»Gold ist Geld, alles andere ist Kredit«
Geld hat drei Funktionen: Man braucht es als Zahlungsmittel, Wertspeicher und Recheneinheit. In der Geschichte hat Gold diese Funktionen am besten erfüllt. Doch ist der Euro – ob als Bargeld, Giralgeld oder digital – nicht viel geeigneter? Das hängt davon
Gold ist Geld, alles andere ist Kredit.“Dieses Zitat wird dem Bankier John Pierpont Morgan (1837–1913) zugeschrieben. Zu seiner Zeit war der US-Dollar noch an Gold gekoppelt. Heute ist das nicht mehr so. Euro und Dollar berechtigen einen nicht mehr dazu, eine bestimmte Goldmenge von der Zentralbank zu erhalten. Sie haben ihre Legitimation dadurch, dass sie gesetzliches Zahlungsmittel sind. Händler und Dienstleister im Euroraum müssen Euros akzeptieren. Deswegen haben Menschen die Gewissheit, dass sie ihre Euros jederzeit gegen Güter und Dienstleistungen umtauschen können.
Mit Euro werden oft Münzen und Scheine assoziiert. Tatsächlich beträgt der Bargeldumlauf in der Eurozone nur etwa 1,6 Billionen Dollar, während die gesamte Geldmenge M3 (Bargeld, kurz und länger laufende Einlagen und Schuldverschreibungen) etwa zehn Mal so viel ausmacht. Während Bargeld von der Notenbank ausgegeben wird, entsteht Giralgeld dadurch, dass Banken Kredite vergeben, denen nur zu einem kleinen Teil Einlagen gegenüberstehen. Die Notenbank wiederum schafft Geld, indem sie Kredite an Geschäftsbanken vergibt oder Staatsanleihen kauft.
Wer Geld auf dem Konto hat, hat nur eine Forderung an die Bank. Geht die Bank pleite, verliert man sein Geld (wird aber unter Umständen, meist bis zu 100.000 Euro, aus dem Topf der Einlagensicherung entschädigt).
Bargeld gehört einem tatsächlich, doch ist es für den digitalen Zahlungsverkehr ungeeignet. Der digitale Euro, der in etwa drei Jahren kommen soll, verspricht, die Vorteile aus beiden Welten zu verbinden: Er wird von der Zentralbank ausgegeben, die Infrastruktur sollen die Banken zur Verfügung stellen. Kunden können ihn auf digitalen Geldbörsen oder Karten halten, er wäre gesetzliches Zahlungsmittel so wie Bargeld, müsste also (von Ausnahmen abgesehen) überall akzeptiert werden. Man soll ihn sogar offline nutzen können, wenn man ihn vorher auf einer Karte gespeichert hat. Die Privatsphäre soll genauso gewahrt werden wie bei Bargeld, und keinesfalls solle er Bargeld verdrängen, lautet das Versprechen.
Kritiker fürchten, dass er genau das tun wird – nicht sofort, aber vielleicht in ein paar Jahren oder Jahrzehnten. Und dann hätten künftig Staaten die Möglichkeit zur Totalüberwachung, könnten Negativzinsen verhängen oder andere Bedingungen an die Auszahlung knüpfen.
Braucht Geld den Staat? Indes gibt es Geld schon länger, als es Notenbanken und Staaten gibt. „Geld wurde nicht per Gesetz generiert“, schrieb Carl Menger, der Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. „Es ist seinem Ursprung nach eine gesellschaftliche und keine staatliche Institution.“Edelmetalle hätten sich deswegen als ideales Zahlungsmittel bewährt, weil sie besser verkäuflich sind als andere Güter. Erst später ließen Herrscher ihr Antlitz auf Goldmünzen prägen.
Gold ist haltbar und transportierbar. Es ist einheitlich und eignet sich daher als Maßstab, und es ist teilbar. Es kommt in aller Welt vor und ist dennoch knapp und nicht beliebig vermehrbar. Wer Gold schürfen will, muss Aufwand treiben, und das rechnet sich nur ab einem bestimmten Preis. Kritiker führen an, dass der Preis von Gold schwankt und es daher als Wertspeicher ungeeignet wäre. Das stimmt kurzfristig. Langfristig hält Gold seinen Wert: So zeigt die Gold-Wiesnbier-Ratio, dass man auf dem Münchner Oktoberfest derzeit so viel Bier für eine Feinunze Gold erhält wie 1975. Es ist also gar nicht das Bier, das laufend teurer wird, es ist die Kaufkraft der staatlichen Währungen, die abnimmt.
Doch hat Gold auch Nachteile: „Je mehr Menschen verschuldet sind und je mehr Menschen auf Nominalwerte fokussieren (mehr, mehr, mehr!), desto unbeliebter ist Sachgeld“, stellt Rahim Taghizadegan in seinem Buch „Geld her oder es kracht“fest. Schuldner ziehen Geld vor, das sich inflationieren lässt.
Gold ist auch für Zahlungen über größere Distanzen oder kleine Zahlungen wenig geeignet. Während der digitale Euro die Vorteile von Digitalgeld und Bargeld verbinden will, will Bitcoin die Vorteile von Digitalgeld und Gold verbinden: Auch Bitcoin ist knapp (mit 21 Millionen begrenzt), benötigt keine Banken oder Staaten, ist resistent gegen Veränderungen und sicher vor Manipulationen. Ob es sich durchsetzt, wird die Zukunft weisen.
Der Bargeldumlauf in der Eurozone beträgt nur etwa 1,6 Billionen Dollar, während die gesamte Geldmenge M3 etwa zehn Mal so viel ausmacht.