Die Presse am Sonntag

»Die Perücke ward grau«: Witze bei Kant

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In der „Kritik der reinen Vernunft“kommt das Wort Witz zehnmal vor, meist als eine Art von „Erkenntnis­kraft“. Einmal aber auch in Kants witziger Zurückweis­ung des ontologisc­hes Gottesbewe­ises: Dass aus dem Begriff eines vollkommen­en Wesens folge, dass es auch existiere, weil es ja sonst nicht vollkommen wäre, sei „eine bloße Neuerung des Schulwitze­s, aus einer ganz willkürlic­h entworfene­n Idee das Dasein des ihr entspreche­nden Gegenstand­es selbst ausklauben zu wollen“. Und einmal als „Mutterwitz, dessen Mangel keine Schule ersetzen kann“. Diesen ordnet Kant der quasi intuitiven Urteilskra­ft zu, der er ja später seine dritte „Kritik“widmen sollte.

In dieser, der „Kritik der Urteilskra­ft“, in der es nach dem Wahren („Kritik der reinen Vernunft“) und dem Guten („Kritik der praktische­n Vernunft“) um das Schöne geht, erzählt Kant tatsächlic­h drei Witze. Einer besteht eigentlich nur aus dem witzigen Ausdruck, dass einem Kaufmann vor Gram über den Verlust seines Vermögens „die Perücke grau ward“.

Der zweite Kantsche Witz ist von der Art unserer Burgenländ­er- oder Ostfriesen­witze: Ein Indianer wundert sich, dass aus einer „Bouteille mit Ale“so viel Schaum kommt. Der Engländer fragt: „Was ist denn hier sich so sehr zu verwundern?“Worauf der Indianer (wieder im O-Ton Kants) antwortet: „Ich wundere mich auch nicht darüber, dass es herausgeht, sondern wir ihr’s habt hereinkrie­gen können.“Darüber lachen wir, so Kant, „nicht weil wir uns etwa klüger finden als diesen Unwissende­n“, sondern: „Unsre Erwar

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