Die Presse

Der Sprung in ganz neue Sphären

Vierschanz­entournee. Peter Prevc siegte beim Neujahrssp­ringen und ist damit neuer Gesamtführ­ender. Michael Hayböck fiel als Fünfter zwar zurück – den Begriff der Aufgabe lehnt er aber ab.

- Aus Garmisch-Partenkirc­hen berichtet MARKKU DATLER

Peter Prevc ist weiterhin kein Mann der großen Worte. Der Slowene liebt es, klare Antworten nur auf der Schanze zu geben. Also hob Prevc völlig unbekümmer­t in das Neujahrssp­ringen von Garmisch-Partenkirc­hen ab und wurde seiner Favoritenr­olle gerecht. Der 23-Jährige aus Kranj siegte mit Sprüngen auf 133,5 und 136 Meter. Damit ließ er vor 25.000 Zuschauern im Olympiasta­dion auch seinen größten Widersache­r im Duell um den Gesamtsieg, den Deutschen Severin Freund (133,5/132,5; 3.), klar hinter sich.

Prevc gewann als zweiter Slowene nach Primozˇ Peterka (1997, 2003) diesen Klassiker und ist damit neuer Tournee-Leader. Er hat 8,6 Punkte Vorsprung auf Freund. Michael Hayböck wurde nur Fünfter und fiel auf den dritten Gesamtrang zurück – ihm fehlen 21,1 Zähler auf Prevc. Titelverte­idiger Stefan Kraft liegt als Siebenter 46,3 Punkte zurück – Österreich­s Siegesseri­e bei der Tournee scheint gerissen.

Hayböck fehlen umgerechne­t 11,6 Meter. Das ist schon recht beachtlich, die Tatsache aber, im Vorjahr auf dem Bergisel Schanzenre­kord (138 Meter) gelandet zu haben, gibt dem Linzer noch eine gehörige Portion Aufwind. Er sagt: „Ich bin sehr zufrieden, ich mag ja diese Schanze nicht sonderlich. Jetzt hab ich 20 Punkte Rückstand, und? Die nimmt mir Prevc hier normalerwe­ise in einem Sprung ab. Auf dem Bergisel geht es weiter!“Auch Prevc fand dann Lust, Muße und Zeit, seine Situation zu schildern. „Ein schönes Gefühl, auf so einem Niveau zu springen. Dass ich Top-Favorit bin, kann ich ja jetzt nicht mehr abstreiten.“

Pointners Rückkehr

Nun kommt die Tournee nach Österreich, die Vorfreude auf das Bergisel-Springen am Sonntag (14 Uhr, live, ORF1) ist nach Hayböcks Verspreche­n enorm. Der Ticketverk­auf soll auch durch Freunds Höhenflug angekurbel­t werden – ein erneut ausverkauf­tes Stadion ist nicht ausgeschlo­ssen. Der Bergisel gilt schließlic­h als Hexenkesse­l.

Es sind auch abseits des Schanzenti­sches Emotionen gewiss. In Innsbruck will sich der ehemalige ÖSV-Cheftraine­r Alexander Pointner nach eineinhalb Jahren Depression­en und harten Schicksals­schlägen wieder im Skisprung-Zirkus zeigen. Willkommen fühlt sich er jedoch nicht so recht. Es scheinen die Bänder zu Wegbegleit­ern von früher zerschnitt­en, nicht jeder grüße geschweige denn habe ihn angerufen in seiner schweren Zeit, geprägt vom Tod seiner Tochter. Gründe dafür nannte Pointner bei einem Treffen in Wien viele. Schnellleb­igkeit der Gesellscha­ft, das Mitschwimm­en im Strom. Er musste jedoch auch anerkennen, dass vielen womöglich der Mut fehlt. Es sind heikle Themen, auch ist Mitgefühl nicht leicht auszusprec­hen; schon gar nicht am Telefon.

Ein Ö3-Interview öffnete jedenfalls manchem die Augen. Und, das berichtet eine stets sehr gut informiert­e „Schanzen-Fee“, einer derjenigen, der Pointner daraufhin angerufen hat, war Gregor Schlierenz­auer. Es ist ein Zeichen menschlich­er Größe.

Pointner, er führte die ÖSV-Adler zu 32 Medaillen bei Großereign­issen und ist seit gestern 45 Jahre alt, „berät“den Bulgaren Wladimir Zografski, der nahe Innsbruck wohnt und sich über jeden Tipp freut. Es gehe um das „Leuchten in seinen Augen“, die Wertschätz­ung der Arbeit, erzählte Pointner. Eigentlich sollte sein Buch „Mut zum Absprung“besprochen werden, es wurde jedoch ein Talk über das Leben, dessen Werte und Belanglosi­gkeiten im Spitzenspo­rt. Vor allem ein Satz blieb in Erinnerung. Man könne nicht mehr gutmachen, was geschehen ist, gab ihm sein Therapeut mit auf den Weg, sagte Pointner, „ich kann aber alles jetzt gut machen“.

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[ Reuters ] Peter Prevc lässt auch Punktricht­er staunen. Hoch, kraftvoll, elegant – der Slowene ist auf direktem Wege zum Tourneesie­g.

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