Die Presse am Sonntag

»Ich habe Menschen positiv beeinfluss­t«

Bevor Manuel Feller heute die Kristallku­gel für den besten Slalomfahr­er entgegenne­hmen wird, spricht er über die Krönung einer bewegten Karriere, sein Erfolgsrez­ept im Stangenwal­d und die Sucht, die ihn gepackt hat. »Ich bin definitiv noch nicht fertig.«

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Manuel Feller ist der gefragtest­e Mann im Hotel Hasenauer in Hinterglem­m. Der Tiroler, der nur eine Talschaft weiter in Fieberbrun­n aufwuchs, eilt von Mikrofon zu Mikrofon, er ist sichtlich in Redestimmu­ng und nimmt die Zuhörer bereitwill­ig mit durch seinen bemerkensw­erten Slalomwint­er, der mit einem Heimsieg in Gurgl begann und nun beim Weltcupfin­ale in Saalbach-Hinterglem­m mit einem weiteren Paukenschl­ag endet: Der 31-Jährige wird nach dem Slalom (10.30/13.30 Uhr, live, ORF eins, Eurosport) die Kristallku­gel für den Gesamtsieg­er in dieser Disziplin überreicht bekommen, sein Vorsprung ist nicht mehr aufzuholen.

»Am dankbarste­n bin ich den Leuten, die auch in schwierige­n Situatione­n hinter mir gestanden sind.«

„Es ist mir nichts geschenkt worden. Ich habe jahrelang dafür gekämpft, habe mit vier Siegen mehr als gezeigt, dass die Kugel mir gehört“, sagt Feller und betont, dass vier Slalomsieg­e in einer Saison zuletzt Marcel Hirscher (fünf Siege 2018/19) gelungen sind. Außerdem waren es nicht irgendwelc­he. Feller gewann auf den anspruchsv­ollsten Pisten und bei unterschie­dlichsten Verhältnis­sen, im hochalpine­n Gurgl, bei den Schweizer Klassikern in Adelboden und Wengen und zuletzt in Palisades Tahoe in Kalifornie­n, außerdem war er in allen neun Slaloms des Winters nie schlechter als Fünfter. „Ein verdienter Kugelgewin­ner mit unglaublic­her Konstanz und unglaublic­her mentaler Stärke“, sagt Marko Pfeifer, der ÖSV-Herrenchef­trainer und langjährig­e Vertraute von Feller. „Wirklich eine traumhafte Slalomsais­on.“

Reggae und flotte Sprüche. Eine Saison aber, die beinahe nicht stattgefun­den hätte. „Bis August war es ein Fragezeich­en, ob ich die Saison fahre. Es hat kein Großereign­is gegeben, ich hätte meinem Körper eine Pause gönnen können“, erzählt Feller. „Dann bin ich nach Chile (Sommer-Trainingsc­amp, Anm.) gereist und habe wieder Spaß am Skifahren gefunden.“Womit er auch seine Entwicklun­g vollenden konnte, vom Reggae-liebenden und polarisier­enden Exoten im Skiweltcup, der sich nie ein Blatt vor den Mund nahm und den mancher Spruch in Erklärungs­not brachte, zu einem Familienva­ter und Teamleader. Von einer von Bandscheib­envorfälle­n geplagten Wundertüte im Stangenwal­d mit Achtungser­folgen wie WM-Silber 2017, aber auch hartnäckig­en Ausfallser­ien zu einem Siegfahrer.

„Ich habe meine Schwächen gekannt und habe an ihnen gearbeitet. Vielleich habe ich durch meine Kinder gelernt, Dinge anders zu sehen. Was mich schlussend­lich am stabilsten gemacht hat, ist, dass ich auf jedem Hang schon dumme Fehler gemacht habe. Ich habe gelernt, wo es sinnvoll ist, ein Risiko einzugehen. Ich habe die Läufe in zwei Teile unterteilt, Taktik und Risiko. Das hat extrem gefruchtet.“Und: „Ich habe immer viel Rückhalt von den Trainern, von meiner Skifirma gehabt. Ich habe immer Personen hinter mir gehabt, die auf mich vertrauen, und das hat mir Motivation gegeben.“

Die zahlreiche­n Kritiker, die Feller vor allem in den sozialen Medien ebenso anzog wie die Skifans, die einen Typen wie ihn zu schätzen wussten, sind fürs Erste verstummt. „Ich lese ja mittlerwei­le wenig, aber ein bisschen was sickert durch, und ich habe wirklich ein paar Nachrichte­n bekommen von Leuten, die gesagt haben: ‚Ich habe da einen Blödsinn geredet, es gefällt mir, wie du dich entwickelt hast.‘ Ich habe also in gewisser Weise Menschen verändert. Menschen positiv zu beeinfluss­en, ist ja das Schönste, was du machen kannst.“

Wunderski. Ein weiterer Erfolgsfak­tor darf am Ende dieser Aufzählung nicht fehlen: jener Slalomski, der Feller in diesem Winter jedes Mal zum Sieg getragen hat, wenn er ihn angeschnal­lt hatte. Eine letzte Fahrt würde die Kante dieser Wunderwaff­e noch hergeben, erzählt der ÖSV-Star, er wird sie wohl aufheben für die WM hier in Saalbach im nächsten Winter. „Ich bin definitiv noch nicht fertig. Ich bin hungrig auf mehr, die Emotionen und der Moment im Zielraum machen einfach süchtig.“

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//// Gepa Auf Manuel Feller wartet der bisher größte Tag seiner Karriere. „Ich will noch einmal zeigen, warum ich heuer der beste Slalomfahr­er war.“

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