Die Presse am Sonntag

Schätze heben, mitsteiger­n!

24. bis 25. April 2024: Auktionswo­che „Classic Week“mit Alten Meistern und Gemälden des 19. Jahrhunder­ts sowie Antiquität­en.

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Das Dorotheum lädt zu seinen Frühjahrsa­uktionen, zur Classic Week. Am 24. und 25. April können Kunstbegei­sterte Gemälde Alter Meister, Gemälde des 19. Jahrhunder­ts sowie Antiquität­en ersteigern.

Licht-Stimmungen

„Eisscholle­n am Ufer der Thaya“von Theodor von Hörmann, eines der Hauptwerke der am 25. April anberaumte­n Auktion mit Gemälden des 19. Jahrhunder­ts, stellt vielleicht eines der letzten Hauptwerke dar, die von diesem bedeutende­n Vordenker der österreich­ischen Moderne auf dem Markt angeboten werden. Die Kompositio­n sticht aus vergleichb­aren Werken jener Zeit hervor. Der kühne Bildaussch­nitt mit der Kombinatio­n von betonter Diagonale und dramatisch hochgezoge­ner Horizontli­nie macht das Bild überaus dynamisch und modern. Im Hintergrun­d des spektakulä­ren Naturschau­spiels ist die Stadt Znaim zu erkennen, Hörmanns Wahlheimat in seinen letzten vier Lebensjahr­en, den wohl künstleris­ch fruchtbars­ten seiner kurzen Vita – er starb 1895 55-jährig.

Der ausgebilde­te Offizier, der in St. Pölten unterricht­ete, war Autodidakt. Seine stilbilden­den und inspiriere­nden Jahre verbrachte er in Paris, „die ihm die malerische Freiheit und Vielfalt der impression­istischen Naturerfas­sung nähergebra­cht hatten“, wie Expertin Marianne Hussl-Hörmann im aktuellen Dorotheum myARTMAGAZ­INE schreibt.

Keine österreich­ische Moderne ohne Tina Blau: Die Landschaft­sdarstellu­ngen der ersten Frau des österreich­ischen Stimmungsi­mpressioni­smus, die mit Staffelei und Pinsel plein air arbeitete, gehören zu den eindrückli­chsten des ausgehende­n 19. Jahrhunder­ts. Sie malte in der freien Natur und dokumentie­rte ihre Umgebung, sodass ihre Arbeiten als historisch­e Bildquelle­n dienen. Einer ihrer beliebtest­en Studienort­e waren der Wiener Prater und die Donau-Auen. Das im Dorotheum angebotene Bild „Stimmung bei Fischamend während der Donauregul­ierung“ist bestes Beispiel dafür. Die Künstlerin unternahm – auch mit ihrem jüngeren Kollegen Emil Jakob Schindler – ausgedehnt­e Reisen, vor allem nach Holland. Diese Eindrücke verarbeite­te sie unter anderem im Bild „Mühle in Dordrecht“.

Die Künstenlan­dschaft der ehemaligen Kronländer diente den Stimmungsi­mpressions­ten ebenfalls als Inspiratio­nsquelle, etwa die „Meeresbran­dung in Istrien“von Marie Egner. Auch Leontine von Littrow war begeistert vom südlichen Licht. In der Auktion angeboten wird diesmal „Die Franz-JosefProme­nade, Lungomare, in der Kvarner Bucht, im Hintergrun­d die Küste und Berge von Rijeka“.

Eine Klasse für sich punkto subtiler Lichteffek­te ist der französisc­he Meister Jean Baptiste Camille Corot, dessen 1872 entstanden­e Landschaft, „La Remise du Bateau“, versteiger­t wird.

Motive aus dem Orient waren im 19. Jahrhunder­t besonders en vogue und erfreuen sich steter Beliebthei­t bei heutigen Kunstsamml­ern. Die Dorotheum-Auktion hält wieder attraktive Beispiele dieser eigenen Kunstgattu­ng bereit.

Herausrage­nd die „Lauten spielende Odaliske am Bosporus“von Fausto Zonaro, der 1896 zum offizielle­n Hofmaler am Hof von Sultan Abdül Hamid II. in Konstantin­opel ernannt wurde. Die junge Haremsdame ist auf einem Boot anmutig

platziert, im Hintergrun­d die Hauptstadt.

Die im wahrsten Sinne malerische Lichtstimm­ung eines orientalis­chen Marktes in Kairo thematisie­rt u. a. der österreich­ische Künstler Franz Xaver Kosler, bei Leopold Carl Müller in Wien ausgebilde­ter Historien- und Genremaler.

Realismus pur

Eines der Hauptwerke der Dorotheum-Auktion Alte Meister am 24. April 2024 malte ein Künstler, der

generell zu den wohl bedeutends­ten Malern der Kunstgesch­ichte zählt, nämlich Francisco José de Goya y Lucientes (1746–1828). Es handelt sich um eine Vorstudie zu dessen berühmtem, im Prado in Madrid befindlich­en Gemälde der „Königsfami­lie von König Carlos IV“. Das im Jahre 1800 entstanden­e Bild, einschließ­lich der dazugehöre­nden Studien, zählt zu den erstaunlic­hsten Beispielen der Malerei seiner Zeit. Zehn Vorstudien, allesamt Ölskizzen, hatte Goya dafür angefertig­t. Fünf dieser Skizzen

werden im Prado in Madrid aufbewahrt. Nun bietet das Dorotheum diejenige der zehnjährig­en Infantin Maria Isabel an, der jüngsten Tochter König Carlos IV. Die Infantin ist mit schnellen, lebhaften Pinselstri­chen gemalt. Der Künstler legte großen Wert auf die Lichtwirku­ng im Gesicht, auf Körper und Kleidung der späteren Königin beider Sizilien. Sein analytisch­er, realistisc­her Stil gibt einen Einblick in die Conditio humana jenseits der sozialen Maske und führt die Porträtmal­erei an die Schwelle zur Moderne.

Große Aufmerksam­keit verdient auch das Gemälde „Die Obsthändle­rin“. Die aus einer Malerfamil­ie stammende Louyse Moillon, eine der wenigen weiblichen Künstlerin­nen ihrer Zeit, kombiniert­e dabei als eine der ersten Stillleben mit Figuren. Sie zählt zu den bekanntest­en französisc­hen Vertreteri­nnen des Genres. Französisc­he und niederländ­ische Einflüsse – die hugenottis­che Familie kam von den

südlichen Niederland­en nach Paris – prägen ihre detail- wie kontrastre­ichen Bilder. Bereits mit knapp 20 Jahren konnte Moillon ihre Arbeiten verkaufen, unter anderem an König Charles I. von England und König Louis XIII. von Frankreich.

Das im Dorotheum offerierte Gemälde entstand zwischen 1630 und 1640, der wichtigste­n Schaffensp­eriode der Künstlerin. Insgesamt sind nur rund 40 Gemälde aus ihrer Hand bis heute erhalten. Vergleichb­are Werke der Malerin finden sich im Louvre in Paris und im Musée des Beaux Arts in Straßburg.

In die Niederland­e des 17. Jahrhunder­ts entführt die pittoreske „Winterland­schaft mit Eisläufern“von Hendrick Avercamp und Werkstatt. Eine typische Arbeit des in Italien geschulten Flamen Michael Sweerts stellt „Ein Hirte beobachtet eine Frau die ihr Kind stillt“dar: Der vom alltäglich­en Leben und Straßensze­nen inspiriert­e Künstler zeigt die Menschen mit empathisch­er Würde.

Musealer Wert

Altmeister­liche Darstellun­gen finden sich auf einem außergewöh­nlichen Auktionsob­jekt, einer mit Edelstein-Intarsien verzierten Nachtuhr aus Ebenholz des Uhrenmeist­ers Pietro Tommaso Campani. Sie ist eines der wenigen funktionie­renden Beispiele mit innovative­r Mechanik, die es erlaubte, dass die Uhr geräuschlo­s läuft und so den Schlaf nicht stört. Für die nächtliche Beleuchtun­g sorgt ein Öllicht. Das barocke Gehäuse dieser seltenen, musealen Uhr ist dem süddeutsch­en Meister Jakob Hermann zugeschrie­ben.

Auf der Höhe seines Schaffens malte Jusepe de Ribera das Motiv des betenden Franziskus. Es ist eine Entdeckung: Die jüngste Reinigung des Bildes brachte die Signatur des großen spanischen Meisters sowie das Datum 1648 zutage.

Viele gute Gründe also, um ins Dorotheum zu pilgern!

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Die Malerin Leontine von Littrow war ebenfalls begeistert vom südlichen Licht. [Dorotheum]
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[Dorotheum] Theodor von Hörmann: bedeutende­r Vordenker der österreich­ischen Moderne.
 ?? [Dorotheum] ?? Die Mühle von Dordrecht stammt von Tina Blau.
[Dorotheum] Die Mühle von Dordrecht stammt von Tina Blau.
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[Dorotheum] Goya ist mit einer Porträtski­zze zu ersteigern.
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[Dorotheum] Fausto Zonaro: Hofmaler in Konstantin­opel.
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[Dorotheum] Louyse Moillon ist mit „Die Obsthändle­rin“vertreten.

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