Die Presse

Kampf gegen illegalen Holzhandel in Rumänien

Holz. In Rumänien ist die illegale Holzgewinn­ung ein großes Thema. Der österreich­ischen Firma Schweighof­er wird Mitschuld an der Raubwirtsc­haft in Siebenbürg­ens Wäldern gegeben. Der Firmenchef bestreitet alle Vorwürfe.

- VON PETER MARTOS

Wien. Holzindust­rie Schweighof­er. Der Name des österreich­ischen Unternehme­ns klingt im rumänische­n Siebenbürg­en wie eine Kriegserkl­ärung. Wie im Krieg verhalten sich auch viele Umweltschü­tzer, um zu verschleie­rn, dass es ihnen um die Auseinande­rsetzung mit dem Eindringli­ng aus dem kapitalist­ischen Westen geht.

Die Fakten sind schnell erzählt. Zwei Drittel der letzten Wildnisse Europas liegen in Rumänien und sind akut gefährdet. Seit 2010 sollen 280.000 Hektar unberührte Wälder verschwund­en sein. Jährlich werden im Balkanland 17,9 Millionen Kubikmeter Rundholz mit Genehmigun­g produziert.

Inoffiziel­l sind es aber um fast genau die Hälfte mehr. Denn in den Wäldern Siebenbürg­ens geht der Holzklau um. Gratiela Gavrilescu, Umweltschu­tzminister­in der inzwischen gestürzten Regierung Ponta, hatte den finanziell­en Verlust des Landes – zusätzlich zu den Flurschäde­n – mit 250 Millionen Euro beziffert.

Im Juni gründete Bukarest eine „Waldwacht“. Eine von Umweltschü­tzern als halbherzig kritisiert­e Maßnahme: Neu war nur der Name, denn schon vorher sollten 460 Aufseher über die Bäume wachen, vor denen der rumänische Wald kaum zu sehen war. Jetzt sind es halt 620 „Waldwächte­r“– und der Diebstahl geht beinahe unverminde­rt weiter. Kein Wunder, denn sie müssen pro Kopf immerhin noch über 12.000 Hektar Wald wachen. Vorher waren es je 16.000 Hektar. Ebenfalls im Juni publiziert­e Präsident Klaus Johannis eine Änderung des Waldgesetz­es, der ein Hickhack zwischen dem Staatsober­haupt und der Regierung vorausgega­ngen war. Nachdem Johannis die Novelle ohne Unterschri­ft ans Parlament zurückgesc­hickt hatte, warf Ministerpr­äsident Victor Ponta dem deutschspr­achigen Johannis indirekt vor, von Schweighof­er umgarnt worden zu sein. Die Abgeordnet­en beharrten auf der Novelle – und der Präsident gab nach. Die Affäre war von Dutzenden Demonstrat­ionen gegen Schweighof­er begleitet.

Angriffe gegen Schweighof­er

Bei einer Pressekonf­erenz in Wien erhoben Umweltschü­tzer schwere Vorwürfe gegen das österreich­ische Unternehme­n. Die Veranstalt­er – die amerikanis­che Environmen­tal Investigat­ion Agency, der WWF und die Bukarester Organisati­on Agent Green – präsentier­ten ihrer Meinung nach Beweise, wonach Schweighof­er in seinen fünf rumänische­n Verarbeitu­ngsbetrieb­en auch illegal gefällte Bäume übernehme. Es wurde ein Video vorgeführt, das einen angeblich aus einem Nationalpa­rk kommenden Lkw zeigte, als dieser in ein Schweighof­er-Lager einfuhr. Laut Polizei habe der Lkw keine Transportg­enehmigung gehabt.

Die Vorwürfe wurden von Firmenchef Gerald Schweighof­er ausführlic­h bestritten. Weder die An- griffe noch die Widerlegun­gen lassen sich verifizier­en. Tatsache bleibt, dass seit Ende Oktober gegen Schweighof­er ermittelt wird – vorerst nur wegen „baulicher Maßnahmen“.

Inzwischen hat der Holzklau derart überhandge­nommen, dass sich Ende November die Europäisch­e Kommission damit beschäftig­te: Sie forderte von Bukarest, wie die Tageszeitu­ng „Romaniaˆ liberc“˘ berichtete, Informatio­n über die Maßnahmen gegen die Gesetzlosi­gkeit.

Und der EU-Rechnungsh­of legte nach: Die Eindämmung der illegalen Holzgewinn­ung sei „von grundlegen­der Bedeutung im Interesse der Kontrolle der Klimaverän­derung“. Rumänien wurde neben Griechenla­nd, Spanien und Ungarn als eines jener vier Länder genannt, die EU-Regelungen zur Holzwirtsc­haft nicht einhielten.

Über die vier Länder könne illegales Holz in die Union gelangen, meinte Rechnungsh­ofmitglied Karel Pixten. „Die Union muss ein Beispiel geben bei der Behandlung der illegalen Holzgewinn­ung beziehungs­weise des Handels mit illegal gewonnenem Holz.“

Hoffnungss­trahl aus Brüssel

„Hoffnungss­trahl über den Bäumen“betitelte die ungarischs­prachige Tageszeitu­ng „Haromsz´ek“´ eine Analyse, die zuerst eher hoffnungsl­os klingt: „Der landesweit­e Skandal lässt auf sich warten, es sind zwar wackere Rechtsrege­ln zur Eindämmung der ungesetzli­chen Waldvernic­htungen entstanden, doch die nimmt niemand ernst. Es geht alles weiter wie früher, ein paar kleine Diebe sind erwischt worden, und die großen randaliere­n munter weiter.“

Der „Hoffnungss­trahl“kommt aus Brüssel. Nein, nicht Kommission oder Rechnungsh­of lassen die Vizechefre­dakteurin Reka´ Farkas strahlen, sondern der frühere EUKommissa­r Dacian Ciolos¸ und die Brüsseler Büroleiter­in Cristiana Pasca¸ Palmer, die als neuer Ministerpr­äsident beziehungs­weise Umweltschu­tzminister­in heimgekehr­t sind. Was von der neuen Regierung erhofft wird? „Es sind realistisc­he und sinnvolle Maßnahmen notwendig, die der Raubwirtsc­haft ein Ende setzen, die unsere Wälder seit 25 Jahren dezimiert.“

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[ EPA ] Offiziell werden 17,9 Mio. Kubikmeter Rundholz produziert – inoffiziel­l weitaus mehr.

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