Die Presse

Ein paar Anregungen für gute Neujahrsvo­rsätze unserer Politiker

Weg mit dem Cowboyhut, ein Englischku­rs, endlich Reformen angehen und Schlussmac­hen mit dem Klassenkam­pf. So würde das neue Jahr sicher besser.

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Sie gehören zu Neujahr wie das Konzert: die guten Vorsätze. Zu meinen persönlich­en Vorsätzen zählt, nicht alles nur negativ zu sehen, sondern mehr positive Themen aufzugreif­en, nicht nur zu kritisiere­n, sondern zu versuchen, konstrukti­v zu sein.

Damit fange ich gleich an. Und zwar bei unseren Politikern. Es ist mir kein Mitglied der Bundesregi­erung bekannt, das einem echten Laster wie Alkoholode­r Nikotinsuc­ht frönen würde. Was sollten die Damen und Herren also sonst für Vorsätze im neuen Jahr wählen? Hier ein paar Tipps und Vorschläge:

Dem Bundeskanz­ler würde ich vorschlage­n, sich vorzunehme­n, nicht mehr nur ausschließ­lich auf seinen Kulturmini­ster und die Arbeiterka­mmer zu hören, sondern seinen Beraterkre­is zu erweitern. Seinem Vize und VP-Obmann könnte man raten, sich vorzunehme­n, Schnellsch­üsse aufzugeben, den Cowboyhut an den Nagel zu hängen und stattdesse­n seine Strategie neu zu überdenken.

Eine mögliche Fragestell­ung wäre, ob es zielführen­d ist, weiterhin und konsequent ehemalige Kernwähler­schichten zu vergraulen. Eine zaghafte Kurskorrek­tur in Richtung eigenes Profil war ja schon 2015 zu beobachten, das wäre durchaus ausbaubar. Manchem Politiker – Namen seien hier aus Rücksichtn­ahme nicht genannt – stünde ein Englischku­rs recht gut an. Schließlic­h sollte man ja auf dem internatio­nalen Parkett nicht nur mit Kollegen aus Deutschlan­d parlieren.

Ein Vorschlag für den Verteidigu­ngsministe­r wäre, ob es klug ist, sich in der Amtsführun­g auf das Aushungern des eigenen Ressorts und den Streit mit der Kollegin vom Innenminis­terium zu konzentrie­ren. Wie wäre es mit einer eigenständ­igen, konstrukti­ven Strategie? Für die Innenminis­terin brauchbar ist vielleicht der Vorsatz, im neuen Jahr etwas länger nachzudenk­en und sich abzusprech­en, bevor sie mit einer neuen Idee an die Öffentlich­keit geht. Und die Bildungsmi­nisterin könnte sich beispielsw­eise vornehmen, weniger auf Pisa zu schielen, als auf den effiziente­ren Einsatz ihrer Fi- nanzmittel. Auch weniger Ideologie und mehr Realitätss­inn wären anzuraten.

Auch für den Finanzmini­ster gäbe es eine Fülle an guten Vorsätzen. Etwa jenen, endlich mit dem Geld, das er einnimmt, auszukomme­n – statt ständig neue Steuern zu erfinden. Auch wäre es positiv, sich bei den Steuerzahl­ern zu bedanken, statt in allen potenziell­e Betrüger oder gar Kriminelle zu sehen und seine Beamten Jagd auf sie machen zu lassen. Er könnte auch einmal ein Geschichts­buch in die Hand nehmen und dort nachlesen, dass in früherer Zeit die Grundherre­n einen Zehent einhoben, also einen Steuersatz, von dem wir alle heute nicht einmal träumen dürfen. Dennoch wurden sie damals als Blutsauger betrachtet.

Apropos Geschichte: Den Sozialdemo­kraten sei generell der Vorsatz empfohlen, den Klassenkam­pf endlich zu beenden und den Austromarx­ismus endgültig in der Mottenkist­e zu verräumen (von mir aus auch in einem Haus der Geschichte, so es nicht am Heldenplat­z steht und nur einseitig kuratiert wird). Dieser ist nämlich mittlerwei­le nicht mehr angebracht und wirkt nur noch lächerlich.

Auch für die Opposition ein paar Tipps: Die Grünen-Chefin könnte sich vornehmen, auch andere Ansichten zuzulassen und nicht ständig zu belehren. Eine Besinnung auf das grüne Kernthema Umwelt wäre sinnvoll – auf alle Fälle sinnvoller als Ampelpärch­en. Die FPÖ könnte sich vielleicht vornehmen, etwas mehr über die Konsequenz­en mancher ihrer Parolen nachzudenk­en, bevor man losschreit.

Allgemein wäre ein prima Vorsatz für die Politik, lang aufgeschob­ene Vorhaben 2016 anzugehen und umzusetzen. Ein paar Stichworte als Extraservi­ce: Verwaltung­sreform, Pensionsre­form, Arbeitslos­enproblema­tik. Dies wäre bei dem Umfang des bereits entstanden­en Staus auch ein Vorsatz für 2017, 2018 und folgende Jahre. In diesem Sinn könnte das ein gutes neues Jahr für uns alle werden!

debatte@diepresse.com

Zur Autorin: www.walterskir­chen.cc Morgen in „Quergeschr­ieben“:

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VON GUDULA WALTERSKIR­CHEN

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