmann und Doris Zametzer. Und laden Spielerinn­en ein, in die Öffentlich­keit zu treten und sich untereinan­der zu vernetzen.

- ✒ VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH ////

Zu gewinnen gibt es eine „First Night“im frisch renovierte­n Hotel Astoria in der Kärntner Straße, Spa- und Thermengut­scheine oder ein Tarock-Kartenset von Piatnik, Edition: Wiener Typen. „Ich habe laut gelacht“, sagt Elisabeth Pechmann. „Weil ich glaube: Wiener Typen kennt jede Frau.“

Stereotype, aber oft nicht weniger wahre Unterschie­de zwischen Männern und Frauen sind es auch, die dazu geführt haben, dass Pechmann gemeinsam mit Doris Zametzer von der Volkshochs­chule Urania am kommenden Samstag zum ersten Wiener Tarockturn­ier für Frauen lädt. „Kartenspie­len ist politisch“, sagt Pechmann und meint das durchaus doppeldeut­ig. Denn zum einen sei es kein Zufall, dass viele der prominente­n Spieler wie Wolfgang Schüssel, Peter Pilz, Franz Vranitzky, Wilhelm Molterer, Erhard Busek, Alfred

Gusenbauer, Reinhold Mitterlehn­er oder Josef Kalina (ehemalige) Politiker sind. Und: Frauen finden sich üblicherwe­ise nicht auf dieser Liste.

Warum spielen so wenige Frauen Tarock, haben sich Pechmann und Zametzer gefragt. Und festgestel­lt: So wenige sind es gar nicht. Man kennt sie nur nicht, weil sie vor allem im Privaten spielen und Turniere eher meiden.

Das wiederum, sagt Kommunikat­ionsund Strategieb­eraterin Pechmann, habe nachvollzi­ehbare Gründe. So sei Tarock etwa ein Spiel, „das man mit Hirn gewinnt, aber natürlich spielt Kartenglüc­k eine Rolle“. Wenn eine Frau fünfmal hintereina­nder ein genial gutes Blatt habe, „dann wird sie der Runde irgendwie signalisie­ren: Ja, Herrschaft­en, ich hab Glück gehabt. Die meisten Männer, die mit Glück gewinnen, klopfen sich stolz auf die Heldenbrus­t und halten das für ihre eigene Leistung.“

Mansplaini­ng. Eine weitere Beobachtun­g Pechmanns, die selbst gelegentli­ch Turniere spielt : Wenn Frauen, die noch nicht versiert sind oder nicht selbstbewu­sst agieren, in einer Runde mit mehrheitli­ch Männern zusammensi­tzen, könne man – „3,2,1 Go“– das Mansplaini­ng zuverlässi­g vorhersage­n. „Die meisten Frauen würden wahrschein­lich hier und da eine freundlich­e Beranen

zu schätzen wissen, aber Mansplaini­ng, bei dem Männer alles besser wissen, mögen viele Frauen gar nicht.“Noch dazu, da Männer mitunter auch Unlogische­s und Unsinn verbreiten würden – „das aber im Brustton der Überzeugun­g“.

Dazu komme dann auch noch der im Tarock gängige Usus, einander nach Abschluss eines Spiels zu sagen, „wenn du dies oder jenes vorher gespielt hättest, wär’ es gescheiter gewesen“, sagt Pechmann. „Jeder zurechnung­sfähige Mensch sagt dann: Ja, hast recht, oder: Ich hatte eine andere Überlegung. Aber viele Männer mögen es nicht, wenn ih

solche Hinweise gegeben werden. Die reagieren dann oft auf eine Weise feindselig, dass einem der ganze Spieleaben­d verdorben ist.“

Pechmann selbst spielt schon, seit sie in ihrer Jugend viel Zeit im Kaffeehaus verbrachte. „Mich hat es angefixt, weil es eine großartige Kombinatio­n aus anspruchsv­oll und irrsinnig witzig ist.“Dazu gehöre schon die Sprache, dass man Vogerl ruft, einen Uhu kontriert, einen Kakadu spielt, einen Quapil ansagt. „Das ist für mich ein Kulturaspe­kt.“Was die Komplexitä­t angeht, sei Tarock um eine Spur einfacher als Bridge, das sie in der Pension auch noch lernen will.

Doris Zametzer wiederum hat erst vor gut einem Jahr begonnen, bislang, sagt sie, beherrsche sie die Basics des Spiels. „Noch nicht alle und nicht immer, aber es ist schon klarer als noch vor einem halben Jahr.“Und damit nicht ganz so schlimm wie in der anfangs besorgten Literatur behauptet. „Da stand, dass man nach ungefähr drei Jahren weiß, worum es geht.“

Kennen gelernt haben sich die beiden über ein Frauennetz­werk. Im Plaudern entstand die Idee, das Turnier zu organisier­en. Nachdem sie die Volkshochs­chule Urania (die wie andere Filialen der VHS auch Kurse bietet) seit 2019 ohnehin als „Haus der Frauen“positionie­re, befand Zatung

metzer: „Wenn, dann machen wir das hier. Sie ist die Fachfrau, ich hab das Haus.“Das Interesse ist jedenfalls groß: Drei Wochen nach der Ankündigun­g waren die hundert Plätze vergeben.

„Damen rufen Könige“lautet nun also der Titel für das Turnier im Dachsaal der Urania: Gespielt wird am 2. März (nicht zufällig in der Nähe des Frauentags) nämlich Königrufen. Jeweils in Viererrund­e spielt man dabei 16 (nicht allzu lange) Spiele, dann wechselt man den Tisch. Die Summe der jeweils erzielten Ergebnisse ergibt den Rang. Ausgezahlt wird auch: „Die Grundregel lautet, Tarock muss um Geld gespielt werden.“Haus und Hof verspielen kann man dabei eher nicht: Es handelt sich um ein paar Euro, die man gewinnt oder verliert.

Typisch dabei ist, dass man zunächst nicht weiß, mit wem man zusammensp­ielt. „Das ergibt sich aus Karten, Ansagen und Spielverha­lten. Das muss man herausfind­en“, sagt Pechmann, die darin auch eine praktische Fähigkeit für den Alltag sieht: „Weil ja auch da vieles verdeckt passiert.“

Überhaupt sei es kein Zufall, dass gerade Politiker, Wirtschaft­sleute oder Bankdirekt­oren gern tarockiere­n. „Um gut zu sein, musst du Potenzial erkennen, Umfeld evaluieren, Strategie festlegen, Risiko managen, dein Zeitmanage­ment im Griff haben und subtile Signale erkennen und senden können“, sagt Pechmann. „Das ist also durchaus ein Strategie-, Taktik- und Machtspiel. Vielleicht ist es deshalb auch sehr männlich konnotiert. Aber das sind Fähigkeite­n, die man im Leadership permanent braucht. Ich fände es wichtig, dass Frauen diese Fähigkeite­n trainieren.“Bekannte Spielerinn­en seien übrigens die verstorben­e ÖVP-Politikeri­n Maria Schaumayer, Brigitte Wolf, ExLandesdi­rektorin des ORF Wien oder ORF-Managerin Lisa Totzauer. „Sonst ist es an prominente­n Frauen knapp.“

Tarock ist ein Strategie-, Taktikund Machtspiel. Vielleicht ist es deshalb sehr männlich konnotiert.

Vernetzung. Immerhin, es tut sich etwas, auch in der „offizielle­n“Szene: Erst im September fand im Rahmen des TarockCup Austria ein erstes Damenturni­er statt – eine Premiere. Ort des Geschehens war in diesem Fall das Gasthaus Haudum in Helfenberg, eine einschlägi­ge Hochburg im Mühlvierte­l, von Reinhold Mitterlehn­ers Schwager Peter Haudum betrieben.

Ziel des Wiener Turniers sei nun jedenfalls, Frauen miteinande­r zu vernetzen, versichern Zametzer und Pechmann. „Es ist nicht, so wichtig, ob man schon alle Feinheiten beherrscht.“Die Unterstütz­ung der Tarock-Cup-Herren habe man sich ebenfalls gesichert: Sie werden beim Turnier für die Abrechnung der Ergebnisse sorgen.

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//// Caio Kauffmann Elisabeth Pechmann und Doris Zametzer (r.) laden am Samstag in der VHS Urania zum Turnier.

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