Die Presse

Wir basteln uns einen Bundespräs­identen: Was muss er mitbringen, wie sollte er wirken, was kann er von den Vorgängern lernen? Ein Versuch.

Hofburg.

- VON OLIVER PINK

Als Mauricio Macri, der neu gewählte argentinis­che Staatspräs­ident, im Dezember 2015 sein Amt antrat, tat er etwas für seine Landsleute Ungewohnte­s: Er gab unzählige Interviews und hielt Pressekonf­erenzen ab. Seine Vorgängeri­n, Cristina Fernandez de Kirchner, hatte dergleiche­n nicht getan – es gab weder Interviews noch Pressekonf­erenzen. Dafür stundenlan­ge Reden und Verlautbar­ungen im staatliche­n Fernsehen, zudem bespielte sie noch ihren Twitter-Account mit ihren Ansichten.

Kommt einem irgendwie bekannt vor? Ja. Bundespräs­ident Thomas Klestil pflegte seinerzeit Interviews, wenn überhaupt, dann nur dem Nachrichte­nmagazin „News“zu geben, und da auch nur einem bestimmten Journalist­en, Alfred Worm. Als Heinz Fischer das Amt in der Hofburg antrat, änderte er das umgehend. Der neue Bundespräs­ident gab reihenweis­e Interviews, auch nicht so auflagenst­arken Blättern, und behielt dies während seiner Amtszeit auch so bei. Es passte zu Fischers Amtsverstä­ndnis als Volkspräsi­dent zum Angreifen.

Voraussich­tlich am 24. April – Stichwahl vierzehn Tage später – wählt Österreich einen neuen Bundespräs­identen. Diverse Namen, immer die gleichen nämlich, kursieren: Rudolf Hundstorfe­r, Erwin Pröll, Alexander Van der Bellen. Fix ist aber noch nichts. Selbst Irmgard Griss muss die nötigen Unterstütz­ungsunters­chriften erst sammeln. Wie aber soll ein ideales Staatsober­haupt nun aussehen?

Nimmt man Anleihe beim Amtsinhabe­r, stechen zwei Assets hervor: jenes des eingangs erwähnten volksnahen, weitgehend allürenfre­ien Präsidente­n. Und jenes des politische­n Profis mit Erfahrung. Nicht zuletzt in Bezug auf das Ausland ist das nicht zu unterschät- zen. Heinz Fischer, seit Studentenz­eiten in der Politik und danach in vielfältig­en Funktionen tätig, kennt viele (spätere) Staats- und Regierungs­chefs schon lang. Vor allem jene aus sozialdemo­kratischem/sozialisti­schem Milieu. Mit dem damaligen kroatische­n Staatspräs­identen, Ivo Josipovic,´ plauderte er 2010 beim Staatsbesu­ch in Zagreb unter anderem darüber, wie sie vor Jahrzehnte­n in Ottakring Bier trinken waren.

Heinz Fischers gutes Verhältnis zu Wladimir Putin erleichter­te etlichen österreich­ischen Unternehme­n den Zugang zum russischen Markt. Mit der Weltpoliti­k auf Du und Du – das wäre eigentlich auch die Rolle Kurt Waldheims gewesen.

Macht braucht Kontrolle

Allerdings täte auch ein wenig Distanz zum politische­n Establishm­ent ganz gut. Trat Fischer oft im Paarlauf mit der Regierung auf, so versuchte Thomas Klestil – anfangs jedenfalls – ein Korrektiv zu sein. Oder in den Worten seiner Kampagne: „Macht braucht Kontrolle“. Klestil hielt dies allerdings nicht durch. Er verhaberte sich zusehends mit SPÖ-Kanzler Viktor Klima und versuchte, Wolfgang Schüssel mit allen zu Gebote stehen Mitteln daran zu hindern, einen Ausbruch aus der rotschwarz­en Koalition zu wagen.

Reisefreud­iger Notar

Ein Bundespräs­ident sollte sorgsam mit der Macht, die ihm auf dem Papier zuteil wird – er kann die Regierung entlassen, ist Oberbefehl­shaber des Heeres – umgehen. Er sollte reisefreud­ig sein, jedoch auch das Aktenstudi­um nicht verschmähe­n. Er ist schließlic­h der oberste Notar der Republik.

Und dann sollte ein Präsident natürlich auch eine moralische Instanz sein. Die Benchmark diesbezügl­ich: Rudolf Kirchschlä­ger. Der parteifrei­e vormalige Außenminis­ter in der Regierung Kreisky las auch jener Partei, die ihn nominiert hatte, der SPÖ, die Leviten. Legendär seine Forderung nach dem „Trockenleg­en der Sümpfe und sauren Wiesen“aus Anlass des AKH-Skandals. Wobei man – bei allem Respekt – sagen muss, dass Kirch-

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