Neujahr: Fischers letzte Ansprache, Griss’ erste
Bundespräsident verteidigte Merkels Flüchtlingspolitik.
schlägers moralisierender Ton in Verbindung mit seiner weinerlichen Stimme schon auch nervte.
Im Gegensatz zu Kirchschläger war der amtierende deutsche Bundespräsident, Joachim Gauck, tatsächlich einmal Pfarrer. „Provozieren ohne Provokation“, nannte die „Welt am Sonntag“im Vorjahr dessen wirkungsvollen Stil. Soll heißen: Er legt die Schwächen der Regierungspolitik offen, ohne sich selbst mit scharfen Worten wichtigzumachen. Und er biedert sich nicht an – nicht den Mächtigen im eigenen Land und in der Welt und auch nicht den Moden der Political Correctness.
„Gauck bringt ein Leben mit“
„Gauck bringt ein Leben mit“, sagte SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel im Jahr 2010 über den evangelischen Pastor und ehemaligen DDR-Bürgerrechtler. Das kann für das Amt eines Bundespräsidenten, auch des österreichischen, jedenfalls nicht schaden.
Und so ist dann auch das Modell Karl Renner nicht ganz zu verachten: Pragmatismus vor Ideologie stellend, Gerissenheit und Schläue, gestützt auf Erfahrung und Menschenkenntnis, zum Staatswohl eingesetzt. Wien. Es war die letzte Neujahrsansprache von Bundespräsident Heinz Fischer: 2015 sei eines der schwierigsten Jahre der vergangenen Jahrzehnte gewesen, sagte er. Fischer appellierte angesichts der politischen und technologischen Umbrüche, zuversichtlich zu bleiben: „Das Falscheste, was wir in dieser Situation tun könnten, wäre einen Außenfeind oder einen kollektiven Sündenbock zu suchen und alles in düsteren Farben zu sehen.“Fischer verteidigte Angela Merkels Flüchtlingspolitik: Man könne nicht den Hahn zudrehen und die Grenzen dichtmachen. „Durch diesen Hahn fließt kein Wasser und auch kein Öl, sondern ein Strom von Menschen.“Das bedeute nicht, dass man die Sorgen der Menschen beiseite schieben dürfe. Auch Irmgard Griss wandte sich gestern in einer staatstragenden YouTubeBotschaft an die Bürger. (red.)