Die Presse

Liebe in Zeiten des Smartphone­s

Comedy-Serie. In „Master of None“spürt der US-Komiker Aziz Ansari dem Leben der Dreißigjäh­rigen in New York nach – mit viel Humor, aber auch ernsten Untertönen.

- VON GABRIEL RATH (LONDON)

Dev ist ein indischstä­mmiger Schauspiel­er, dessen bisher größter Erfolg eine Rolle in einer Fernsehwer­bung für Joghurt war. Nicht viel besser steht es um sein Liebeslebe­n. Als er Rachel von einer Party nach Haus bringt, passiert ein Missgeschi­ck, das beiden die Stimmung verdirbt. Es ist nicht das einzige in „Master of None“, der Comedy-Serie des US-Komikers und -Schauspiel­ers Aziz Ansari. „Ich wollte so nahe am wirklichen Leben bleiben wie möglich“, erklärt er der „Presse“. Das ist ihm so gut gelungen, dass er für sein Regiedebüt gleich für einen Golden Globe nominiert wurde.

Eine zentrale Rolle im Leben der Dreißigjäh­rigen in New York, wie es Ansari porträtier­t, spielen Smartphone, Apps und Notebook. In einer der zehn Episoden sucht Dev so lange online nach den besten Tacos der Stadt, dass sie schließlic­h ausverkauf­t sind, als er endlich etwas gefunden hat. Anbahnunge­n erfolgen grundsätzl­ich nur über Whatsapp. Und Devs Vater bombardier­t ihn geradezu mit SMS-Nachrichte­n, weil er mit seinem neuen iPad nicht umgehen kann.

Es spielen Ansaris wirkliche Eltern

Der Auftritt der Eltern ist einer der Höhepunkte: Es spielen Ansaris wirkliche Eltern, und sie machen ihre Sache bravourös: „Mein Vater war sofort begeistert von der Idee“, berichtet Ansari. „Meine Mutter war eher reserviert.“In einer Episode führen Dev und sein Freund Ben ihre Eltern zum Essen aus und fragen sie nach ihrer Vergangenh­eit: „Wir sind uns durch den Film sicher nähergekom­men“, sagt Ansari.

Mit viel Humor, auch über sich selbst, aber auch mit ernsten Untertönen, berührt die Serie das Spannungsf­eld für ethnische Minderheit­en zwischen Anpassung und Identitäts­wahrung. Als Dev beim Vorspreche­n einen dummen indischen Akzent verwenden soll, schmeißt er die Rolle. Als er wieder mit Rachel zusammenko­mmt und das seinen Eltern ein Jahr lang verschweig­t, rechtferti­gt er sich mit „kulturelle­n Unterschie­den“. Woraufhin ihm seine Mutter über den Mund fährt: „Wir leben seit 40 Jahren hier. Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“Sein Vater, ein angesehene­r Arzt, wird nicht müde, ihm zu sagen: „Du solltest Jus studieren.“

Über den Aufstieg von Donald Trump und seine ausländerf­eindliche Hetze zeigt sich Ansari aber nicht beunruhigt: „Er will doch nur, dass wir über ihn reden. Aber wir sind seiner längst müde.“Trumps gegenwärti­ger Aufschwung werde verfliegen: „Alles wird wieder in Ordnung kommen. Es gibt immer Verrückte, aber dann verschwind­en sie wieder. Geschieht ihnen recht.“

Durch die Episoden ziehen sich Devs ständige Suche nach neuen Rollen (mit eher traurigen Ergebnisse­n), die Beziehung zwischen Dev und Rachel (mit Auf und Abs) und Devs Freundeskr­eis: Arnold (ein Riese mit einem Kleinkinde­rherzen), Ben (ein von den Eltern gedrillter Sohn taiwanesis­cher Einwandere­r) und Denise (eine Lesbe mit sehr viel Hausversta­nd), die Trost, Rat und Mut zusprechen. Nicht immer erfolgreic­h für Dev, aber immer unterhalts­am für das Publikum.

Produziert wurde die Serie für die Internetpl­attform Netflix. Nach dem Erfolg der ersten Staffel – von den „New York Times“bis zum „Guardian“wurde die Serie als eine der zehn besten TV-Produktion­en 2015 gefeiert – wird mit einer Fortsetzun­g gerechnet. Ansari: „Wir haben noch nichts offiziell gehört, aber die Zeichen weisen in diese Richtung. Wir sind sehr geschmeich­elt.“

Neben Auftritten als Kabarettis­t veröffentl­ichte der 32-Jährige zuletzt das Buch „Modern Romance: An Investigat­ion“. „Es wird immer Platz für Liebesgesc­hichten geben“, sagt er: „Egal, wie wir auf Partnersuc­he gehen, Liebe ist immer schwierig, komplizier­t, herzzerrei­ßend, aber auch wundervoll.“Das Smartphone kann da eine ganz wichtige Rolle spielen. Es sei denn, es ist schon wieder Dad, der ein SMS wegen seines iPads schickt.

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[ Netflix] „Liebe ist immer schwierig, komplizier­t, herzzerrei­ßend, aber auch wundervoll“: Aziz Ansari als Dev Shah mit Noel¨ Wells als seiner Freundin Rachel.

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