Trailpark Wien: Jetzt schlägt’s 13
Am nordwestlichen Zipfel der Bundeshauptstadt bietet ein 50-Hektar-Areal alle erdenklichen Möglichkeiten zum Mountainbiken: rund um die Hohe-Wand-Wiese im Wienerwald.
Man sieht den Wald vor lauter Trails fast nicht. Im Trailcenter Wien, rund um die Hohe-Wand-Wiese am nordwestlichen Zipfel der Stadt angesiedelt, drängt sich auf einer Fläche von 50 Hektar ein Zickzack von 30 Kilometern Mountainbike-Strecken. Zwölf mehr oder weniger verschlungene Trails mit spaßigen Namen wie „Drah di Waderl“, „Hawi d‘ Ehre“oder „Spompanadln“führen hier großteils den Hang runter, an einem 13. wird gerade gebaut.
Was auf den ersten, zurzeit noch durch das Fehlen von Blättern am Geäst verfälschten Blick etwas wirr wirken mag, ist eine wohldurchdachte Sportstätte. Ab- und Auffahrten, Schwierigkeitsgrade und Trainingsmöglichkeiten für das radlerische Können sind in dem Trailpark gut sortiert. Es ist, wie Geschäftsführer Patrick Huber hervorhebt, der einzige in Europa, der zugleich in einer Metropole und in einem Naturschutzgebiet liegt, nämlich dem Biosphärenpark Wienerwald.
Die Hohe-Wand-Wiese war früher, als die Schneegrenze noch nicht so stark von der Erderwärmung in die Höhe getrieben worden war, als Skihang bekannt. Doch der Schnee ist gewichen, während der Skilift geblieben ist. Er hat sich, wiewohl alt und ausfallanfällig, in den Nukleus verwandelt, um den herum das Trailcenter gewachsen ist.
Upcycling am Lift. Begonnen hatte es 2017 mit drei Strecken, von denen eine ausschließlich bergauf zu befahren war. Die muss man unter der Woche auch heute noch hinauftreten, um schnellstmöglich zur Abfahrt über eine der Downhill-Strecken zu kommen. Denn der Lift, der etwa zwei Drittel der rund 200 Höhenmeter bis zum Trailstart abdeckt, verkehrt derzeit nur Freitag bis Sonntag, ab April zusätzlich am Donnerstag. Die T-Bügel, wie man sie von konventionellen Schleppliften kennt, sind mit Stücken gebrauchter Mountainbike-Reifen bedeckt, damit sie beim Hochziehen nicht von der Sattelstütze rutschen. „Upcycling“bekommt hier bei der Wiederverwertung für die Fahrradaufstiegshilfe eine eigentümliche Doppelbedeutung.
Das mit dem schnellsten Weg hinauf ist hingegen weniger wörtlich zu nehmen. Weil immer mehr Gäste mit EMountainbikes unterwegs sind, haben sich mehr und mehr Abkürzungen zwischen den Serpentinen herausgebildet, die man mit Motorkraft an der Kurbel ja nicht braucht und die technisch schwieriger zu meistern sind als die Direttissima
bergauf. Die verfehlt aber gerade in ihrer Direktheit den Zweck des Uphill-Trails, findet Patrick Huber. „Wir wollen dem ein bisschen entgegenwirken, dass E-Biker den kürzesten und schnellsten Weg nehmen“, sagt Huber.
Um die E-Biker auch bergauf zu fordern, hat man einige „Uphill-Features“in die Strecke eingebaut, wie einen „Boost-Drop“(Sprung von einer Rampe nach kräftigem Antritt), eine „Rock-Line“aus ansteigenden Steinblöcken oder den „Stairway to the top“, Stufen zunehmender Höhe mit Rundhölzern als Kanten. Man kann alle Einbauten umfahren, aber man kann auch mittels QR-Codes Erklärvideos aufs Handy laden und sich der Herausforderung stellen. Sponsor Bosch, einer der größten E-Bike-Ausstatter, will dieses Konzept auch in anderen Trailparks ausrollen.
Als Boku-Absolvent mit besonderem Interesse für Nachhaltigkeit hat Huber ja ein ambivalentes Verhältnis zu E-Bikes: „Sondermüll“ist die erste Assoziation, die ihm mit Rücksicht auf die nicht eben vorteilhaften LebenszyklusAnalysen von Elektrofahrzeugen wie diesen einfällt. Er ist sich aber auch der Vorteile der motorisierten Räder bewusst, wie der Eignung zur Gesundheitsförderung, der Rehabilitation oder des Radelns bis ins hohe Alter.
Zurück zum Start, den man auch auf dem östlich vom Trailpark gelegenen Mostalm-Trail erreichen kann: einfach zu fahren und im Gegensatz zu den Strecken im Park auch als Wanderweg genutzt. Oben hat man also die Wahl zwischen der einsteigertauglichen „Flow-Line“– man durchrollt sie wie eine Kugel ihre Bahn – und den eher für Fortgeschrittene gedachten Trails „Kenda Line“und „Ka Bemmerl“. Kenda ist gespickt mit kleineren und größeren Rampen, die man für Sprünge nützen kann, aber nicht muss. Weiter unten geht sie für die, die wollen, in die „Kenda Airline“über, wo es sprungtechnisch – und nur so! – zur Sache geht.
Respekt gefragt. „Ka Bemmerl“ist – und heißt – eine naturnahe Variante der Abfahrt: teils wurzelig und eng, immer abwechslungsreich. Mit Respekt und am besten erst dann, wenn man sich mit den vorgelagerten Schwierigkeitsgraden Blau und Rot vertraut gemacht hat, sollte man sich der schwarz markierten Strecke „Hawi d‘Ehre“nähern. Auch sie trägt ihren Namen zu Recht.
Und was kommt als Nächstes? „Hinterholz 8“, ein verspielter, langer Naturtrail am östlichen Rand. Diese 13. Route ist noch in Bau und wird am 1. Mai freigegeben.