Die Presse

Die beiden ungleichen Rivalen

Analyse. Saudiarabi­en hat dem zivilgesel­lschaftlic­hen Potenzial, das der Iran zur Verfügung hat, nur wenig entgegenzu­setzen.

- Von unserem Mitarbeite­r MARTIN GEHLEN (KAIRO)

Es war einer der seltenen Momente, in denen US-Verteidigu­ngsministe­r Ash Carter seinem Frust über die saudischen Verbündete­n freien Lauf ließ. „Sie beklagen sich andauernd bei mir, wie fähig die Iraner sind“, sagte er vor dem Verteidigu­ngsausschu­ss des US-Kongresses. „Ja, das stimmt, antworte ich ihnen stets, ihr spielt nicht in der gleichen Liga, was die Effizienz am Boden angeht.“Wenn Saudiarabi­en und die Golfstaate­n mehr Einfluss im Nahen Osten und mehr Sicherheit in ihrem Teil der Welt erreichen wollten, müssten sie mehr tun bei Bodentrupp­en und Spezialkrä­ften. Das harte Urteil des Pentagonch­efs über die Schlagkraf­t der saudischen Armee lässt sich auch auf viele andere Bereiche übertragen, in denen beide Regionalmä­chte wetteifern.

Auch die Zivilgesel­lschaft des Iran ist im Vergleich zu den arabischen Kontrahent­en eine Klasse für sich. Egal, ob bei Bildung und Kultur, Literatur und Film, Wissenscha­ft und Universitä­ten, sozialem Engagement, Arbeitsmor­al oder intellektu­eller Dynamik – bei der sogenannte­n Soft Power liegen Welten zwischen den Rivalen auf beiden Seiten des Golfs. Saudiarabi­en hat dem gesellscha­ftlichen und kulturelle­n Potenzial des Iran kaum etwas entgegenzu­setzen. Und so verließ sich das Königreich jahrzehnte­lang darauf, dass der Westen den Iran in Schach hält und exzessive Waffenkäuf­e genügen, um sich als Regionalma­cht zu behaupten – ein strategisc­hes Kalkül, das nun erstmals seit der Khomeini-Revolution 1979 durch das bisher reibungslo­s umgesetzte Atomabkomm­en hinfällig wird.

Mehr als drei Jahrzehnte reicht der Kalte Krieg zurück zwischen dem saudischen Königreich und der Islamische­n Republik Iran. Teheran fühlt sich als persisch-schiitisch­e Schutzmach­t in der Region, Saudiarabi­en als Hüter der heiligsten Stätten des Islam, Mekka und Medina, und damit als wichtigste­s Zentrum des sunnitisch-arabischen Islam.

Finanziell­e Hilfe für Saddam Hussein

Zu Zeiten des persischen Schahs kamen beide Seiten relativ gut miteinande­r aus. Die Monarchen einten das Misstrauen gegenüber dem arabischen Nationalis­mus des ägyptische­n Präsidente­n Gamal Abdel

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