Die Presse

Steuerentl­astung mit Wermutstro­pfen

Was bringt 2016? Der größte Teil der Österreich­er profitiert von der Senkung der Lohn- und Einkommens­teuer. Für Spitzenver­diener wird der Tarif auf 55 Prozent angehoben, Konsumente­n spüren höhere begünstigt­e Mehrwertst­euer.

- VON KARL ETTINGER

Wien. Für die SPÖ-ÖVP-Regierung war es das wichtigste Vorhaben im eben zu Ende gegangenen Jahr. Seit dem Jahreswech­sel 2016 profitiert das Gros der Österreich­er nun tatsächlic­h von einer Entlastung durch die Steuerrefo­rm. Deren Gesamtvolu­men beträgt insgesamt gut fünf Milliarden Euro, der Großteil des Geldes geht durch eine Senkung der Tarife an die Lohnsteuer­zahler, die Arbeitnehm­er. Jene rund 2,5 Millionen Personen, die aufgrund ihres niedrigen Einkommens bisher keine Steuer bezahlt haben, kommen durch Gutschrift­en („Negativste­uer“) zu mehr Geld.

Die Kehrseite: Erben und Schenken von Immobilien in der Familie wird in vielen Fällen teurer (siehe eigenen Bericht unten). Konsumente­n müssen sich wegen der Anhebung des begünstigt­en Mehrwertst­euersatzes von zehn auf 13 Prozent, etwa bei Tierfutter, auf Verteuerun­gen einstellen.

INiedriger­e Steuertari­fe: Kernpunkt der Steuerrefo­rm ist, dass die Steuertari­fe für nahezu alle Einkommens­klassen sinken (siehe Grafik). Der unterste Steuersatz ab einer Bemessungs­grundlage von 11.000 Euro im Jahr wird von bisher 36,5 Prozent auf 25 Prozent gesenkt. Nach der Reform gelten nunmehr sechs Steuertari­fe. Der bisherige Spitzenste­uersatz von 50 Prozent kommt im neuen Jahr erst ab 90.000 Euro bis zu einer Million Euro im Jahr statt bisher bereits ab 60.000 Euro zum Tragen. Bei Einkommens­teilen über einer Million Euro gilt der neu eingeführt­e Spitzenste­uersatz von 55 Prozent. Dieser ist bis zum Jahr 2020 befristet und würde knapp 400 Personen treffen.

ISteuerers­parnis: Für Beschäftig­te, deren Jännergehä­lter schon im Dezember ausbezahlt werden, müsste dies durch einen höheren Nettobezug auf dem Konto bereits spürbar sein. Sonst wird der höhere Nettobezug nun erst mit der Lohnauszah­lung im Jänner überwiesen. Beispiel: Nach dem Entlastung­srechner des Finanzmini­steriums hat ein Arbeitnehm­er mit einem monatliche­n Bruttogeha­lt von 2000 Euro pro Monat 72,86 Euro netto mehr erhalten. Im Jahr wären es in diesem Fall 872,44 Euro (Details siehe Grafik mit Tabellen über Auswirkung­en der Steuerrefo­rm sowie über Zahl der Betroffene­n).

IFamilien: Eltern profitiere­n außertourl­ich von der Steuerrefo­rm. Der Kinderfrei­betrag erhöht sich von 220 auf 400 Euro im Jahr pro Kind.

ISelbststä­ndige: Für diese kommt die Steuerentl­astung mit der 2017 fälligen Einkommens­teuererklä­rung zum Tragen. Es besteht aber die Möglichkei­t, mit Verweis auf die mit 2016 geltende Steuerrefo­rm die Senkung für die vierteljäh­rlichen Steuervora­uszahlunge­n – via Finanz Online – zu beantragen.

IHöhere Steuerguts­chrift: Personen, die zwar Sozialvers­icherungsb­eiträ- ge zahlen, aber so wenig verdienen, dass sie keine Steuer zahlen, weil sie unter der Bemessungs­grundlage von 11.000 Euro jährlich liegen, profitiere­n in Form einer Negativste­uer. Diese wird durch eine Gutschrift, mit der de facto vom Staat ein Teil der Sozialbeit­räge rückerstat­tet wird, ausbezahlt. Die Gutschrift erhöht sich von bisher höchstens 110 Euro auf nunmehr 400 Euro.

IPensionis­ten: Steuerrefo­rm

1160

761

299

67

Mit der können

894

1646

1557

1479 heuer erstmals auch Pensionist­en mit einer Pension unter rund 1067 Euro im Monat eine derartige Steuerguts­chrift geltend machen; die Beträge sind aber niedriger als bei Arbeitnehm­ern. Sie können für das abgelaufen­e Jahr 2015 beim Finanzamt 55 Euro Gutschrift beantragen. Für 2016 sollen Betroffene rückwirken­d 110 Euro erhalten, diese sollen 2017 automatisc­h ausbezahlt werden. Bezieher einer Mindestpen­sion, der sogenannte­n Ausgleichs­zulage in Höhe von bis zu 882,87 Euro, haben jedoch keinen Anspruch, weil es sich um eine Sozialleis­tung handelt. Die Gutschrift würde sonst dazu führen, dass im Gegenzug die Ausgleichs­zulage sinkt.

IMehrbelas­tung: Als Teil der Gegenfinan­zierung der Steuerrefo­rm wird ein Teil der Österreich­er nunmehr allerdings stärker zur Kasse gebeten. Das werden unter anderem auch Konsumente­n zu spüren bekommen, weil sie teilweise höhere Mehrwertst­euern zu zahlen haben. Der Grund dafür ist, dass der bisherige begünstigt­e Mehrwertst­euersatz von zehn Prozent auf 13 Prozent erhöht wird. Dieser wird nun beispielsw­eise beim Kauf von Tiernahrun­g fällig, aber auch bei Eintritten in Museen oder Theaterkar­ten. Betroffen von der Änderung ist außerdem der Tourismus: Ab April kommt der höhere Mehrwertst­euersatz bei Übernachtu­ngen in Hotels zum Tragen.

IHöhere Kapitalert­ragsteuer: Eine weitere Maßnahme wurde auf Druck der SPÖ als vermögensb­ezogene Maßnahme in die Steuerrefo­rm hineinrekl­amiert. Die Kapitalert­ragsteuer auf Dividenden wird von 25 auf 27,5 Prozent angehoben.

IGegenfina­nzierung: Weitere Maßnahmen, die die rot-schwarze Koalition vereinbart hat, um einen Teil der Steuerrefo­rm zu finanziere­n, hängen im Detail noch in der Luft. Das gilt insbesonde­re für Einsparung­en bei Förderunge­n und in der Verwaltung, die in Summe 1,1 Mrd. Euro ausmachen sollen. Unter anderem soll dies umgesetzt werden, indem die Kosten für die Verwaltung weniger stark steigen. Teil des Pakets ist auch die Einführung der umstritten­en Registrier­kassenpfli­cht (siehe unten).

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