Die Presse

Worüber zwei Kollegen in Australien gesprochen haben

- VON KÖKSAL BALTACI

Es

gibt da diese Szene in dem Film „The Program“über Lance Armstrong. Nachdem er bei seinem Comeback 2009 Dritter der Tour de France wird, sieht er, wie Alberto Contador über den Sieg jubelt. Armstrong kann sekundenla­ng kaum atmen und bricht dann in schallende­s Gelächter aus. Zu sagen, diese (von ihm als solche empfundene) Niederlage mache ihn fertig, wäre eine glatte Untertreib­ung. Sie frisst ihn auf, sie tötet ihn. Diese Szene macht deutlich, dass er lieber sterben, lügen, betrügen und unmenschli­ches Leid ertragen würde als zu verlieren. Wer diese Szene versteht, tut sich auch leichter damit zu begreifen, warum er während seiner Dopingbeic­hte bei Oprah Winfrey so gleichgült­ig wirkte. Und das, obwohl er damit nicht nur sein Lebenswerk, sondern eine ganze Sportart zerstört hat. Aber es schien ihm egal zu sein. Als würde er sagen wollen, dass er wieder so handeln würde. Mehr noch. Als hätte er damit gerechnet, irgendwann erwischt zu werden. Und sich damit arrangiert. Denn was wäre die Alternativ­e gewesen? Zu akzeptiere­n, dass er nicht immer gewinnen kann? Wer bisher angesichts Armstrongs Entscheidu­ngen ratlos war, sollte den Film sehen, er liefert viele Antworten.

Eine Antwort sind wir Ihnen auch noch schuldig. Wie berichtet, haben zwei Kollegen aus dem Ressort ihre jeweilige Route während eines Australien-Urlaubs so geplant, dass sich ein Treffen in Sydney ausgeht. Und das, obwohl sie in Wien so gut wie nie etwas miteinande­r unternehme­n. Worüber haben sie also in Sydney geredet? Die Antwort ist ziemlich banal. Denn das Treffen lief in etwa so ab: „Hast du das und das schon gesehen?“– „Nein, aber will ich noch. Und warst du schon da und da?“– „Nein, aber habe ich noch vor. Wollen wir ein Selfie für die Kollegen machen, bevor ich weitermuss?“– „Klar.“Ernüchtern­d, oder? Was haben wir uns nur erwartet? Nun, Sie gar nichts. Sie kennen die beiden ja auch nicht. Wir schon. Umso unangenehm­er für uns, so viel künstliche Spannung erzeugt zu haben. Denn eigentlich hätten wir es besser wissen müssen.

koeksal.baltaci@diepresse.com

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