Ein Grab an der Mittellinie
Der 1956 in Edinburgh geborene Philip Kerr studierte Jus und Rechtsphilosophie und wandte sich später der Literatur zu. Seine Bücher kommen oft im Thriller- und Krimigewand einher, widmen sich aber gesellschaftlich und politisch wichtigen Themen. Für seine Romane „Das Wittgensteinprogramm“und „Game Over“erhielt er den Deutschen Krimi Preis. Hier ist die Kriminalstory die ideale Folie für die dunkle Seite des Balltretergewerbes, denn hier gilt die Devise: „Wo Flutlicht ist, gibt es auch Schatten.“
Das „patscherte Leben“etwa früherer Stars nach Karriereende, ihr Absturz in Alkoholismus und Gewalt, ihre Selbstzerstörungstendenzen – man denke etwa an den Suizid des deutschen Nationaltorwarts Robert Enke im November 2009 –, Schwierigkeiten der Spieler nach einem Schwulen-Outing, ihre Sehnsucht nach längst verhalltem Applaus, ihre zwischen Role Model und menschlicher Ausschussware ab 35, 40 Jahren pendelnde Existenz, dazu die Hinterzimmerdeals, Bestechungen und die an den Wurzeln des Sports nagende Rolle des (zu) vielen Geldes. Das alles ist nicht so schön wie im Mai 2016 ein Euro-League-Finale mit Rapid Wien, ergibt aber ein sehr lesenswertes Buch, das noch dazu Entzugserscheinungen der Fans rund um den Jahreswechsel lindert.
QPhilip Kerr Wintertransfer Roman. Aus dem Englischen von Axel Merz. 426 S., geb., € 15,40 (Tropen Verlag, Stuttgart)