Die Presse

Athen erwartet Aufwind

Griechenla­nd. Die griechisch­e Regierung hofft auf ein Wendejahr und das Ende der Krise. Dafür stutzt sie Pensionen und erhöht die Abgaben.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTIAN GONSA

Athen. Seit Jahren können die Griechen ihrer Zukunft nicht viele positive Seiten abgewinnen. Heuer blicken sie laut Umfragen besonders pessimisti­sch ins neue Jahr. Zwei Drittel der Griechen glauben, dass 2016 für das Land noch schlechter wird als 2015, noch schlechter also als jenes Jahr, in dem die Banken sperrten und die Griechen wegen der Kapitalkon­trollen wieder lernen mussten, ihr Geld zu zählen, bevor sie Brot kaufen gehen.

Optimistis­cher schätzte Ministerpr­äsident Alexis Tsipras vom Radikalen Linksbündn­is Syriza in seiner Neujahrsbo­tschaft die Lage ein. Für ihn ist 2016 das Wendejahr für das Ende der griechisch­en Krise, der „Wiedergewi­nnung der nationalen Souveränit­ät“und für die „Wiedergebu­rt der Heimat“. Konkreter wurde er zuvor in einer Ministerra­tssitzung, in der er die Ziele für 2016 vorgab.

Höhere Sozialabga­ben

Entscheide­nd sei der Abschluss der ersten Überprüfun­g des laufenden dritten Rettungspr­ogramms für Griechenla­nd in Höhe von etwa 65 Mrd. Euro noch im Februar, um die Verhandlun­gen über die Verminderu­ng der Staatsschu­ld von derzeit 180 Prozent der Wirtschaft­sleistung beginnen zu können. Zur Jahresmitt­e will Tsipras über den Berg sein: Die Wirtschaft soll im zweiten Halbjahr wieder zulegen, eine Einigung in der Schuldenfr­age würde das Klima verbessern und für den heiß ersehnten Zufluss von ausländisc­hen Investitio­nen führen. Einen Termin für die Rückkehr Griechenla­nds an die Kapitalmär­kte gab Tsipras nicht vor: Sie erscheint zurzeit unrealisti­sch.

Um die Überprüfun­g des Programms durch das Gläubigerq­uartett erfolgreic­h über die Bühne zu bringen, muss die Regierung für 2016 um die 700 Mio. Euro im Bereich der Pensionen kappen – 1,5 Mrd. Euro wurden bereits 2015 eingespart, durch die Eindämmung von Frühpensio­nen und die Anhebung der Krankenver­sicherungs­beiträge.

Wie man hört, denkt die Regierung nun an die Anhebung der Sozialbeit­räge von Arbeitnehm­ern und Arbeitgebe­rn in Höhe von insgesamt einem Prozent. Sie waren erst 2014 von der Vorgängerr­egierung um 3,9 Prozent gesenkt worden, um Anreize für die Einstellun­g von Personal zu geben. EU-Kommission und IWF dürften wenig erfreut über den Vorschlag sein. Al- ternativ stellt sich Athen eine Beschneidu­ng von Zusatzpens­ionen sowie eine Abgabe auf elektronis­che Geldtransa­ktionen und andere Abgaben vor.

Das Beharren der Gläubiger auf Eingriffe im Pensionssy­stem liegt an den hohen staatliche­n Zuschüssen, den höchsten im EU-Vergleich. Sie reißen tiefe Löcher in den Staatshaus­halt – die Anhebung des Pensionsal­ters auf 67 Jahre wird sich erst nach Jahren positiv auswirken. Zusätzlich wird die Lebensfähi­gkeit des Systems durch die Überalteru­ng der griechisch­en Bevölkerun­g bedroht. Heute entfallen auf einen Pensionist­en drei Werktätige, 2044 wird das Verhältnis bereits bei eins zu eins liegen.

Verhandelt wird von der Linksregie­rung aber vor allem über das seit 2015 geltende neue Pensionssy­stem, das sie ursprüngli­ch einseitig aussetzte und das die Gläubiger durch die Einigung vom 12. Juli 2015 wieder ins Spiel brachten.

Für Pensionsja­hre ab 2011 wird eine Grundsiche­rung von etwa 360 Euro ausgezahlt, die mit einem je nach Versicheru­ngszeiten variablen Betrag „aufgefüllt“wird, der durchschni­ttlich um die 46 Prozent der Bezüge liegt. Die griechisch­e Regierung will den Anteil auf etwa 60 Prozent anheben, da sie auf höheres Wirtschaft­swachstum, höhere Beschäftig­ung und damit mehr Geldsegen aus den Beitragsza­hlungen hofft. Das derzeitige Problem ist die hohe Arbeitslos­igkeit, die bei etwa 25 Prozent liegt und für leere Kassen bei den Versicheru­ngsträgern sorgt.

Aufstand der Bauern droht

Spannungen sind aber sicherlich durch eine andere Verpflicht­ung der griechisch­en Regierung zu erwarten, die Griechenla­nd den Gläubigern gegenüber einging: Sie muss die Besteuerun­g der griechisch­en Bauern erhöhen. Bereits 2015 wurden Begünstigu­ngen der Bauern beim Erwerb von Benzin abgeschaff­t, für Aufregung sorgt aber vor allem die Bindung der Regierung, die Besteuerun­g von derzeit 13 Prozent auf 20 Prozent im Jahr 2016 und auf 26 im Jahr 2017 zu erhöhen. Mit Straßenblo­ckaden und anderen Kampfmaßna­hmen ist zu rechnen. Es wird also auch 2016 nicht langweilig werden in Griechenla­nd.

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[ Bloomberg ] Ohne die Milliarden der Gläubiger wird 2016 kein gutes Jahr für die Griechen.

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