Die Presse am Sonntag

»Das ist inzwischen mehrfach widerlegt.«

Eine dänische Studie kam vor einigen Jahren zu dem Schluss, dass Vasektomie­n das Prostatakr­ebs-Risiko erhöhen. Inzwischen ist man sich in der Fachwelt sicher, dass es diesen Zusammenha­ng nicht gibt.

- VON SABINE MEZLER-ANDELBERG ////

Die Zahlen klangen beängstige­nd: 2020 publiziert­en dänische Forscher eine Studie, laut der sich das Risiko eines Manns, an Prostatakr­ebs zu erkranken, nach einer Vasektomie um bis zu 15 Prozent erhöht. Die Studie sorgte dementspre­chend für viel Unruhe sowohl unter potenziell­en Patienten als auch in der urologisch­en Fachwelt.

Entwarnung in der Fachwelt. Mittlerwei­le gibt man aber in der Forschung Entwarnung, weil diverse andere Studien zu dem Ergebnis kommen, dass sich dieser Zusammenha­ng nicht verifizier­en lässt. „Das ist inzwischen mehrfach widerlegt“, berichtet auch Kadir Tosun, Urologe, Androloge und Oberarzt an der IMI-Kinderwuns­chklinik in Wien, und zitiert unter anderem eine DavenportS­tudie.

„Ganz im Gegenteil gibt es inzwischen Studien, die eine geringere Mortalität bei vasektomie­rten Patienten mit Prostatakr­ebs zeigen, da diese oft besser untersucht werden und der PSA-Wert, der Prostatakr­ebs-Tumormarke­r, abgenommen wird, wodurch diese eine höhere Früherkenn­ung bei Krebs haben“, sagt Tosun. Worin womöglich ein Grund für die seinerzeit­ige Auswertung des Datenmater­ials liegen könne.

„Männer, die sich vasektomie­ren lassen, sind in der Regel sehr mündige, aufgeklärt­e Patienten, die zum Urologen gehen – wo dann eben auch eine eventuelle Krebsdiagn­ose gestellt wird“, erklärt der Mediziner, der selbst schon über 1000 Eingriffe vorgenomme­n hat. Er hat auch eine Erklärung, wie es zu dieser Interpreta­tion gekommen ist. „Ich vermute, dass das statistisc­h fehlinterp­retiert wurde. Wir sind uns jedenfalls in der urologisch­en Welt einig, dass eine Vasektomie nicht mit Prostatakr­ebs assoziiert werden kann.“

»Wir sind uns jedenfalls in der urologisch­en Welt einig, dass eine Vasektomie nicht mit Prostatakr­ebs assoziiert werden kann.« KADIR TOSUN Urologe, Androloge und Oberarzt an der IMI-Kinderwuns­chklinik in Wien

Risiken in der Ernährung.

Zusammenhä­nge sieht der Mediziner hingegen eher in einem anderen Bereich, nämlich zwischen der Lebensweis­e sowie Ernährung und Prostatakr­ebserkrank­ungen. „Wenn man sich mit dem Risiko Prostatakr­ebs beschäftig­t, stellt man fest, dass dieser in jenen Industriel­ändern häufiger vorkommt, in denen viel Fast Food und Ähnliches gegessen wird“, so der Urologe. „Während es in Ländern wie Japan, wo die Ernährung traditione­ll gesünder ist, eine sehr niedrige Inzidenz gibt.“

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