»Ich klang wie eine piepisge Maus«
Die Bedeutung der Demokratie sei etwas, das man von Benjamin Franklin lernen könne, meint Schauspieler Michael Douglas, der ihn in einer neuen Apple-TV-Serie verkörpert.
Michael Douglas hat im Lauf der Jahrzehnte schon viele Rollen übernommen: Eine historische Figur wie Benjamin Franklin (zu sehen auf Apple TV+) war für den USAmerikaner aber Neuland.
Mr. Douglas, Sie sagten kürzlich, dass Sie die Titelrolle in der neuen Serie „Franklin“(zu sehen bei Apple TV+) vor allem deswegen angenommen haben, weil Sie noch nie für eine solche historische Geschichte vor der Kamera standen und Lust hatten, einmal Perücke und Strumpfhose zu tragen. Wirklich ähnlich sehen Sie Benjamin Franklin nun allerdings nicht, oder? Michael Douglas: Das war auch mein erster Gedanke, als mir die Rolle angeboten wurde. Ich schaute mir den 100-Dollar-Schein an, auf dem ja sein Konterfei zu sehen ist, und dachte: Wie soll das funktionieren? Wir haben dann erst einmal jede Menge Make-up- und Prothesen-Tests gemacht, und tatsächlich sah das auch ganz gut aus, mit Doppelkinn, dickem Bauch und allem Drum und Dran. Allerdings dauerte es zweieinhalb Stunden, bis die Ähnlichkeit hergestellt war. Da schrillten die Alarmglocken des Produzenten in mir an, denn so viel Zeit konnten wir nicht monatelang jeden Tag erübrigen. Und die Vorstellung, acht Folgen lang unter dieser Maske versteckt zu sein, behagte mir auch nicht unbedingt. Schließlich lebt man als Schauspieler ja auch davon, dass das Publikum einen wiedererkennt. Also haben wir entschieden, dass es auch ohne Make-up geht und ich die Rolle schlicht mit Schauspielerei ausfülle.
Was interessierte Sie, jenseits der Kostüme, an Benjamin Franklin als historische Figur?
Franklin war ein außergewöhnlicher Mann mit einer einzigartigen Lebensgeschichte. Wobei mich vor allem die Episode seiner Biografie interessierte, um die es jetzt auch in der Serie geht. Er ist immerhin einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, und kurz nachdem er und die anderen 1776 die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet hatten, schickte man ihn nur ein paar Wochen später nach Frankreich, um die damals größte Monarchie der Welt um Unterstützung für diese brandneue Erfindung namens Demokratie zu bitten. Wäre ihm das nicht gelungen, würde es die Vereinigten Staaten von
Amerika in dieser Form heute nicht geben.
Was kann das Publikum 250 Jahre später aus dieser Geschichte lernen?
Nun, in diesem Jahr wird in den USA wieder gewählt, und in vielen Ländern auf der Welt scheint die Demokratie mehr und mehr vom Aussterben bedroht. Deswegen kann man nicht oft genug daran erinnern, wie hart unsere Vorfahren damals für diese – in meinen Augen beste – Staatsform gekämpft haben. Wie kostbar, aber auch zerbrechlich sie ist. Es ist kein Wunder, dass überall auf der Welt Menschen aus autokratischen Situationen fliehen und in unsere Demokratien zu kommen versuchen. Aber sie ist eben keine Selbstverständlichkeit.
Lernen von Benjamin Franklin also?
Warum nicht? Er war ein kluger Mann und in gewisser Weise der Vater der Mittelklasse. Trat bescheiden auf, mit seiner Fellmütze auf dem Kopf und nicht in diesen noblen Gewändern, die man von anderen Staatsmännern kannte. Er war nahbar und witzig, zu jedem höflich und immer mit einem Kompliment für sein Gegenüber auf den Lippen. Besser kann man doch nicht kommunizieren oder einen Dialog beginnen. Was das angeht, sehe ich durchaus Ähnlichkeiten zwischen Franklin und Joe Biden. Der hat ja auch diese eher volkstümlich-unauffällige Art, mit der er niemanden vor den Kopf stößt, sondern immer das Gespräch sucht.
Franklin war ein echter Promi, galt er doch auf der ganzen Welt als Erfinder der Elektrizität. Dass jeder weiß, wer Sie sind, dürfte Ihnen ja auch sehr vertraut sein . . .
Ein absolutes Luxusproblem natürlich. Meine Bekanntheit ist etwas, über das ich bis heute staune. Und schon ziemlich lang. Ich weiß noch, wie wir in den 1970er-Jahren rund um die Welt den von mir produzierten Film „Einer flog übers Kuckucksnest“vorstellten, für den Jack Nicholson damals den Oscar gewann. Doch wo immer wir hinkamen, jubelten die Leute mir zu, dem Produzenten. Jack war davon etwas irritiert. Aber ich spielte ja die Hauptrolle in der Serie „Die Straßen von San Francisco“– und damals sahen das jede Woche 25 und mehr Millionen Menschen. Nicht zuletzt auch in Deutschland, wo ich den ersten Preis meines Lebens für meine Arbeit als Schauspieler bekam.
Den Bambi 1976, nicht wahr?
Genau. Damals merkte ich während meiner Dankesrede, wie irritiert mich das Publikum anschaute. Was, wie ich dann feststellte, natürlich daran lag, dass man in Deutschland meine Stimme gar nicht kannte. Und während mein deutscher Synchronsprecher eine tolle, dunkle Stimme hatte, klang ich daneben wie eine piepsige Maus. Seit damals habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, immer mal wieder in den verschiedenen Ländern die Kollegen, die für meine Synchronstimme verantwortlich sind, zum Mittagessen einzuladen und mich ordentlich zu bedanken. Schließlich tragen sie entscheidend zu meiner Karriere jenseits der englischsprachigen Welt bei.