Leichte Euphorie an den Börsen
Warum die Börsen von den jetzigen Firmenbilanzen zwar beflügelt werden, aber trotzdem Angst vor der Inflation haben – und von welchen Experten sehr überzeugt sind.
Nach den kalten Tagen wird es wieder wärmer. Und auch der Kälteeinbruch an den Börsen in Form einer kleinen AprilKorrektur scheint fürs Erste überwunden. Auf Ein-Monats-Sicht bleibt bei den europäischen und US-amerikanischen Leitindizes zwar noch ein leichtes Minus von 1,5 bis drei Prozent. Aber in der abgelaufenen Woche wurde – bei gesteigerter Volatilität – doch einiges ausgebügelt.
Zum Wochenende hin machte sich sogar Euphorie breit. Das lag an einigen starken Bilanzzahlen großer Konzerne. Im Fokus standen am Freitag vor allem die Zahlen der beiden Tech-Giganten Alphabet und Microsoft, nachdem am Tag davor die Enttäuschung über die Investitionspläne der Facebook-Mutter Meta noch für fallende Kurse gesorgt hatte. Demgegenüber trumpften die GoogleMutter Alphabet – dank hoher Werbeerlöse – und Microsoft mit deutlich mehr Umsatz und Gewinn im ersten Quartal auf und überzeugten zusätzlich noch mit ihren Aussagen zum Thema künstliche Intelligenz (KI), dem alles überragenden Fantasieträger für Börsianer seit knapp eineinhalb
Jahren. Alphabets Marktkapitalisierung kehrte über die Marke von zwei Billionen Dollar zurück, die von Microsoft auf über drei Billionen.
Die Maschinerie der Bilanzpräsentationen läuft auf Hochtouren. In den USA warten auf die Anleger Zahlen der Kaffeehauskette Starbucks, der Getränkeanbieter Coca-Cola und PepsiCo, des Pharmakonzerns Eli Lilly mit seinen boomenden Abnehmpräparaten, der Fast-Food-Kette McDonald’s, des Kreditkartenanbieters Mastercard, des Chipkonzerns AMD – ja, und vor allem des Onlinehändlers Amazon und des Technologieriesen Apple. Auch in Europa öffnen Schwergewichte ihre Bücher: so Adidas, Mercedes-Benz, Volkswagen und die Commerzbank.
Ob die Unternehmensbilanzen fortan stark genug sind und das Zeug dazu haben, die Börsenkurse so euphorisch zu treiben wie bisher, ist nicht so klar. Vonseiten der Konjunktur jedenfalls dürfte keine so starke Unterstützung kommen, da hier das positive Szenario bereits eingepreist ist. Umso mehr könnten die Sorgen wegen der Inflation, die sich als extrem hartnäckig erweist und gerade in den USA auch mit riesigen Stimulus-Summen hochgehalten wird, dämpfend wirken. Spannend wird daher werden, wie die offiziellen Arbeitsmarktdaten der US-Regierung für April und die vorläufigen Inflationsdaten für die Eurozone diese Woche ausfallen.
WNach einigen kalten Börsentagen wurde es zuletzt wieder wärmer. In der Vorwoche wurde die Delle zum Teil ausgebügelt.
elche Aktien Experten aktuell für attraktiv halten? Durchaus die von Microsoft (ISIN: US5949181045), dem Hort der Stabilität mit immenser Software-Erfahrung und anhaltender, KI-bedingter Zukunftsfantasie. Die 406 US-Dollar teure Aktie bleibe sein „Top Pick“in puncto KI, schrieb denn auch Jefferies-Analyst Brent Thill am Freitag. Die Bank UBS ihrerseits hat das Kursziel von 480 auf 520 Dollar angehoben und sagt weiter „Buy“, wobei sie das Wachstum im Cloudgeschäft Azure und steigende Marktschätzungen als dominierende Hintergründe für die Anlage hervorhob. Laut Bloomberg raten 63 Analysten zum Kauf und nur fünf zum Halten der Aktie. Durchschnittliches Kursziel: 479 Dollar.
Ansehen kann man sich auch das Papier des deutschen Motorenbauers Deutz (ISIN: DE0006305006). Das
Analysehaus Oddo BHF hat diese Woche die Coverage mit Outperform und Kursziel 7,90 Euro aufgenommen, was 36 Prozent Aufwärtspotenzial von den jetzigen 5,68 Euro wären. Im Schnitt sehen die acht bei Bloomberg erfassten Analysten sogar noch etwas mehr Potenzial. Die Investmentbank Hauck Aufhäuser etwa hat eine Woche zuvor die Einstufung auf „Buy“mit einem Kursziel von 10,60 Euro belassen.
Bei Börsenneulingen muss man als Kleinanleger nicht sofort dabei sein. Die Citi Bank freilich meint nun, dass man bei Douglas (ISIN: DE000BEAU7Y1) allmählich einen Fuß in die Tür stellen könnte, nachdem das Papier nach dem Börsengang Mitte März sehr deutlich zurückgekommen ist und nun 21 Euro kostet. Die Bank sieht Luft bis 31 Euro. Etwas mit Vorsicht zu genießen.
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