Die Presse am Sonntag

»Ich klang wie eine piepisge Maus«

Die Bedeutung der Demokratie sei etwas, das man von Benjamin Franklin lernen könne, meint Schauspiel­er Michael Douglas, der ihn in einer neuen Apple-TV-Serie verkörpert.

- VON PATRICK HEIDMANN

Michael Douglas hat im Lauf der Jahrzehnte schon viele Rollen übernommen: Eine historisch­e Figur wie Benjamin Franklin (zu sehen auf Apple TV+) war für den USAmerikan­er aber Neuland.

Mr. Douglas, Sie sagten kürzlich, dass Sie die Titelrolle in der neuen Serie „Franklin“(zu sehen bei Apple TV+) vor allem deswegen angenommen haben, weil Sie noch nie für eine solche historisch­e Geschichte vor der Kamera standen und Lust hatten, einmal Perücke und Strumpfhos­e zu tragen. Wirklich ähnlich sehen Sie Benjamin Franklin nun allerdings nicht, oder? Michael Douglas: Das war auch mein erster Gedanke, als mir die Rolle angeboten wurde. Ich schaute mir den 100-Dollar-Schein an, auf dem ja sein Konterfei zu sehen ist, und dachte: Wie soll das funktionie­ren? Wir haben dann erst einmal jede Menge Make-up- und Prothesen-Tests gemacht, und tatsächlic­h sah das auch ganz gut aus, mit Doppelkinn, dickem Bauch und allem Drum und Dran. Allerdings dauerte es zweieinhal­b Stunden, bis die Ähnlichkei­t hergestell­t war. Da schrillten die Alarmglock­en des Produzente­n in mir an, denn so viel Zeit konnten wir nicht monatelang jeden Tag erübrigen. Und die Vorstellun­g, acht Folgen lang unter dieser Maske versteckt zu sein, behagte mir auch nicht unbedingt. Schließlic­h lebt man als Schauspiel­er ja auch davon, dass das Publikum einen wiedererke­nnt. Also haben wir entschiede­n, dass es auch ohne Make-up geht und ich die Rolle schlicht mit Schauspiel­erei ausfülle.

Was interessie­rte Sie, jenseits der Kostüme, an Benjamin Franklin als historisch­e Figur?

Franklin war ein außergewöh­nlicher Mann mit einer einzigarti­gen Lebensgesc­hichte. Wobei mich vor allem die Episode seiner Biografie interessie­rte, um die es jetzt auch in der Serie geht. Er ist immerhin einer der Gründervät­er der Vereinigte­n Staaten, und kurz nachdem er und die anderen 1776 die Unabhängig­keitserklä­rung unterzeich­net hatten, schickte man ihn nur ein paar Wochen später nach Frankreich, um die damals größte Monarchie der Welt um Unterstütz­ung für diese brandneue Erfindung namens Demokratie zu bitten. Wäre ihm das nicht gelungen, würde es die Vereinigte­n Staaten von

Amerika in dieser Form heute nicht geben.

Was kann das Publikum 250 Jahre später aus dieser Geschichte lernen?

Nun, in diesem Jahr wird in den USA wieder gewählt, und in vielen Ländern auf der Welt scheint die Demokratie mehr und mehr vom Aussterben bedroht. Deswegen kann man nicht oft genug daran erinnern, wie hart unsere Vorfahren damals für diese – in meinen Augen beste – Staatsform gekämpft haben. Wie kostbar, aber auch zerbrechli­ch sie ist. Es ist kein Wunder, dass überall auf der Welt Menschen aus autokratis­chen Situatione­n fliehen und in unsere Demokratie­n zu kommen versuchen. Aber sie ist eben keine Selbstvers­tändlichke­it.

Lernen von Benjamin Franklin also?

Warum nicht? Er war ein kluger Mann und in gewisser Weise der Vater der Mittelklas­se. Trat bescheiden auf, mit seiner Fellmütze auf dem Kopf und nicht in diesen noblen Gewändern, die man von anderen Staatsmänn­ern kannte. Er war nahbar und witzig, zu jedem höflich und immer mit einem Kompliment für sein Gegenüber auf den Lippen. Besser kann man doch nicht kommunizie­ren oder einen Dialog beginnen. Was das angeht, sehe ich durchaus Ähnlichkei­ten zwischen Franklin und Joe Biden. Der hat ja auch diese eher volkstümli­ch-unauffälli­ge Art, mit der er niemanden vor den Kopf stößt, sondern immer das Gespräch sucht.

Franklin war ein echter Promi, galt er doch auf der ganzen Welt als Erfinder der Elektrizit­ät. Dass jeder weiß, wer Sie sind, dürfte Ihnen ja auch sehr vertraut sein . . .

Ein absolutes Luxusprobl­em natürlich. Meine Bekannthei­t ist etwas, über das ich bis heute staune. Und schon ziemlich lang. Ich weiß noch, wie wir in den 1970er-Jahren rund um die Welt den von mir produziert­en Film „Einer flog übers Kuckucksne­st“vorstellte­n, für den Jack Nicholson damals den Oscar gewann. Doch wo immer wir hinkamen, jubelten die Leute mir zu, dem Produzente­n. Jack war davon etwas irritiert. Aber ich spielte ja die Hauptrolle in der Serie „Die Straßen von San Francisco“– und damals sahen das jede Woche 25 und mehr Millionen Menschen. Nicht zuletzt auch in Deutschlan­d, wo ich den ersten Preis meines Lebens für meine Arbeit als Schauspiel­er bekam.

Den Bambi 1976, nicht wahr?

Genau. Damals merkte ich während meiner Dankesrede, wie irritiert mich das Publikum anschaute. Was, wie ich dann feststellt­e, natürlich daran lag, dass man in Deutschlan­d meine Stimme gar nicht kannte. Und während mein deutscher Synchronsp­recher eine tolle, dunkle Stimme hatte, klang ich daneben wie eine piepsige Maus. Seit damals habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, immer mal wieder in den verschiede­nen Ländern die Kollegen, die für meine Synchronst­imme verantwort­lich sind, zum Mittagesse­n einzuladen und mich ordentlich zu bedanken. Schließlic­h tragen sie entscheide­nd zu meiner Karriere jenseits der englischsp­rachigen Welt bei.

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„Die Demokratie scheint mehr und Michael Douglas.
Reuters/Mario Anzuoni Schauspiel­er mehr vom Aussterben bedroht“, sagt „Die Demokratie scheint mehr und Michael Douglas.

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