Die Presse am Sonntag

Vorbereite­n auf den Krieg

- ✒ VON AMÉLIE »Biloxi Blues« ////

KLatrinen putzen.

In Neil Simons Stück geht es um Gehorsam, Gruppendyn­amik und Gewissensf­ragen. Das Theater der Jugend zeigt eine zeitgemäße Inszenieru­ng. rieg, Soldaten und eine Kaserne irgendwo in Mississipp­i, USA – ob das interessan­t werden kann? Mit gemischten Gefühlen ging ich in die Premiere von „Biloxi Blues“ins Theater der Jugend. Doch schon der Anfang war lustig. Aus dem dunklen Off ertönte die strenge Stimme eines Offiziers, der das Publikum ermahnt, elektronis­che Lärmmacher auszuschal­ten. „Sollte ein Handy zu hören sein, wird der Übeltäter vor versammelt­er Mannschaft hundert Liegestütz­e machen.“

Das Stück beginnt im Zug, der fünf Jungsoldat­en zu ihrer Grundausbi­ldung in die Kaserne von Biloxi bringt – ein kleines Kaff im Süden der USA (die Stadt gibt es wirklich, ich habe auf Google Maps nachgescha­ut). Der Erzähler Eugene (Robin Jentys) ist erstmals von zu Hause weg und hat zwölf belegte Brote mit Schmorbrat­en von seiner Mutter im Rucksack, er schreibt nicht Tagebuch, sondern „seine Memoiren“.

Er und der sensible Jude Arnold (Ludwig Wendelin Weißenberg­er), der dauernd Magenschme­rzen und Verdauungs­probleme hat, sind für die Armee so gar nicht geeignet. „Die Armee hat ihre Logik und ich habe meine“, sagt Arnold einmal. Der schlaksige Junge rebelliert mehr oder weniger stumm gegen die Regeln und muss als Strafe ständig irgendwelc­he Klos (Latrinen im Kasernenja­rgon!) putzen.

In dem Stück von Neil Simon geht es vor allem um Beziehunge­n: Es gibt einen sadistisch­en Offizier, Sergeant Toomey (Mathias Kopetzki), der die fünf Jugendlich­en unter Druck setzt und gegeneinan­der ausspielt. Wie verhalten sich die in solchen Ausnahmesi­tuationen zueinander? Das ergibt spannende Konstellat­ionen, und als Zuseherin frage ich mich oft, wie ich mich wohl selber verhalten hätte. „Mein Vater hat mir beigebrach­t, die Schwäche in mir zu verabscheu­en“, sagt der Offizier einmal. Dieses Credo hat er verinnerli­cht.

Es geht auch um Rassismus, Antisemiti­smus und Homophobie. „Ich will

keinen Ärger haben wegen meiner Hautfarbe. Deswegen halte ich mich zurück“, sagt Don, der schwarz ist. Und über Epstein schreibt Eugene in seinem Tagebuch: „Er ist der komplexest­e und fasziniere­ndste Mensch, dem ich begegnet bin. Irgendwie sagt mir mein Gefühl, dass Arnold homosexuel­l ist.“Das Tagebuch bleibt nicht geheim und die Vermutung führt zu Aufruhr.

In dem Stück geht es aber auch um das erste Verliebtse­in von Eugene. Das ist ein bisschen platt dargestell­t. Insgesamt ist es aber ein spannendes Stück, die Schauspiel­er und Schauspiel­erinnen sind alle sehr gut.

 ?? ??
 ?? ??
 ?? //// Mag. Rita Newman ?? Die fünf jungen Soldaten, in der Mitte Sergeant Toomey.
//// Mag. Rita Newman Die fünf jungen Soldaten, in der Mitte Sergeant Toomey.

Newspapers in German

Newspapers from Austria