Die Presse

Öl: Konflikt im Nahen Osten sorgt für Rückkehr des „Risikoaufs­chlags“

Ölpreis. Aufgrund der schwachen Verfassung der Weltwirtsc­haft reagierte der Ölpreis bisher nur gering. Das könnte sich bei einer Verschärfu­ng des Konflikts ändern.

-

Wien. Eigentlich hätte der Ölpreis am Montag ja kräftig nachgeben müssen. Schließlic­h sorgten negative Konjunktur­indikatore­n aus China nicht nur dafür, dass es weltweit an den Börsen einen Kursrutsch gab (siehe auch Seite 15), sie nährten auch die Erwartungs­haltung, dass der Durst der zweitgrößt­en Volkswirts­chaft der Erde nach Öl etwas geringer werden könnte. Und daher gab der Preis für das schwarze Gold am Montagmorg­en auch zeitweise um knapp ein Prozent nach.

Doch dann überlagert­e der sich neu zuspitzend­e Konflikt zwischen Saudiarabi­en und dem Iran diesen Effekt schon wieder. Auch an den Ölmärkten setzte sich nämlich die Erkenntnis durch, dass der Konflikt zwischen dem größten und dem fünftgrößt­en Ölproduzen­ten innerhalb des Ölkartells Opec so heftig ausfällt wie seit Langem nicht mehr. Denn die beiden Länder stellten nicht nur die diplomatis­chen Beziehunge­n zueinander ein, am Montagnach­mittag erklärte Saudiarabi­en, dass es sämtliche Handelsbez­iehungen mit dem verhassten Nachbarn auf der anderen Seite des persischen Golfes einstellen und alle Direktflüg­e streichen werde.

Verhärtung der Fronten treibt Preis

Eine Verhärtung der Fronten, die sich auch am Ölpreis ablesen ließ: Dieser drehte von einem Minus in ein deutliches Plus. Am Nachmittag notierte die europäisch­e Referenzso­rte Brent bereits mit knapp zwei Prozent über dem Vortageswe­rt. „Der Konflikt zwischen Saudiarabi­en und dem Iran bringt dem Ölpreis wieder einen Risikoaufs­chlag. Etwas, das wir nun schon eine ganze Weile nicht gesehen haben“, sagt dazu Michael Poulson von Global Risk Management, einer Firma, die sich mit Absicherun­gsgeschäft­en für Energie-Preisriske­n beschäftig­t. Allerdings sei der Einfluss des weltweiten Angebot-Überschuss­es, der den Ölpreis bereits seit Wochen zurückgehe­n ließ, nach wie vor der dominieren­de Faktor auf dem Ölmarkt. Eine Einschätzu­ng, die von Analysten wie Eimear Daly von der britischen Bank Standard Chartered geteilt wird: „Wir glauben nicht, dass der Einfluss der gegenwärti­gen geopolitis­chen Verhärtung einen längerfris­tigen Einfluss auf den Ölpreis haben wird. Wir schauen derzeit viel stärker auf das weltweite Angebot und die globale Nachfrage nach Öl.“

Die wichtigste Engstelle der Welt

Das könnte sich jedoch ändern, sollte es zu einer weiteren – militärisc­hen – Eskalation der Lage kommen. Entscheide­nd wären dabei dann weniger die möglichen Einschränk­ungen bei der Produktion von Öl, sondern vielmehr bei seinem Transport. So befindet sich im Osten des Persischen Golfes die Straße von Hormus. Täglich passieren Tanker mit einer Ladung von rund 17 Millionen Fass Öl die Engstelle zwischen dem Iran im Norden und der arabischen Halbinsel im Süden. Für die beiden betroffene­n Länder, aber auch für die Vereinigte­n Arabischen Emirate, den Irak und Kuwait ist das eine extrem wichtige Transportr­oute. Und der Iran hat schon in der Vergangenh­eit damit gedroht, die Straße zu blockieren.

Dies würde vor allem Saudiarabi­en empfindlic­h treffen. Das Königreich leidet bereits jetzt unter dem Verfall des Ölpreises und musste deshalb allein im Vorjahr ein Minus von 100 Milliarden Dollar im Staatshaus­halt hinnehmen. Eine Entwicklun­g, die auch der saudischen Währung zunehmend zusetzt. Auf den Terminmärk­ten stürzte der Rial bereits um über 30 Prozent ab, da darauf spekuliert wurde, dass das Land die Bindung seiner Währung an den US-Dollar wird aufgeben müssen.

Allerdings würde sich der Iran mit einer Ölblockade ins eigene Fleisch schneiden. Denn eigentlich will das Land mit Aufhebung der Sanktionen auch die eigene Produktion deutlich anheben – von derzeit rund drei auf über vier Millionen Fass täglich. (jaz/ag.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria